Samantha Dyson 02 - Verhängnisvolle Jagd
»Ein Rucksack fehlt, sie können unmöglich alles in diesem einen gehabt haben. Keine Schuhe, keine Papiere, kaum Wasser.« Er berührte die Schlafsäcke, dann kroch er wieder hinaus. Er sah Sam an, die nervös neben ihm hockte. »Ich kann es nicht beschwören, aber für mich sieht es so aus, als wären sie überhastet und nur mit dem Nötigsten verschwunden. Die Schlafsäcke sind kalt, also wird es schon eine Weile her sein.«
Hoffnungsvoll blickte Sam ihn an. »Denkst du, dass sie sich in Sicherheit bringen konnten?«
»Ich weiß es nicht. Sie müssen einen Grund gehabt haben, so eilig zu verschwinden. Und da sie nicht die Informationen haben, über die wir verfügen …«
Er brauchte den Satz nicht zu beenden. Sam fuhr sich zittrig durch die kurzen Haare. »Sie haben bemerkt, dass ihnen jemand folgt, und sind geflüchtet. Also sind die Verbrecher wahrscheinlich noch hinter ihnen her, oder …«
Morgan strich über ihre Wange. »Wir können es nicht mit Bestimmtheit sagen. Mal sehen, ob wir noch andere Hinweise finden, wohin sie gegangen sein könnten.«
Gemeinsam sahen sie sich um, aber auf dem unebenen Untergrund waren keine Spuren zu entdecken.
»Wenn wir davon ausgehen, dass die Verfolger, sofern es welche gibt, vom Colorado her kamen, dann werden sie wohl in die entgegengesetzte Richtung geflohen sein.« Morgan deutete auf den Wasserfall. »Bleib du hier, ich sehe ihn mir mal näher an.«
»Aber …«
»Bitte, es hat keinen Sinn, wenn wir beide nasse Füße bekommen. Wenn ich dort nichts entdecke, verlassen wir den Canyon wieder und halten uns dann flussabwärts.«
»In Ordnung. Sei vorsichtig.«
Morgan brachte ein kleines Lächeln zustande. »Das bin ich immer.«
Mit vor Anspannung geballten Fäusten beobachtete Sam, wie Morgan durch das knietiefe Wasser watete und an den Felswänden hinaufblickte. Gebückt verschwand er dann in der kleinen, hinter dem Wasserfall liegenden Höhle. Sie hatte schreckliche Angst um ihn. Als Morgan plötzlich eine Etage höher wieder auftauchte, zuckte sie erschreckt zusammen. Er untersuchte die Felswand, dann sah er nach oben, wo das Wasser in kleinen Kaskaden über die Steine floss. Er drehte sich zu Sam um.
»Ich klettere kurz hoch und prüfe nach, wohin der Spalt führt. Vielleicht kann ich weiter oben etwas entdecken. Warte hier, und wenn du etwas hörst, versteck dich sofort, ja?«
»Pass auf dich auf.«
Sam blickte Morgan nach, bis er aus ihrer Sicht verschwand. Schließlich, nach endlosen Minuten, tauchte er wieder auf. An seinem angespannten Gesichtsausdruck erkannte sie, dass er etwas gefunden hatte.
»Was?« Mehr brachte sie nicht heraus.
Morgan kletterte noch eine Stufe herunter, dann räusperte er sich. »Ich glaube, du solltest doch hochkommen. In den Felsen habe ich Einschusslöcher gefunden, und weiter oben führt ein schmaler Sims an der Canyonwand entlang, darauf war eine Spur dunkler Tropfen. Blut vermutlich.«
Sam konnte einen entsetzten Aufschrei nicht unterdrücken, augenblicklich sprang sie in das Wasser und watete eilig auf die Höhle zu.
33
Laurel atmete genau in dem Moment ein, bevor die kalten Fluten des Colorado über ihrem Kopf zusammenschlugen. Durch die Wucht des Aufpralls halb betäubt, verlor sie unter Wasser völlig die Orientierung. Ihre Lunge drohte zu bersten, während sie wild strampelnd den Weg zur Oberfläche suchte. Ihre vollgesogene Kleidung und die schweren Schuhe zogen sie nach unten. Nach einer Ewigkeit stieß ihr Kopf endlich durch die Wasseroberfläche. Ein Hustenkrampf schüttelte sie, ihre Augen brannten. Langsam kam ihr wieder zu Bewusstsein, wo sie war und was sie hier tat. Hastig sah sie sich um. Oh Gott, wo war Rey? Sie versuchte auf der Stelle zu paddeln, doch die Strömung riss sie unweigerlich mit sich. Mit der einen Hand wischte sie sich die Haare aus den Augen, mit der anderen hielt sie sich über Wasser, während sie weiter nach Rey Ausschau hielt. Panik breitete sich in ihr aus, als sie ihn immer noch nicht entdecken konnte. Womöglich war er unter Wasser gegen einen Felsen gestoßen und hatte das Bewusstsein verloren. Sie tauchte wieder unter, doch das Wasser war so trüb, dass sie nichts erkennen konnte. Himmel, was sollte sie bloß tun?
Plötzlich spritzte eine kleine Wasserfontäne vor ihrem Gesicht auf. Verwundert starrte sie auf das Wasser, bis sie verstand, was das bedeutete: Die Männer schossen von dort oben noch immer auf sie! Unwillkürlich wanderte ihr Blick zur Canyonwand, wo sie
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