Samtpfoten im Schnee
Caroline. »Aber die Gäste stehen an erster Stelle.«
»Wir werden hier essen«, verkündete Onkel George und betätigte den Glockenzug. »Ich fühle mich hier ohnehin wohler.«
»Warum überrascht mich das nicht?«, warf Lady Blythe ein. »So ein Esel! Vermutlich ist dies hier noch besser als das, womit du groß geworden bist.«
»Das ist es in der Tat.« Onkel George ließ sich in seinem Lieblingssessel nieder und steckte seine Pfeife an.
Lady Blythe hüstelte.
Um nicht Zeuge des unvermeidlichen Schlagabtausches zu werden, ging Stephanie zum Fenster hinüber, das an der Rückseite des Zimmers lag. Es war inzwischen so dunkel, dass sie nicht sehen konnte, ob Tante Caroline einen Garten hatte. Ganz vage konnte sie die Dächer zahlreicher Nebengebäude erahnen. Vermutlich waren das die Ställe und Remisen.
Tante Caroline gesellte sich zu ihr. »Wegen der Arbeit, von der George gesprochen hat...«
Stephanie wandte sich zu ihr. »Mach dir darüber keine Gedanken. Ich kann meinen Teil beitragen, ebenso wie Ro-se, aber Mama ...«
»Ja, ich weiß.«
»Ich bin bereit, auch ihren Teil zu übernehmen«, sagte Stephanie entschlossen.
»Ich habe George gesagt, dass Dorothy aus einem ganz besonderen Holz geschnitzt ist. Ich habe mich gefragt, ob es zu weit unter ihrer Würde wäre, das Nähen zu übernehmen.«
Stephanies Lebensgeister hoben sich. »Gewiss nicht. Sie ist zwar nur an feine Handarbeiten gewöhnt, aber ich denke, ich kann sie davon überzeugen, diese Pflicht zu übernehmen. Sie wird sich natürlich darüber beklagen, mit Dingen umgehen zu müssen, die Fremde benutzt haben, aber letztlich hoffe ich mich durchzusetzen.«
»Die Sachen sind alle gewaschen, ehe sie sie überhaupt zu Gesicht bekommen wird!«, rief Caroline. »Ich bestehe auf Sauberkeit im Horse and Hound. In diesem Haus wird es niemals auch nur eine Laus oder einen Floh geben!«
»Dessen bin ich sicher.« Stephanie lächelte. »Fluffy wird auch helfen. Sie ist eine ausgezeichnete Mäusejägerin.«
»Vielleicht kann sie unserem alten Sarum noch ein paar neue Tricks beibringen«, lachte Tante Caroline.
»Ihr habt eine Katze?«
»Aber ja. Jedes Gasthaus braucht eine Katze, genau genommen sogar mehr als eine! Sarum wird allmählich alt und verbringt die meiste Zeit damit, sich vor dem Feuer auszuruhen.« Sie lächelte. »Aber von Zeit zu Zeit, wenn er seine alten Knochen wieder durchgewärmt hat, begibt er sich auf die Jagd. Wir könnten schon seit längerem eine neue Katze brauchen, haben uns bis jetzt aber noch nicht darum kümmern können.«
Stephanie fühlte sich erleichtert. »Fluffy wird auf jede mögliche Weise helfen!«
Zwei Mägde betraten das Zimmer, um den Tisch einzude-cken und das Abendessen aufzutragen. Sie nahmen Rose mit sich hinaus in die Küche, als sie gingen. Onkel George aß in völligem Schweigen. Fluffy streifte durch das Zimmer und beschnupperte die Spalten und Ritzen in den Holzver-kleidungen, während Stephanie sorgsam darauf achtete, dass die Katze nicht in die Nähe des Tisches kam.
Unglücklicherweise brachte Tante Caroline das Thema Arbeit zur Sprache. »Du würdest mir einen großen Gefallen tun, wenn du das Nähen übernehmen könntest, Dorothy.
Deine Stickereien waren immer hervorragend.«
Lady Blythe nickte freundlich. »Stickereien, feine Nadelar-beiten ... das würde mir gefallen.«
»Ich meine das Nähen von Laken und Kopfkissen.«
»Aber darum kümmern sich doch die Näherinnen. Sind sie zurück in ihrer Arbeit?«
Tante Caroline lächelte verlegen. »Ich habe keine Näherinnen. Das mache ich alles. Manchmal, wenn es zu viel wird, bitte ich eines der Mädchen um Hilfe, aber sie stellen sich nicht sehr geschickt an. Dorothy, du könntest mir unendlich helfen, wenn du diese Aufgabe übernehmen würdest.«
Unter dem Tischtuch kreuzte Stephanie die Finger. »Es geht nur um kleine Ausbesserungen, und die Wäsche ist sauber, Mama.«
»Nein, kein...«
»Es ist auch körperlich nicht so anstrengend wie das Bet-tenmachen«, redete sie ihrer Mutter gut zu.
Onkel George hielt beim Essen inne und ließ ein ungeduldiges Schnauben vernehmen.
»Mama, wir müssen unseren Teil beitragen«, drängte Stephanie. »Das ist nur gerecht.«
Lady Blythes Augen füllten sich mit Tränen. »Ich befürchte, das müssen wir. Oh, warum hat dein Vater uns in einer so schrecklichen Situation zurückgelassen? Almosen annehmen zu müssen, nichts anderes ist das. Und das von dir, George! Mein Leben als Lady ist für immer
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