Samstags, wenn Krieg ist
Hose hatte. Eins, das immer das Falsche tut. Nie so will wie er, sondern ihm seinen Willen aufzwingt.
Dieser Gigolo beherrscht sein Gerät. Wolf hat das Gefühl, von seinem beherrscht zu werden.
Er steht so, ganz seinen Gefühlsstürmen ausgeliefert, vielleicht eine Stunde oder zwei im Schatten.
Die letzten Gäste sind gegangen. Nur noch Gino und Renate knutschen auf den Gartenmöbeln. Auch Maria ist mit einem Pulk Gästen verschwunden.
„Wir haben eine sturmfreie Bude. Komm, wir gehen jetzt hoch.“
Renate sieht auf die Uhr. Sie macht einen erschrockenen Eindruck. Sie will gehen. Der Gigolo versucht, sie zu überreden. Er will, dass sie bleibt.
Renate schüttelt den Kopf. „Nein, heute nicht. Ich muss. Wirklich.“
„Ach, Renate. Nur ein Stündchen.“
„Nein. Gib es auf.“
„Hilfst du mir noch, Sachen reintragen?“ Er sammelt leere Bierflaschen ein.
Sie nickt und türmt Pappteller übereinander. Dann verschwindet sie mit Gino im Haus.
Für Ichtenhagen ist das hier schon fast ein Hochhaus. Vier Stockwerke. Acht Mietparteien. Wolf weiß nicht, hinter welchem Fenster Gino wohnt.
Jetzt müsste es Streit geben, hofft Wolf. Vielleicht lässt er sie nicht gehen, hält sie fest, zerrt sie in sein Zimmer, wirft sie aufs Bett. Sie strampelt, wehrt sich und dann, wenn sie vor Tränen kaum noch etwas sieht und vor Angst ganz toll ist, dann kommt er: der Söldner. Eine unbezwingbare Kampfmaschine. Der Retter der weißen Frau. Der Hüter der Rassenreinheit. Der Kettenhund des Führers.
Er würde diesem Itaker mit einem einzigen Blick so viel Angst einjagen, dass ihm die breiige Scheiße aus den Hosenbeinen tropft. Ihn zerquetschen wie ein Insekt. Dann Renate auf den Armen aus dem Haus tragen. Keine Angst. Ich bin bei dir. Du bist in Sicherheit. Ich trage dich aus der Höhle des Löwen. Tarzan rettet Jane aus den Klauen des schwarzen Affen und bringt sie in sein Baumhaus. Wir leben im Dschungel, Renate. So sind die Gesetze. Dschungelgesetze. Dschungelkampf.
Wolf tigert an der Hauswand entlang. Wo bleibt sie, wo? Sie ist jetzt schon vierundzwanzig Minuten lang im Haus. Ein bisschen viel Zeit für ein paar Pappteller.
Wolf rennt ums Haus. Wenn Gino sie nach Hause bringt, dann gehen sie nicht hier hinten raus, sondern vorne zur Straße. Vielleicht sind sie schon weg?
Nein, da stehen sie an Ginos Trabbi. Wolf bückt sich und schleicht im Schutz der parkenden Autos vorwärts.
„Klar fahre ich dich“, versichert Gino mit lässiger Geste.
„Nein, Mensch, du bist doch völlig blau. Ich fahre nicht mit Besoffenen.“
„Ach, Quatsch.“
„Ich sagte nein. Ich gehe zu Fuß.“
„Wie du willst. Tschüss. Ich liebe dich.“
Gino gibt sich nicht viel Mühe, sie zu überzeugen. Warum auch? Er hat sie gehabt, gerade. Auf die Schnelle. Am Küchentisch. Ohne viel Aufwand. Er hat ihr einfach nur von hinten den Rock hochgezogen.
Sie war nicht gerade mit Begeisterung dabei, aber gewehrt hat sie sich auch nicht. Kein Grund, diese Nummer zu wiederholen. Es gibt bessere Frauen in Ichtenhagen für ihn.
Die Sache mit ihr wird er einfach einschlafen lassen. Nicht mehr anrufen. Sie ein paar Mal draufsetzen, bei Verabredungen sitzenlassen, dann kapieren die meisten Frauen von selbst. Richtig Schluss machen muss Gino selten.
Wolf schlägt seinen Kopf gegen den Kotflügel von dem rostbraunen Audi, hinter dem er sich versteckt.
Er begleitet sie nicht einmal nach Hause, dieses Schwein, grollt Wolf. Sie hat gut zehn Minuten zu Fuß. Was da alles passieren kann. Hat der selbst Angst vor den dunklen Straßen am Waldrand, wo regelmäßig die Straßenbeleuchtung kaputt ist? Oder hat der einfach nur keine Kultur?
Vielleicht hat er nie davon gehört, dass man eine Frau bis vor die Tür bringt, der große, schwarze Affe.
7
„Ich kann nichts dafür, Mama, wirklich!“ schreit Siggi. „Renate hat versprochen, auf Yogi aufzupassen. Ehrlich!“
Energisch schüttelt Elke Schmidtmüller den Kopf. „Es war deine Aufgabe. Renate war nicht dran.“
„Mein Gott“, stöhnt Josef Schmidtmüller und fasst sich ans Herz. „Da gehen wir alle Jubeljahre mal aus. Tante Sophies Sechzigster. Und dann gleich so was. Gönnt ihr uns denn gar nichts?“
„Klar, jetzt bin ich wieder schuld. Ich bin doch nicht für euer ganzes Leben verantwortlich. Ich doch nicht!“, verteidigt Siggi sich.
„Der Johannes hat früher auch immer auf dich aufgepasst. Vor seinem Unfall. Er hat dir Mühlespielen beigebracht und …“
„Und Dame und Barrikade!
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