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Salzburger Totentanz

Salzburger Totentanz

Titel: Salzburger Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Eberl
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wollte ich dich fragen, ob Achilles noch ein paar Tage hierbleiben kann. Wir wollen nämlich noch eine Woche zu meinen Schwiegereltern in den Lungau fahren, und ich hab dir doch erzählt, wie allergisch Sepps Mutter auf den Hund ist …«
    »Kein Problem«, sagte Michaela schneller als beabsichtigt. Bei dem Gedanken, ab jetzt ohne die Dogge allein im Haus zu wohnen, war ihr schon mulmig geworden. Sie stellte zwei Kaffeetassen unter die neue Maschine, drückte die beiden Knöpfe, und heißer Kaffee begann mit einem lauten Zischen in die Tassen zu laufen.
    »Achilles ist superbrav«, sagte sie.
    »Fein.« Teresa tätschelte wieder ihren Hund. »Du bist ein Feiner, ja, ja, ja. Wir haben schon befürchtet, dass er Arnulf doch stören könnte. Aber wenn du ja auch noch da bist, könnte er ja die Woche noch bleiben, oder?« Sie blickte hoch.
    »Du weißt es ja noch gar nicht.« Michaela stellte die vollen Tassen auf den Tisch. »Zucker?«
    »Was weiß ich nicht? Kein Zucker.«
    »Dass Paps tot ist.«
    »Was?« Teresas kraulende Hand erstarrte in der Bewegung. »Um Gottes willen! Was sagst du da? Wir sind ja gestern Abend erst aus Bangkok … Wann … Was ist denn passiert?«
    »Vor einem Monat. Gleich nach eurem Abflug.«
    Teresa ließ sich auf einen Stuhl sinken. »Nein! Stell dir vor! Das gibt’s doch nicht! Dabei habe ich ihn am Tag vor unserer Abreise noch gesehen.« Sie zog die Brauen zusammen, als versuche sie, sich den Tag in Erinnerung zu rufen. »Als ich ihm Achilles vorbeigebracht habe, weißt du? Er war im Garten, aber ich glaube, er war gar nicht richtig da. Zerstreut wie immer, hab ich mir gedacht … Was war es denn? Herzinfarkt?«
    Michaela schüttelte den Kopf. »Paps ist an einer Lebensmittelvergiftung gestorben.«
    »Wie schrecklich!« Teresa schlug die Hand vor den Mund.
    »Genau gesagt, an einer Pilzvergiftung.«
    Langsam ließ Teresa ihre Hand in den Schoß sinken . »Pilze? Unsinn … dein Vater? «
    Michaela nickte nur. Teresa schüttete einen Löffel Zucker in ihren Espresso, der sofort in der dicken Schicht Crema versank. Sie räusperte sich und fragte: »Wann … ich meine, was heißt, gleich nach unserem Abflug?«
    »Am Sonntag.« Michaela nahm einen Schluck Kaffee. »Am 25. Juli. Ich glaube, ihr seid schon am Samstag abgeflogen, nicht?«
    Teresa nickte und fuhr mit dem Zeigefinger über den Goldrand der Tasse. »Wo … wo hat dein Vater denn diese Pilze gegessen?«
    Michaela seufzte. Hätte Paps sich in einem Restaurant vergiftet, wäre er ein zufälliges Opfer gewesen und sein Tod eben Schicksal. Es hätte jeden Gast treffen können. Aber so? »Hier natürlich. Zu Hause.«
    »Was?« Teresa riss die Augen auf.
    Das war die Reaktion, die Michaela bereits kannte und erwartet hatte. Im eigenen Heim, wo sich jeder sicher fühlte, Giftpilze serviert zu bekommen, war eine ungeheuerliche Vorstellung. Sie sagte, was sie seit vier Wochen immer sagte: »Ja, ich weiß, es klingt unglaublich. Wo Pilze doch sein Spezialgebiet waren. Paps war am Freitag mit ein paar Studenten im Tennengau Schwammerl suchen. Das hat er jedes Jahr um die Zeit gemacht. Und am Samstag hat ihm Frau Achleitner ein Schwammerlgulasch gekocht.«
    Wie hatte Michaela immer die Sommertage gehasst, an denen ihre Schulfreunde ins Schwimmbad geradelt waren und sie selbst hinter Paps, in Wanderkleidung und mit Korb und Pilzbuch bewaffnet, durch den Wald gestolpert war. Wann hatte sie schon mal einen Pilz zwischen all dem toten Geäst und welken Laub gefunden? Bei dem Gedanken an die Tränen, die sie bei jedem Ausflug vergossen hatte, schnürte es ihr jetzt noch die Kehle zu. Und Mama hatte sie um des Familienfriedens willen immer wieder mitgeschickt. Als sie dreizehn war, war ihre Mutter gestorben, und Michaela hatte sich geweigert, je wieder Schwammerl suchen zu gehen. Pilze hatte sie seitdem nie mehr gegessen. »In der Nacht musste Paps ins Krankenhaus. Aber es war schon zu spät.«
    »Ach …« Teresa war so weiß geworden wie die Wand hinter ihr. »Und … und die anderen? Die … Studenten?«
    Teresa schien ganz aufgelöst. Aber zumindest in dem Punkt konnte Michaela sie beruhigen. Sie zuckte die Schultern. »Von denen ist zum Glück keiner krank geworden. Anscheinend war nur in Vaters Korb ein Giftpilz. Da reicht ja ein Einziger. Wie er den allerdings hatte übersehen können, versteht niemand.« Michaela hatte sich insgeheim sogar bereits gefragt, ob Paps den Pilz vielleicht gar nicht übersehen hatte. Aber er war so voller

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