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Samuel und die Liebe zu den kleinen Dingen

Titel: Samuel und die Liebe zu den kleinen Dingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesc Miralles
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eine Petbox.
     
    Um halb drei klingelte es an der Tür. Da ich nie Besuch bekomme, konnte es nur die Dame mit der unterkühlten Stimme sein. Als ich öffnete, war ich angenehm überrascht: Die Tierärztin war eine attraktive Frau um die dreißig, ihr freundliches Gesicht wurde umrahmt von kurzem, fransigem Haar, auf ihrer Nase saß eine markante Brille. Ihre Miene – ernst, aber nicht verkrampft – schien zu sagen: »Lassen Sie uns keine Zeit verschwenden und gleich zum Wesentlichen kommen.«
    Genau der Typ Frau, der mir gefallen könnte, schoss es mir durch den Kopf. Ich malte mir aus, wie ich mit ihr in einem der Cafés in der Carrer Petritxol bei einer Tasse heißer Schokolade und Churros sitzen und mich unterhalten würde.
    Ihre barsche Stimme schreckte mich aus meinen Tag träumen.
    »Können wir jetzt bitte anfangen«, sagte sie ungeduldig. »Ich habe viel zu tun heute.«
    »Natürlich.«
    Ich nahm ihr die beiden großen Tüten ab und bat sie, mir ins Wohnzimmer zu folgen, wo Mishima den ganzen Tag gesessen hatte. Doch als wir ankamen, war das Sofa leer.
    »Wo ist denn nun Ihre Katze?«, fragte sie, während sie ihr kleines Köfferchen auf den Tisch stellte und es öffnete.
    Ich lief ins Schlafzimmer, vielleicht hatte sich Mishima ja wieder ins Bett verkrochen. Dort war sie nicht. Dannsah ich in der Küche nach, wo ihre Milch stand, aber auch da keine Spur von der Katze. Als ich ins Wohnzimmer zurückkam, klappte die Tierärztin ihren Koffer bereits wieder zu und war im Begriff zu gehen.
    »Haben Sie doch einen Moment Geduld«, bat ich. »Sie wird sicher gleich auftauchen.«
    »Das glaube ich kaum. Alle Katzen verstecken sich, wenn sie das Gefühl haben, jemand will ihnen etwas tun. Wussten Sie das nicht? Sie hätten sie irgendwo einsperren sollen.«
    »Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung von Katzen. Möchten Sie einen Kaffee? Ich würde Sie gerne ein paar Dinge fragen.«
    »Tut mir leid, ich habe um drei den nächsten Termin«, erwiderte sie scharf. »Außerdem bin ich gekommen, um mich um die Katze zu kümmern und nicht um Sie.«
    Das saß. Verlegen riss ich ihr die Rechnung aus der Hand, zahlte brav den Gesamtbetrag – Hausbesuch inklusive – und gab ein großzügiges Trinkgeld, weil sie nicht herausgeben konnte.
    Als ich sie zur Tür begleitete, sagte sie: »Wenn Sie sie finden, sperren Sie sie in die Box und bringen sie in die Praxis. Sie brauchen keinen Termin zu vereinbaren.«
    Ich nickte stumm. Bevor sie in den Hausflur trat, zeigte sie auf eine klebrige Masse am Rand des Fußabtreters, die ich gar nicht bemerkt hatte.
    »Und geben Sie ihr keine Milch mehr«, sagte sie zum Schluss noch. »Das bekommt den Tieren nicht, davon erbrechen sie.«
    Dieser letzte Ratschlag versöhnte mich, und bevor ich die Tür schloss, bedankte ich mich bei ihr.
    Kaum zwei Minuten später tauchte Mishima wieder im Wohnzimmer auf und begrüßte mich mit einem fröhlichen Maunzen, als wäre nichts gewesen.
    »Das hast du wirklich toll gemacht«, schimpfte ich. »Du bist unverbesserlich, weißt du das?«

DER ALTE REDAKTEUR
    Es war der dritte Tag des Jahres. Ich erwachte mit einem fiebrigen Gefühl und starken Gliederschmerzen. Offenbar war eine Grippe dabei, meine letzten Abwehrkräfte zu bezwingen und mich außer Gefecht zu setzen.
    Mishima sprang zusammen mit mir aus dem Bett, und wir frühstückten, jeder von seinem Teller, wie zwei alte Junggesellen. Eine Ausnahmesituation, die nicht länger als bis zum 15. Januar dauern sollte.
    Als ich vom Küchentisch aufstand, wurde mir schwindlig. Ich warf einen Blick in die Schublade, in der ich meine Medikamente aufbewahre, fand jedoch lediglich eine leere Packung Schmerztabletten.
    »Ich sollte runter zur Apotheke gehen, bevor es schlimmer wird.«
    Ein alleinstehender Mann muss doppelt so vorausschauend handeln wie einer, der jemanden an seiner Seite hat, denn er kann sich nur auf die eigene Vorsicht verlassen, um zu überleben.
    Im Glauben, ich würde in wenigen Minuten zurück in der Wohnung sein, zog ich mir nur schnell einen Mantel über den Schlafanzug. Als ich aufbrach, funkte mir Mishima erneut dazwischen. Ich war bereits im Treppenhausund wollte die Tür schließen, als sie durch den Spalt geschossen kam und die Treppe hochjagte.
    »Du verdammtes Mistviech!«, rief ich, und meine Stimme hallte im ganzen Treppenhaus wider.
    Es war offensichtlich, dass diese Katze nicht unbedingt in mein Leben getreten war, um es mir leichter zu machen. Wutschnaubend kehrte ich in die

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