Samtheiß
zurückfallen, wie ein Schwimmer, der ins Wasser gleitet, ließen alles noch einmal geschehen, den Geruch, die Berührungen, alles.
Saul schließt die Augen, während der Laster nach Süden fährt, und sie gehen durch das Feld, seine Hände auf ihren Brüsten, ihre Hände auf seinen Brustwarzen, sie zieht ihn, er schiebt sie, wie in einem mittelalterlichen Tanz bewegen sie sich durch das goldene Feld, der üppige Duft der wilden Blumen, die sie unter ihren Schritten zermalmen, das Summen der Bienen in den goldenen Blumen, der Schmerzensschrei, der von jemand anderem zu kommen scheint, sie beugt sich über ihn, seine Augen rollen, es bleibt der leere weiße Blick jener, die den unfaßbaren Rausch solcher Begegnungen kennen.
VALERIE MINER
Am Rande des Winters
D ie Kirchturmuhr schlug acht. Das Klingeln an der Haustür machte daraus neun. Pünktlich wie immer. Margaret dachte, daß er wohl nach einem Leben voller Gottesdienste so sein müsse. Ein Sonntag ohne Priester ist kein Sonntag. Sie mochte die Aufmerksamkeit, die er ihr und anderen entgegenbrachte. Sie blieb vor Großmutters Spiegel stehen und prüfte ihre Frisur. Schon wieder Zeit für eine Hennatönung - wie ärgerlich. Sie dimmte eine der Lampen herunter. Gut so. Ein schönes, sanftes Licht. Sie versuchte nicht länger, ihre Falten zu verstecken, die Krähenfüße um ihre Augen mochte sie mittlerweile sogar. Auf das dunkle Haar war sie immer noch stolz. Chrissie drängte sie, es >natürlich< zu tragen. Aber was war natürlich an grau? Schließlich hatte sie ihr ganzes Leben lang pechschwarze Haare gehabt.
Er hielt etwas in der Hand. Keine Blumen, wie Margaret bemerkte, sondern eine Flasche.
»Cognac«, sagte er verlegen. »Eine kleine Aufmerksamkeit von einer Hochzeit letzte Woche. Allein trinken macht dumm, also dachte ich mir, ich teile sie mit meiner besten Freundin.« Er küßte sie auf die Wange.
Slocum bellte scharf. Weil Margaret nicht reagierte, trollte sie sich in die Küche und ließ sich behäbig neben ihrem Körbchen niederplumpsen.
Mit anmutiger Geste nahm Margaret die Flasche, erinnerte sich an den Abend der zahlreichen Martinis und beschloß, langsam vorzugehen.
»Ich fürchte«, druckste sie, »ich kann nichts dazu Passendes anbieten.«
»Sie haben die Gläser«, grinste er, »und mich.« Sie bat ihn, sich zu setzen und ging ein wenig genervt in die Küche. Der Abend entwickelte sich für ihren Geschmack zu schnell.
Seine langen, schmalen Finger hielten das Cognacglas wie einen Meßkelch. Seine Baritonstimme klang selbstsicher. Sie konnte die Vertrautheit kaum fassen, konnte kaum glauben, daß sie nicht mehr tagträumend auf der hintersten Kirchenbank saß.
Er erzählte ihr, wie er vor vier Jahren einen Mann davon abgehalten hatte, sich aus dem St. Francis Hotel zu stürzen. Wie er zwölf lange Stunden mit diesem Mann verbracht hatte. Ja, Margaret wußte davon, sie hatte die Geschichte im Chronicle gelesen. Tatsächlich hatte dieses Ereignis sie dazu bewegt, wieder in die Kirche zu gehen. Es interessierte sie nicht besonders, was die Religion im Jenseits für sie tun könne. Es war wichtiger, zuerst die Welt, in der sie jetzt lebte, zu genießen. Und wenn Roger Bentman jemanden ins Leben zurückreden konnte, war seine Kirche richtig für sie.
Slocum schlich leise in den Raum.
Margaret machte es sich auf der Couch bequem und fuhr mit ihren bestrumpften Füßen durch Slocums Fell. Sie betrachtete Rogers Lippen. Sie atmete den süßen, fruchtigen Duft des Cognacs ein und genoß den Klang seiner Stimme.
Plötzlich rückte er näher. »Sie leben so bewußt, so aufmerksam.« Er sah sie an und nahm einen tiefen Schluck.
»Wie bitte?« Sie war gleichzeitig enttäuscht, weil er ihr meditatives Stillschweigen beendet hatte, und erregt durch seine Nähe. Sie mahnte sich, daß er ein Mann der Kirche und daß ihr Verlangen voreilig war.
»Ich betrachte häufig Ihr Gesicht, während ich predige. Sie sind mit Ihren Gedanken immer dabei. Manchmal sind Sie mir sogar voraus.«
»Voraus?« fragte Margaret und stellte ihren Cognac betrübt auf den Tisch. Sie hatte nur ein oder zwei Schlucke getrunken. Sie sah, wie Slocum wieder in die Küche tappte.
»Eine Eingebung.« Er nahm ihre Hand.
Sie empfand so viel Zärtlichkeit. Sie wußte, daß sie sich gleich küssen würden. Sehnsüchtig nahm sie das Lächeln seiner Lippen, das Grau seiner Augen in sich auf. Er setzte das Glas ab und zog sie an sich. Es war wie bei ihrem ersten Kuß, nach dem
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