Samantha Dyson 02 - Verhängnisvolle Jagd
Er konnte nur hoffen, rechtzeitig das Plateau zu erreichen, ehe sie von einer Kugel in den Rücken getroffen wurden.
Mit dieser Gefahr im Nacken kämpften sie sich keuchend auf dem gefährlichen Weg weiter, bis sie schließlich unvermittelt aus dem Canyon hinaus ins Freie traten. Erstaunt blickte Rey sich um. Sie standen auf einem schmalen Absatz, der einmal um den Felsen herumführte. Hoch über ihnen thronte ein gewaltiges Plateau, etwa dreißig Meter unter ihnen floss der Colorado dahin. Die Sonne war inzwischen aufgegangen und beleuchtete die roten Felswände. Unten im Canyon war es dagegen immer noch schattig, wenn auch nicht mehr ganz so dunkel wie zuvor. Für die beiden Männer würden sie also ein gut sichtbares Ziel sein. Ohne eine Sekunde zu verlieren, liefen sie den schmalen Grat entlang. Über und unter ihnen taten sich Geröllfelder auf, die eine Überquerung so gut wie unmöglich machten. Sie konnten nur immer weiter rennen und hoffen, dass irgendwann ein Weg nach unten oder oben führte und sie die Verfolger vielleicht abschütteln konnten. Rey warf einen Blick über die Schulter. Noch waren sie nicht zu sehen, aber sie konnten jederzeit auftauchen.
Laurel lief voraus, darauf hatte er bestanden. Er hatte ihr nicht erklärt, dass er hoffte, sie so mit seinem Körper abschirmen zu können, sondern als Grund angegeben, die Männer im Auge behalten zu wollen. Ein dumpfer Schmerz breitete sich unerbittlich in seinem Bein aus, weswegen er immer langsamer vorwärtskam. Er hatte keine Zeit, um nachzuschauen, wo er sich verletzt hatte, aber es kam von dem Schlag, den er vorhin im Felsspalt verspürt hatte. Er biss die Zähne zusammen und folgte Laurel, so schnell er konnte. Plötzliche Geräusche hinter ihm ließen ihn so schnell herumfahren, dass er fast das Gleichgewicht verloren hätte und in die Tiefe gestürzt wäre. Im letzten Moment fing er sich wieder und richtete sich auf. Die Männer kletterten gerade über die Kante! Rey rannte wieder schneller, auch wenn der Schmerz in seinem Bein pochte. Er holte Laurel rasch ein, die sich nun ebenfalls umwandte, als sie ihn kommen hörte.
»Lauf! Wir müssen irgendwo Schutz finden. Sie sind dicht hinter uns.«
Laurel warf einen Blick hinter ihn und erbleichte. Wortlos lief sie wieder los, schneller als zuvor. Ihre Verfolger hatten sie jetzt anscheinend auch entdeckt, denn sie riefen etwas, das Laurel nicht verstehen konnte, weil das Blut zu sehr in ihren Ohren rauschte. Ganz zu schweigen von dem Lärm, den die von ihren Füßen losgetretenen Steine verursachten. Gott, wenn sie nur einen falschen Schritt machte, würde sie den Abhang hinunterstürzen. Sicher würde sie so einen Sturz nicht überleben. Wenn sie allerdings die Wahl hatte zwischen einer Kugel und dem Steilhang, dann würde sie sich garantiert für Letzteres entscheiden.
Verzweifelt suchte sie nach einem Felsspalt, einer Höhle, irgendeinem Ort, an dem sie sich verstecken konnten. Weit und breit war jedoch keine Zuflucht in Sicht. Der schmale Sims wand sich auf gleicher Höhe um die Canyonwand, immer in direkter Schusslinie ihrer Verfolger. Die nächste Biegung war einfach zu weit entfernt, und die Chance, sie noch rechtzeitig zu erreichen, war minimal. Laurel fühlte sich nackt und wehrlos. Wieder warf sie einen kurzen Blick über die Schulter. Die Männer hatten ihren Abstand verringert, deutlich konnte sie die Waffen in ihren Händen sehen. Was sie aber noch mehr entsetzte, war Reys bleiches, schweißbedecktes Gesicht. Mühsam quälte er sich vorwärts und zog beim Laufen eines seiner Beine nach. Er war verletzt!
Laurel blieb stehen und wartete, bis er sie eingeholt hatte.
»Lauf weiter!«
»Wir werden ihnen nicht davonlaufen können, erst recht nicht, wenn du verletzt bist.«
»Wir müssen.«
»Ich denke, wir sollten versuchen, zum Wasser hinunterzukommen.«
Rey warf einen Blick nach unten. »Das ist viel zu gefährlich!«
Laurel packte ihn am Arm. »Es ist noch gefährlicher, hier in der Schusslinie herumzurennen.«
Wie um ihre Worte zu untermauern, zischte eine Kugel dicht an Reys Ohr vorbei. Erschreckt fuhr Laurel zusammen. Sie blickten sich nur kurz an, dann sprangen sie gleichzeitig auf die Geröllwand nach unten in Richtung Fluss. Sofort kam Laurel ins Rutschen, Sand und Steine lösten sich und kullerten den Hang hinunter. Nur mühsam gelang es ihr, das Gleichgewicht zu halten, während sie mit Rey den trügerischen Abhang hinunterstolperte. Kugeln bohrten sich neben ihnen in die
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