Samtschwarz - Page, S: Samtschwarz
sich problemlos drehen, und die Tür öffnete sich in die Dunkelheit.
Sie drückte die Tür fest hinter sich ins Schloss, griff keuchend nach dem Schlüssel und drehte ihn herum.
Ein leises Rascheln ließ sie zusammenzucken, dann roch sie den Schwefel eines aufflammenden Zündholzes. Vor Schreck blieb ihr fast das Herz stehen. Zitternd wandte sich Maryanne um, als die Flamme den Docht berührte und eine Kerze aufleuchtete.
Das Licht spiegelte sich in Luzifers dunklen Augen und zeigte sein gefährlich gut aussehendes Gesicht.
„Guten Abend, mein Engel. Bist du zu meiner nächtlichen Unterhaltung gekommen?“
2. KAPITEL
Auf den ersten Blick erkannte Maryanne, dass er betrunken war.
Und natürlich wusste sie, dass er nicht Luzifer war.
Lord Swansborough rekelte sich in einem Ohrensessel. Die oberen Knöpfe seines schwarzen Batisthemdes standen offen und enthüllten lockiges weiches dunkles Haar. Seine elegante Jacke und seine schimmernde schwarze Weste hatte er auf den Boden geworfen, sodass sie ein Stoffhäufchen neben seinen Füßen bildeten. Das Licht der einzigen Kerze schimmerte in seinem dichten blauschwarzen Haar.
Jede Nacht, wenn sie bei Kerzenlicht eine erotische Szene überarbeitet hatte, war in ihrer Vorstellung Swansborough zum Helden der Handlung geworden. Er war der Mann, der in ihrer Fantasie die Kleider abstreifte und seinen nackten Körper über ihren gleiten ließ. Er war derjenige, der im Theater dreist ihre Röcke hob oder in der Kutsche an ihren Brüsten saugte oder der sie sogar – und es war von köstlicher Verwegenheit, sich Derartiges vorzustellen – an ihr Bett fesselte, die Arme und die Beine gespreizt, eine Gefangene seiner Lust.
Und hier war er nun, in Fleisch und Blut, und zwinkerte ihr zu!
Gekleidet auf seine übliche, schockierende Art – ganz in Schwarz.
Als er ihren starren Blick auffing, grinste er sie auf äußerst anzügliche Art an. Verlockende Linien zeigten sich rechts und links von seinem festen, breiten Mund, und anbetungswürdige Grübchen zuckten in seine Wangen. „Du bist gekommen, um mich zu verführen, nicht wahr?“
Mit gekrümmten Fingern winkte er ihr, näher zu kommen.
Sie blieb im Türrahmen stehen. „N…Nein.“
Der orientalische Stil des übrigen Hauses war nicht bis hinter diese Tür gedrungen. Dies war das Arbeitszimmer eines Engländers, prachtvoll ausgestattet mit Holz und Leder, be quem und doch streng.
Beide Stilrichtungen passten zu Lord Swansborough.
„Wer bist du?“, erkundigte er sich, hob die Karaffe – die ganze Karaffe – an seine Lippen und nahm einen Schluck. Er stürzte das Getränk – wahrscheinlich Cognac – auf die Art hinunter, wie die Männer auf dem Land Bier tranken. Etwas davon lief an seinem kantigen Kinn hinab, und er ließ das kunstvoll geschliffene Glasgefäß sinken, um seinen schönen Mund mit dem Hemdsärmel abzuwischen.
Seine Lordschaft war der erste Mann in diesem Haus, der sich für ihren Namen interessierte. Und sie stammelte hilflos vor sich hin. Zwar verfügte sie über einige Fantasie, doch in diesem Moment war sie zu nichts anderem in der Lage, als ihn erstaunt anzustarren.
Er war aufgestanden und setzte sich jetzt auf die Rückenlehne eines Stuhls, wobei er mit seinem Stiefel die Armlehne beschmutzte. Diese Haltung offenbarte, wie lang, kraftvoll und muskulös seine Beine waren.
„Dein Name, Muschi“, forderte er sie zu einer Antwort auf.
Sie wusste, dass Männer diese Bezeichnung für die intimste Stelle einer Frau benutzten, und sie wusste, dass sie ihm einen anderen Namen nennen musste. Aber welchen Eindruck wollte sie erwecken? Den der Käuflichkeit? Oder wollte sie ihm einen Hinweis auf die Wahrheit geben – auf die Tatsache, dass es ihr verboten war, einen Mann wie ihn zu berühren?
„Verity“, hörte sie sich wie aus weiter Ferne sagen. Verity bedeutete Wahrheit. Warum hatte sie sich ausgerechnet so genannt, hatte das Gegenteil dessen gewählt, was sie vorhatte preiszugeben und ihm zu sagen?
Er prostete ihr mit der Karaffe zu. „Sehr fantasievoll. Wo ist dein Partner?“
„Ich habe keinen.“ Wenigstens das war die Wahrheit.
„Ich verstehe.“ Belustigung, Angst einflößende Belustigung, lag in seinem verwegenen Lächeln. „Wenn ich dich verführe und dich dazu bringe, vor Wollust zu explodieren, wirst du mir dann meinen nächsten Hinweis für die Schnitzeljagd geben?“
Der Schreck durchfuhr sie wie eine eisige Klinge, die sie überraschend traf.
Er dachte, sie sei eine
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