Samuel Carver 05 - Collapse
Raub, Betrug, Massenmord und was Ihnen sonst noch einfällt. Er zockt die reichsten Leute der Welt ab. Er macht einen Trottel aus allen, die jemals mit ihm zu tun hatten. Und am Schluss steht er mit einer irrsinnigen Menge Geld da. Aber was soll er tun? Jeder wird hinter ihm her sein. Außer man denkt, er ist tot. Darum wollte er, dass ich ihn töte – oder scheinbar töte. Das ist lediglich ein Trick, um von der Bildfläche zu verschwinden.«
»Verraten Sie mir etwas, das ich noch nicht weiß«, sagte Grantham. »Zum Beispiel, wohin er verschwunden ist.«
Carver hob die Hände. »Woher soll ich das wissen? Wahrscheinlich hat er sich eine Pazifikinsel gekauft oder einen Streifen Dschungel am Amazonas, oder vielleicht hat er einen afrikanischen Diktator bestochen, ihm Asyl zu gewähren. Spielt das eine Rolle?«
»Ja, wenn wir ihn finden müssen.«
»Darum sage ich ja, Sie sollten sich Hilfe holen. Sie haben einen Doppelgänger bei der Hand. Er hat bewiesen, dass er die Leute täuschen kann, auch Zorns Investoren. Lassen Sie ihn bekannt geben, dass er wie durch ein Wunder überlebt hat und dass die Eröffnung von Zorn Global planmäßig stattfindet. Und wenn alle Leute, die Zorn bestohlen hat, versammelt sind, sagen Sie ihnen die Wahrheit: dass dieser ein armer Kerl namens Drinkwater ist und der echte Zorn noch irgendwo herumläuft, mitsamt ihren Milliarden. Dann warten Sie mal ab, was passiert. Ich vermute, dass sie Zorn ziemlich schnell finden werden.«
»Nun, das ist eine Möglichkeit«, sagte Grantham. »Sie haben eine naheliegende Alternative übersehen – naheliegend für normale Leute jedenfalls.«
»Welche?«
»Die Polizei einschalten. Wie Sie sagten, Deirdre Bull kann bezeugen, dass Ihre alte Freundin Magda Sternberg an dem Anschlag in Rosconway beteiligt war, und Sie, Carver, können bezeugen, dass Sternberg für Razzaq gearbeitet hat. Seine Beziehung zu Zorn kann leicht bewiesen werden und somit Zorns Beteiligung an Rosconway. Nun haben wir Drinkwater als Beweis für Zorns Versuch, der Strafverfolgung zu entgehen – das ist eine Mordverschwörung.«
»Nicht, wenn ich mich weigere, auszusagen«, wandte Carver ein. »Kommen Sie, Grantham, gerade Sie können nicht wollen, dass ich auch nur in die Nähe eines Zeugenstands komme.«
Cameron Young zog eine Augenbraue hoch und nahm sich vor, zu ergründen, was es war, das Carver wusste und Grantham nicht bekannt werden lassen wollte. Grantham selbst blieb jedoch ungerührt.
»Spielt keine Rolle«, sagte er. »Da ist immer noch Drinkwater, und selbst dem begriffsstutzigsten Geschworenen wird nicht entgehen, dass er mit Zorns Gesicht herumläuft. Wenn die Polizei Razzaq oder Sternberg festnehmen kann, wird einer von ihnen anfangen zu reden, wenn er dafür eine geringere Strafe bekommt. Inzwischen nimmt man die besten Wirtschaftsfahnder, die man für Steuergeld kaufen kann, und setzt sie auf Zorns Fährte. Wir sollten ausnahmsweise mal etwas auf die ganz anständige, legale Weise erledigen.«
Jetzt schaltete sich Young in die Unterhaltung ein, indem er ein nachdenkliches »Hm« vorausschickte. »Ich bin völlig Ihrer Ansicht, Grantham, und natürlich haben Sie recht: Das ist offensichtlich eine Verschwörung. Aber lassen Sie sich voneinem ehemaligen Anwalt sagen, dass Verschwörungsfälle vor Gericht ein Albtraum sind. Uns mag völlig klar sein, wie die ganze Sache zusammenhängt, aber damit sind wir noch weit davon entfernt, es vor Gericht zweifelsfrei zu beweisen. Bislang stützen wir uns nur auf Hörensagen oder bloße Indizien. Wir haben keinen eindeutigen Beweis, keine E-Mail von Zorn, in der er den Anschlag befiehlt, keine Bombe mit DNA oder Fingerabdrücken. Er wird die besten Anwälte bezahlen können. In der Zwischenzeit wird unser Hauptbelastungszeuge an Krebs sterben, bevor es überhaupt zur Gerichtsverhandlung kommt. Eine Zeugin wird vielleicht nicht von ihren Verletzungen genesen, und selbst wenn sie es tut, ihre eigene eingestandene Beteiligung an dem Verbrechen ist auch ein Motiv, über Zorn zu lügen, um eine vorteilhafte Behandlung zu erreichen. Und ein dritter Zeuge ist ein ehemaliger Offizier der Royal Marines, der scheinbar, Sie werden mir verzeihen, Mr Carver, viele Jahre auf eine Art gelebt hat, die seinem früheren Regiment wenig Ehre einbringt. Wenn ich Mr Zorn in dem Fall vertreten sollte, wäre ich sehr zuversichtlich, einen Freispruch erwirken zu können.«
»Verstehe«, sagte Grantham mürrisch. »Tja, dann nehmen wir wohl
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