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Salzige Küsse

Salzige Küsse

Titel: Salzige Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tine Bergen
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doch nicht gewesen sein.«
    »Keine Rosen ohne Dornen«, seufzte Lies theatralisch. »Wie sind die übrigen Briefe, sind sie alle so?«
    Eve zögerte. »Das weiß ich nicht.«
    »Wie meinst du das?«
    Eve zog einen Briefstapel aus der Kiste und zeigte ihn Lies, die den oberen Umschlag nahm und von allen Seiten betrachtete. Der Brief war niemals geöffnet worden.
    »Ist das wirklich wahr oder hat man ihn einfach in einen neuen Umschlag gesteckt?«
    »Ich glaube nicht, sieh mal: Die Briefmarke, der Stempel, alles stimmt.«
    Lies nahm noch einen Brief vom Stapel und untersuchte auch diesen gründlich. Schließlich lag der ganze Stapel ausgebreitet vor ihnen auf dem Fußboden. Der Teppich war ganz weiß von ungelesenen Worten.
    »Ich habe mir die Daten angeschaut«, erklärte Eve. »Er hat ihr drei Jahre lang jede Woche einen Brief geschickt.«
    »Aber sie hat sie nie geöffnet.« Lies sagte es langsam, als müsste sie das erst verdauen. »Wie ist das nur möglich? Wie kann sich jemand weigern, solche wunderbaren Briefe zu lesen? Ob sie wusste, was sie sich da entgehen ließ?«
    »Ich glaube, sie wusste es nur allzu gut.«
    »Aber warum hat sie es dann getan?«
    »Warum tun Menschen, was sie tun?«
    »Es muss einen Grund geben, Eve. Das macht man doch nicht einfach so. Warum hat sie die Briefe aufgehoben? Gebündelt? Unter dem Fußboden versteckt?«
    Eve hob abwehrend die Hände. »Keine Ahnung, ich weiß es nicht. Aber ich würde es gern wissen.«
    »Und warum schickte er immer weiter Briefe? Ich begreife das nicht. So viel Liebe. So viel echte, pure Liebe. Die lässt man doch nicht einfach so liegen.«
    Eve nickte. Das alles hatte sie sich auch schon gefragt.
    »Es gibt eine sehr einfache Art dahinterzukommen«, sagte Lies entschieden.
    »Ich weiß nicht, ob wir das dürfen.« Eve zögerte. »Vielleicht sollten wir Respekt vor Belles Entscheidung haben, sie nicht zu öffnen.«
    »Wir zwingen sie ja nicht, sie selbst zu lesen. W IR werden sie lesen.«
    »Aber sie hat die Briefe nicht umsonst versteckt.«
    »Vielleicht wurden die Briefe ja gerade mit dem Gedanken versteckt, dass sie dann eines Tages von jemandem wie dir gefunden werden.«
    Zweifelnd ließ Eve das Papier zwischen ihren Fingern rascheln. Sie wusste, dass sie zu Lies gekommen war, um genau das zu hören.
    »Einverstanden«, gab sie schließlich nach. Sie suchte den ältesten Brief aus dem Stapel heraus. Ihre Hände zitterten so, dass sie den Umschlag fast zerriss. Zusammen mit Lies versank sie in den Worten.
    »Was erreichst Du damit, Liebste? Warum willst Du Dich und uns so bestrafen? Ich vermisse Dich. Tu mir das nicht an. Tu es Dir selbst nicht an. Tu uns das nicht an. Ich werde immer auf Dich warten.«
Lies flüsterte die Worte.
    »Was ist passiert? Schreibt er nirgends, was passiert ist?«
    Eve schüttelte den Kopf. Neugierig öffnete sie den nächsten Brief und las:
»Ich verliere jeden Tag ein Stück mehr von mir selbst. Ichhoffe, Du findest es. Ich hoffe, Du willst es mir zurückgeben. Ich kann nicht ohne Dich. Bitte. Hieraus kann nichts Gutes entstehen, Liebste.«
    »Wovon redet er?«, seufzte Lies.
    Fünfzig Briefe später wussten Eve und Lies es noch immer nicht. Jeder Brief, den Lukas geschrieben hatte, strotzte nur so von Schmerzen, flehenden Worten und Liebe. Aber was genau geschehen war, darüber verlor er kein einziges Wort.
    »Warum will sie ihn nicht mehr sehen? Was hat er getan? Es muss sehr schlimm gewesen sein, wenn er sich nicht mal traute darüber zu schreiben.«
    »Oder: Was hat sie getan?«
    Mit einem Schrei zuckten die Mädchen zusammen, als Linde ins Zimmer kam. »Was tuschelt ihr denn hier so geheimnisvoll?«
    »Frauensachen, Mama. Über die Liebe und so.«
    »Oh. Über die Liebe, aha.« Linde stellte einen Berg Taschen und Tüten auf dem Tisch ab und hob ihren Sohn vom Boden. »Bist du brav gewesen, mein Schatz?«
    Zufrieden schmiss Ben das Spielzeug, das er gerade in der Hand hielt, quer durch den Raum.
    »Er ist ja so brav gewesen«, bemerkte Lies trocken.
    »Komm nur, Schatz, dann lassen wir die Mädchen mit ihren Briefen mal allein.« Linde ging mit Ben auf dem Arm Richtung Küche.
    »Hoffentlich backt sie Apfelkuchen«, flüsterte Lies, während sie den zweiten Stapel Briefe aufschlitzte.
    Hundertfünfzig Briefe und drei Stücke Apfelkuchen später waren sie immer noch nicht viel schlauer. Die Buchstaben tanzten Eve vor den Augen und ihr Kopf war so voller Worte, dass sie nicht mehr klar denken konnte.
    »Ich gehe mal nach

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