SAM
Vanessa ist vom Bett aufgestanden und lächelt mich ebenfalls an, obwohl ich in ihren Augen auch so etwas wie Argwohn zu erkennen glaube. Sie nimmt mich in die Arme und drückt mich.
„Du bist eine wunderschöne Braut“, und leise, für die anderen kaum hörbar, fügt sie hinzu: „Er soll damit aufhören, sonst bekommt er es mit mir zu tun!“
Schließlich reihen sich Claudia und Jessie auch noch um mich und bewundern das Brautkleid. Francesca hält sich etwas im Hintergrund und wechselt ein paar Worte mit Marie, die offensichtlich auch zufrieden mit dem Anblick des Kleides an der Braut ist. Nur ich habe mich noch nicht gesehen. Vanessa bemerkt meinen suchenden Blick nach einem Spiegel. Sie geht zu Francesca und in nicht einmal einer Minute haben die beiden einen großen Spiegel besorgt und stellen ihn an die Wand, so dass ich mich darin betrachten kann. Ich halte zuerst den Blick gesenkt. Dann hebe ich langsam den Kopf und sehe mich im Spiegel vor mir. Das Kleid sieht so unglaublich schön aus und schmiegt sich wie ein sanfter Schleier um meinen Körper. Es ist trägerlos und betont auf zauberhafte Art meine schmalen Schultern und mein Dekolleté. Die Korsage ist eng anliegend und der ab der Hüfte fließende, seidige Stoff schmeichelt meiner Figur. Ich sehe sehr zart und zierlich darin aus und dennoch wirke ich sehr weiblich in dem Kleid. Ich weiß sofort, dass es Alex gefallen wird und muss lächeln bei dem Gedanken an ihn. Wenn nur die Bissmale nicht wären…, verdammt warum habe ich daran nicht gedacht? Hinter mir stehen meine Freundinnen und lächeln mir im Spiegel zu.
„Alex wird umfallen, wenn er dich so sieht“, meint Jessie, die Alexander nur ganz kurz kennengelernt hat, als er sie und Claudia vom Bahnhof abgeholt hat.
„Wie ist der alte Brauch? Etwas Neues, etwas Altes, etwas Geliehenes und etwas Blaues?“, wirft Claudia ein. Eine wilde Diskussion beginnt, die immer wieder durch heftige Lachanfälle von Jessie begleitet werden. Wie wohl ich mich in der Gesellschaft meiner Freunde fühle. Ich bin unendlich froh, sie hier zu haben.
Nach der Anprobe verabschiedet sich Francesca auch bald. Sie sieht müde aus, die letzten Wochen waren anstrengend, denn sie hat die ganze Hochzeit fast allein organisiert. Sie wird den Rest des Tages ruhen und erst am Abend wieder auftauchen. Endlich hat es aufgehört zu regnen und wir vier verbliebenen Mädels beschließen, einen ausgiebigen Spaziergang zu machen. Natürlich muss ich Claudia und Jessie erzählen, wie Alex und ich uns kennengelernt haben, wie er um mich angehalten hat.
„Im Bett? In Venedig? Oh, wie romantisch ist das denn?“, seufzt Jessie.
„Zeig mal deinen Ring!“, fordert mich Claudia auf. Stolz halte ich meine Hand hoch und sogleich funkelt der helle Stein in allen Facetten.
„Meine Güte, ich habe noch nie so einen wunderschönen Diamanten gesehen. Der ist fast lupenrein, bestimmt! Meine Mutter hat genug von diesen Klunkern, ich kenne mich da aus. Der hier muss ein Vermögen wert sein.“ Mir ist schlecht und ich ziehe schnell meine Hand zurück, damit meine Freundinnen nicht merken, wie sie zittert. Sollte mir Alexander wirklich so einen wertvollen Ring geschenkt haben? Nach dem Spaziergang verabschieden wir uns zunächst von Claudia und Jessie, die zurück zu ihrem Haus gehen, während Vanessa und ich zum Haupthaus zurück laufen.
„Er tut es immer noch?“, beginnt Vanny und ich weiß genau, was sie meint.
„Es ist nichts Schlimmes, Vanessa. Er ist eben sehr leidenschaftlich und die Flecken sind nichts weiter als…Knutschflecken“, lüge ich.
„Und warum hat Francesca etwas anderes behauptet?“, will sie wissen und ihre Augen verengen sich zu schmalen Schlitzen.
„Sam, du verschweigst mir etwas. Ich weiß es. Ich habe es schon in London gemerkt. Irgendetwas, das mit Alex zusammenhängt.“ Ich sehe sie erschrocken an. Vanessa hat schon immer ein feines Gespür gehabt für die Wahrheit und wenn ihr jemand versucht eine Lüge unterzuschieben. Ich schaue in ihr Gesicht. „Du musst mir vertrauen, Vanessa! Es geht mir wirklich gut und ich liebe Alex und er liebt mich und diese blauen Flecken haben nichts zu bedeuten“, erwidere ich eindringlich, merke aber auch sofort, dass ich mit meiner Überzeugungsarbeit kläglich gescheitert bin, als sie antwortet: „Du musst wissen, was du tust und was du zulässt.“
Wir gehen schweigend weiter.
„Ich soll dich von Nick grüßen“, überrascht sie mich dann.
„Was? Na, der hat
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