Samantha Dyson 02 - Verhängnisvolle Jagd
Steine und ließen sie in Panik um ihr Leben laufen. Laurel verlor das Gleichgewicht, fiel hin und rutschte einige Meter auf dem Hinterteil weiter, bis ein größerer Felsblock ihren Sturz unsanft bremste. Augenblicklich kam sie wieder auf die Füße und lief weiter.
Sie hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, was ihr alles wehtat, da um sie herum tödliche Geschosse durch die Luft flogen und sie mehrmals nur um wenige Zentimeter verfehlten. Rey war immer noch dicht hinter ihr, sein Gesicht eine schmerzverzerrte Maske. Wenn er jetzt zusammenbrach … Laurel mochte nicht darüber nachdenken. Also lief und rutschte sie wild entschlossen weiter, bis sich plötzlich ein Abgrund vor ihr auftat.
Abrupt kam sie zum Stehen. Sie standen auf einer Kante, die eine senkrechte Felswand begrenzte, und unter ihnen strömte der Colorado. Laurel wurde schwindelig. Sie waren noch mindestens zehn Meter über dem Wasser und sie hatten keine andere Möglichkeit als …
»Spring!«
Reys raue Stimme ließ ihren Kopf zu ihm herumfahren. »Das ist Wahnsinn! Wir wissen gar nicht, ob das Wasser tief genug ist.«
Rey blickte sich zu ihren Verfolgern um, die immer noch oben auf dem Sims standen und Schüsse auf sie abfeuerten. »Es ist tief genug. Du kannst doch schwimmen, oder?«
»Ja, natürlich, aber …«
»Gut, dann springen wir.«
Er nahm ihre Hand, drückte sie kurz, und schon stürzten sie gemeinsam in die Tiefe.
Sam und Morgan hatten endlich den Seitencanyon erreicht, in dem Rey sein Lager hatte aufschlagen wollen. Ob er es wirklich getan hatte, wussten sie jedoch noch nicht. Bisher hatten sie jedenfalls keine Spuren gefunden, die darauf hindeuteten.
Am liebsten hätte Morgan Sam auf der Phantom Ranch zurückgelassen, an der sie auf dem Weg hierher vorbeigekommen waren, aber natürlich hätte sie niemals eingewilligt. Außerdem kannte sie sich hier im Canyon besser aus als er. Sie wusste auch, wo die Stelle lag, an der Rey campen wollte. Dennoch machte Morgan sich Vorwürfe, sie nicht daran gehindert zu haben, dass sie sich in Gefahr begab. Er konnte sich nicht vorstellen, wie es wäre, sie zu verlieren. Zwar kannten sie sich erst seit ein paar Monaten, dennoch hatten sie bereits so viel miteinander durchgemacht, dass es für ein ganzes Leben reichen würde.
Immer wieder wanderte seine Hand zu dem Messer, das in einer Scheide an seinem Gürtel hing. Eine andere Waffe hatte er nicht dabei. Eine Pistole wäre ihm zwar lieber gewesen, doch die war nicht verfügbar, und auch James besaß keine Waffen. Natürlich waren im Nationalpark Schusswaffen verboten, aber diejenigen, die vermutlich hinter Rey her waren, würden sich bestimmt nicht darum scheren. Aufmerksam schaute Morgan sich in dem engen Canyon um. Unter anderen Umständen hätte er die bizarre Landschaft mit Freude erkundet, doch jetzt wurde ihm jäh bewusst, wie gefährlich es wäre, an dieser Stelle auf Verbrecher zu treffen. Sein Magen krampfte sich zusammen.
Sam versuchte angestrengt, mit den Augen den Canyon zu durchdringen, der noch immer im Dämmerlicht lag. Bald müssten sie das Ende erreicht haben, wenn sie sich richtig erinnerte. Unwillkürlich ging sie langsamer und so leise wie möglich, damit sie nicht bemerkt würden, sollte jemand dort sein. Morgan passte sich schweigend ihrem Tempo an. Aus den Augenwinkeln betrachtete sie sein ernstes Gesicht. Sie war froh, dass er mit ihr hierhergekommen war. Mochte sie auch noch so mutig getan haben, innerlich hatte sie schreckliche Angst – um Rey und Laurel, um sich selbst. Sie war Paläontologin und keine Spezialagentin, die es mit Verbrechern aufnehmen konnte. Ruckartig blieb sie stehen, als sie den Wasserfall am Ende des Canyons und das davor aufgebaute Zelt erblickte.
Unsicher blickte sie Morgan an. »Was jetzt?«
»Da scheinbar alles ruhig ist, würde ich sagen, wir gehen zum Zelt und sehen vorsichtig nach, ob Rey und Laurel darin sind.«
Sie nickte ihm nur zu, dann bewegten sie sich auf das Zelt zu. Sofort bemerkte sie, dass die Klappe offen stand. Sam ging in die Knie und beugte sich in das Innere. Das Zelt war leer. Schlafsäcke und Kleidungsstücke, Essen und andere Gegenstände lagen verstreut herum. Es war offensichtlich, dass irgendetwas passiert war. Aber was? Hatte jemand Rey und Laurel überfallen und sie entführt oder waren sie geflüchtet? Wenn ja, wo waren sie dann jetzt?
Sanft schob Morgan sie beiseite. »Lass mich mal sehen.«
Er streckte den Kopf ins Zelt und betrachtete das Durcheinander.
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