Samuel Carver 05 - Collapse
pro Jahr, ein Leben lang. Sie meinten, das würde ich doch sicher attraktiv finden, in meiner Situation. Also, es war sonnenklar, dass sie über mich informiert waren – meine Finanzen, meine medizinischen Befunde, was Sie wollen. Wo ist der Haken?, habe ich gefragt. Tja, Sie müssen sich ein bisschen operieren lassen, sagte der eine, und der andere: Danach müssen Sie sterben. Aber soll ich Ihnen was sagen? So sterben Sie wenigstens schnell, hat er gemeint.«
»Bemerkenswert«, sagte Cameron Young zufrieden und schnurrte beinahe. »Wirklich bemerkenswert.«
»Was finden Sie daran bemerkenswert?«, fragte Drinkwater empört. »Ist das angemessen für diese Scheißkerle?«
»Ich bitte um Entschuldigung, Mr Drinkwater. Ich wollte Sie nicht kränken«, erwiderte Young. »Aber ich komme nicht umhin zu bewundern, wie Zorn denkt. Und wenn Sie mir den unpassenden Gedanken verzeihen wollen – mir scheint auch, es hat ihm beträchtliches Vergnügen bereitet, sich Ihr Dilemma vorzustellen. Sie wussten, dass Sie todkrank sind und Ihnen ein sehr schmerzhafter Tod bevorsteht. Und dennoch werdenSie die Hoffnung gehegt haben, sie vielleicht noch immer hegen, dass Sie irgendwie davon verschont werden. Sie brauchten nur – das Nur ist rein rhetorisch zu verstehen – die Unausweichlichkeit Ihres Schicksals zu akzeptieren, auf ein paar Monate Lebenszeit zu verzichten, und Sie würden ein schnelles Ende erleben und wissen, dass Ihre Familie abgesichert ist. Das ist elegant, finden Sie nicht?«
»Nein«, widersprach Drinkwater. »Finde ich überhaupt nicht. Und ich hätte das Angebot auch nicht angenommen, wenn sie mir nicht noch eine Kleinigkeit eröffnet hätten. Wie es schien, war ich der Dritte, bei dem sie es versuchten. Die anderen zwei hatten nein gesagt. Und sie waren schon tot.«
»Na, Sie sind noch am Leben.«
»Ja … Und jetzt haben wir ein Problem.«
»Ach, wirklich?«, meinte Young.
»Ja, wirklich«, wiederholte Drinkwater. »Sehen Sie, die zweite Hälfte der Millionen sollte nach meinem Tod gezahlt werden. Und dank Ihnen bin ich noch am Leben. Meiner Ansicht nach schulden Sie mir jetzt eine Million.«
Young guckte verblüfft. Carver lachte schallend. Aber Grantham schaute finster wie ein Grab auf das Display seines Handys. »Das ist nicht unser einziges Problem«, sagte er. »Ich habe gerade eine Nachricht aus Wentworth bekommen. Zorn ist entkommen. Scheinbar hat der kleine Wichser mit uns gerechnet.«
80
Cheapside, Berkshire, und Parkview Hospital
»Und was nun?«, fragte Razzaq, als ein Chinook auf dem Rückweg nach Hereford ratternd über ihm vorbeiflog. Die acht sehr mürrischen Männer darin ahnten nicht, dass ihre Zielperson nur ein paar hundert Meter unter ihnen saß.
»Das Spiel hat sich also gedreht, wie ich gesagt habe.« Zorn klang, als wäre das eine faszinierende Aussicht. »Und das ist interessant, nicht wahr?«
»Da bin ich mir nicht sicher«, gestand Razzaq.
»Spielen wir einfach mal ein paar Szenarien durch. Angenommen, Drinkwater ist tot. Ich glaube es nicht, aber fangen wir damit an. Wenn er tot ist, können die Briten der Welt mitteilen, dass Malachi Zorn tot ist. Und wer sollte ihnen widersprechen? Der einzige Mensch, der das tun könnte, bin ich. Und ich werde mein Fortleben ganz sicher nicht bekannt machen.«
»Natürlich«, pflichtete Razzaq bei. »Das ist genau die Situation, die Sie haben wollten: Jeder hält Sie für tot. Sie haben das Geld. Perfekt.«
Zorn schüttelte den Kopf. »Nein, es wäre perfekt, wenn wirklich jeder dächte, ich sei tot. Aber die Briten wissen, dass ich noch lebe. Folglich können sie nach mir fahnden. Und wenn sie mich finden, können sie mich töten und bräuchten sich deswegen keine Sorgen zu machen, weil ja die übrige Welt mich schon für tot hält. Verstehen Sie?«
»Ja. Das ist ein Problem.«
»Theoretisch, ja. Aber sehen Sie, ich glaube nicht, dass Drinkwater tot ist. Ich glaube nicht, dass eine Regierung oderjemand, der für sie arbeitet und Bescheid weiß, einfach hingeht und absichtlich den Falschen umbringt.«
Razzaq schaute skeptisch. »Sie gehen davon aus, dass sie von dem Double wussten. Das ist überhaupt nicht sicher.«
»Warum hätten sie sonst das Haus in Wentworth überfallen sollen?«
»Um nach Beweisen zu suchen.«
»Nein!«, widersprach Zorn. »Wenn die Briten wussten, dass ich den Angriff auf Rosconway befohlen habe, und wenn sie außerdem dachten, ich säße in dem Wagen, dann hätten sie im Haus höchstens Beweise auf
Weitere Kostenlose Bücher