Samtpfoten im Schnee
mit einem großen Messer dicke Scheiben von einem goldbrau-nen Brotlaib. Sie wandte sich um und begrüßte Stephanie mit einem breiten Lächeln. »Holla! Ihr müsst Miss Stephanie sein. Eure Tante ist im Schankraum. Sie wird gleich zu-rückkommen.«
»Ja, ich bin Stephanie«, bestätigte sie und betrat die Kü-
che.
»Und das ist also die neue Katze. Ist in andern Umständen, wie ich sehe. Na ja, zurzeit können wir ein paar Katzen gut brauchen.« Wie ein Mann streckte sie Stephanie die Hand hin. »Ich bin Betsy. Ich bin schon länger hier, als ich mich erinnern kann.«
Stephanie schüttelte der Köchin die Hand. »Es freut mich, Euch kennen zu lernen. Und das hier ist Fluffy. Sie ist eine gute Mäusejägerin.«
»Das habe ich schon gehört. Wo steckt denn nur der alte Sarum?« Sie schaute sich um. »Er muss im Keller sein. Ich hab die Tür angelehnt gelassen, damit er runter kann. Sehr oft macht er das nicht mehr. Sein Rheumatismus ist genauso schlimm wie meiner. Na ja, trotzdem ist er ein netter alter Kater. Halt nur ein bisschen müde.«
»Das Alter muss sehr anstrengend sein«, sagte Stephanie mitfühlend.
Betsy brach in ein gackerndes Lachen aus. »Na, was wisst denn Ihr davon? So eine junge hübsche Miss wie Ihr. Ihr solltet lieber daran denken, Euch einen Ehemann zu suchen. Es gibt ein paar stramme Burschen in der Nachbarschaft.«
Stephanie errötete und wechselte rasch das Thema. »Habt Ihr gestern das köstliche Abendessen zubereitet?«
»Größtenteils.« Betsy watschelte zum Herd, wo sie in einer riesigen Bratpfanne den Speck wendete. »Die Leute wollen gleich ihr Frühstück.«
»O, kann ich helfen?«, bot Stephanie an und freute sich auf ein paar Bissen für sich selbst.
»Schätze ja. Wollt Ihr mit dem Toast anfangen? Jeder kann Toast zubereiten.«
Nun, Stephanie konnte es nicht. Was musste man dabei tun? Das Brot an einer langstieligen Gabel über das Feuer halten? Sie schaute zur Wand und suchte unter den dort hängenden Kochutensilien nach dem passenden Gerät und griff danach.
»Nein, nicht das«, gackerte Betsy. »Diese Küche mag alt sein, aber sie ist nicht altmodisch. Wir haben uns einen Toaster angeschafft.«
»Einen Toaster?«
»Da drüben«, wies die Köchin sie mit einem Kopfnicken hin.
»Ah ja.« Stephanie holte das drehbare Eisengestell mit den langen Handgriffen vom Herd.
»Normalerweise hängt er dort drüben«, erklärte Betsy freundlich und half so, Stephanies Unwissenheit zu über-spielen. »Ich hab ihn nur schon runtergenommen.«
»Ja.« Stephanie starrte das seltsame Ding an. Vermutlich legte man das Brot zwischen die Scheibenhalter und hielt das Ganze dann über das Feuer. Genau so verfuhr sie jetzt.
»Nein!«, schrie Betsy, als die Flammen hoch schossen.
»Oh!«, schrie Stephanie und zerrte den Toaster aus den Flammen. Es war zu spät. Das Brot war schwarz, und der beißende Geruch nach Verbranntem breitete sich in der Kü-
che aus.
»Was ist denn hier passiert?« Tante Caroline war hereinge-kommen und wedelte mit der Hand vor ihrer Nase.
»Das arme Ding kann nicht mal Toast machen«, erklärte Betsy mitleidig.
»Ich habe das noch nie gemacht.« Stephanie standen die Tränen in den Augen. »Ich bin ja kaum jemals in einer Kü-
che gewesen, ganz zu schweigen davon, dass ich versucht hätte, etwas zuzubereiten.«
»Natürlich nicht.« Tante Caroline legte ihr den Arm um die Taille und drückte sie. »Niemand erwartet, dass du alles kannst.«
»Das stimmt«, beruhigte Betsy sie. »Ich hätte Euch nicht an den Toaster lassen dürfen.«
»Aber ich hätte es besser wissen können«, widersprach Stephanie.
»Nicht unbedingt. Ich habe mich in einer Küche auch nicht heimisch gefühlt, als ich hierher kam.« Tante Caroline und Betsy wechselten einen Blick und brachen dann in Lachen aus. »Wir hatten auch schwer daran zu arbeiten!«
David, Marquis von Donnington, schaute besorgt aus dem Fenster der Kutsche, als die Schneeflocken begannen, den Boden zu bedecken. Bei diesem Wetter konnte die Fahrt zu einer bedenklichen Angelegenheit werden. Sie müssten noch eine weitere Nacht unterwegs verbringen, ehe sie Donnington Hall erreichten. Würde der Schneefall stärker werden, könnte sich das Vorwärtskommen schwierig gestalten.
Jetzt im Dezember waren die Straßen in einem so schlechten Zustand, dass sie gezwungen sein könnten, sich im nächstbesten Gasthaus eine Unterkunft zu nehmen. David schätz-te diesen Gedanken nicht sehr, genauer gesagt graute es ihm allein
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