Samurai 7: Der Ring des Windes (German Edition)
Es ist zwar erst Frühling, aber hier draußen auf dem Wasser wird es trotzdem ziemlich heiß werden.«
Yori machte sich an die Arbeit. Er gehorchte Jacks erfahrenem Rat nur zu gern, denn so brauchte er nicht über ihre bedrohliche Lage nachzudenken. Jack riss ein loses Stück Holz vom Rand des Floßes ab und klemmte es als Stütze für das Sonnensegel zwischen die Planken. Als zweite Stütze trieb Miyuki die Spitze ihres Schwerts in das Deck. Mit vereinten Kräften spannten sie den Leinensack darüber und halfen Saburo in den Schatten.
»Wir haben immer noch unsere Waffen«, sagte Miyuki und zog einen Wurfstern mit geraden Zacken aus ihrem Gürtel. »Mit Yoris Stock könnte ich daraus einen Speer zum Fischen basteln.«
»Gute Idee«, meinte Jack. »Damit kannst du vielleicht etwas zu essen fangen.«
»Aber was sollen wir trinken?«, fragte Yori.
»Mit dem Sonnensegel können wir Regen auffangen. Eine andere Quelle haben wir nicht.«
Sie blickten zum Himmel auf. Er war tiefblau und wolkenlos.
»Auf Regen können wir womöglich lange warten«, sagte Saburo düster.
Die Sonne stand im Zenit und brannte erbarmungslos auf das Floß hinunter. Das Sonnensegel konnte die sengende Hitze kaum lindern, außerdem reichte der Schatten nur für zwei. Die anderen waren der prallen Hitze ausgesetzt, was besonders unangenehm war, als das Salzwasser die Haut trocken und rissig machte. Durch ihre Gefangenschaft waren sie geschwächt und die Hitze verstärkte noch die Entkräftung durch Hunger und Durst. Stunden vergingen, die Freunde wurden immer lustloser und ihre Verzweiflung wuchs.
Bisher hatten sie weder Land noch ein anderes Schiff gesichtet. Jack befürchtete, dass das Floß den Bereich der Gezeitenströmungen bereits verlassen hatte und nicht mehr die Richtung hielt. Oder, noch schlimmer, dass sie in den Pazifik hinaustrieben und endgültig verloren waren.
Miyuki hockte mit dem Speer in der Hand am Rand des Decks. Sie hatte sich seit einer Stunde nicht bewegt und wartete hartnäckig darauf, dass ein Fisch vorbeischwamm. Ein Schwarm kleiner blauer Fische flitzte unter dem Schatten des Floßes hindurch, aber bei ihnen konnte Miyuki mit ihrem Speer nichts ausrichten.
»Können wir den Sonnenschutz nicht als Segel verwenden?«, schlug Cheng vor.
»Das Floß ist nicht stabil genug«, entgegnete Jack. »Ein heftige Bö und wir würden kentern. Wir könnten auch aus den Planken Paddel herstellen, aber wir dürfen auf keinen Fall die Stabilität des Floßes schwächen …«
Plötzlich stach Miyuki mit ihrem Speer zu. Wasser spritzte und etwas blitzte silbern auf.
»Ich habe einen!«, rief sie aufgeregt.
Sie nagelte ihren zappelnden Fang mit dem Speer auf Deck fest. Dann drehte sie den Speer einmal und der Fisch hörte auf zu zappeln. Sie machte ihn von den Zacken des Wurfsterns los und zeigte ihn den anderen. »Wer hat Hunger?«
Saburo streckte sofort die Hand aus, hielt aber inne. »Glaubt ihr, er ist giftig?«
Cheng schüttelte den Kopf. »Nein, das ist eine Stachelmakrele. Schmeckt sehr gut. Man kann sie auch trinken.«
Die anderen sahen ihn zweifelnd an.
»Ich zeige es euch«, sagte er und nahm Miyuki den Fisch aus den Händen.
Er setzte die Lippen an den Augapfel des Fisches und saugte heftig daran. Die anderen hörten etwas platzen und sahen, wie Cheng schluckte.
»Das ist ja ekelhaft!«, rief Saburo. Er hatte plötzlich keinen Hunger mehr.
»Man kann auch die Flüssigkeit im Rückgrat trinken«, sagte Cheng und bot das andere Auge Jack an.
Von Durst getrieben, setzte Jack den Mund an das schleimige Auge und saugte.
27
Ein Albatros
Im Lauf des Nachmittags konnte Miyuki mit ihrem Speer noch zwei weitere Stachelmakrelen fangen. Cheng schnitt die Fische mit seinem Messer sorgfältig in zwei Hälften und reichte sie Yori, Saburo und Miyuki, damit sie die Flüssigkeit aus dem Rückgrat trinken konnten. Dadurch wurde zwar nicht ihr Durst gestillt, aber sie würden wenigstens den Tag überleben. Von dem weichen, rosafarbenen Fleisch wurden sie dagegen mehr als satt.
Mit vollem Magen besserte sich ihre Stimmung ein wenig und Yori übernahm eifrig den Posten des Ausgucks. Er war fest entschlossen, eine Insel zu entdecken. Doch die Hoffnung auf Land erwies sich als trügerisch. Ziellos trieb ihr Floß über das Wasser.
Mit Chengs Messer schnitzte Jack aus einer kaputten Planke zwei primitive Paddel mit dünnen Blättern. Solange sie allerdings nicht wussten, in welche Richtung sie fahren sollten, nützten die
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