Samurai 7: Der Ring des Windes (German Edition)
Paddel ihnen wenig.
»Ich glaube, da ist was!«, rief Yori plötzlich und zeigte auf das Meer hinter ihnen. Er klang allerdings mehr erschrocken als erleichtert.
»Was denn?«, fragte Jack.
»Ich … ich weiß nicht. Es war groß und schwarz … wie ein Drache …«
Alle suchten jetzt das Wasser ab. Ihre Verletzlichkeit war ihnen bewusst geworden – sie trieben auf einem winzigen Floß wehrlos über das Meer, durch nichts geschützt vor den Ungeheuern der Tiefe. In jeder Welle, jedem Kräuseln der Wasseroberfläche lauerte Gefahr.
»Da drüben!«, rief Miyuki.
Eine dunkle Masse, die ungefähr zwanzigmal so groß wie ihr Floß war, tauchte auf der Steuerbordseite aus dem Meer auf. Eine Wasserfontäne stieg zum Himmel, begleitet von einem lauten Schnauben, und ein schwarzes Auge betrachtete sie neugierig.
Miyuki hob ihren Fischspeer, um das Ungeheuer abzuwehren. Yori klammerte sich in Panik an Jack.
»Keine Angst«, sagte Jack. »Das ist nur ein Buckelwal. Der tut uns nichts.«
»Ich habe noch nie ein so großes Tier gesehen«, flüsterte Saburo ehrfürchtig.
Der Buckelwal umkreiste das Floß, ohne näher zu kommen.
»Er scheint uns … zu betrachten«, meinte Yori.
Er klang nicht mehr ängstlich, sondern neugierig und bewundernd.
Der Wal klatschte mit einer Brustflosse auf das Wasser und ein Gischtschauer spritzte über das Floß und durchnässte Jack und die anderen. Saburo, der unter dem Sonnensegel saß und nichts abbekam, lachte. »Oder er will eine Wasserschlacht mit uns machen!«
Doch dann bog der Wal mit einem anmutigen Schwung den Rücken und schickte sich an, unterzutauchen. Bevor er verschwand, stieg seine Schwanzflosse in die Luft auf, als wollte er ihnen zum Abschied zuwinken. Einen Augenblick lang waren alle so verdattert über die Begegnung mit dem harmlosen Geschöpf, dass niemand etwas sagte.
Ihr Schweigen wurde durch das Kreischen eines Seevogels gestört. Jack hob den Kopf. Ein weiß gefiederter Albatros glitt über sie dahin. In diesen Vögeln wohnten angeblich die Seelen ertrunkener Seeleute, sie zu töten brachte deshalb Unglück. Doch ihm hier zu begegnen war ein Glücksfall. Der Albatros flog nach Westen. Sofort suchten die Freunde den Horizont in dieser Himmelsrichtung ab.
»Vögel bedeuten Land«, rief Yori aufgeregt und hielt zum Schutz vor der grellen Sonne die Hand über die Augen. »Wo ist es?«
Doch der flimmernde Horizont des Meers war in Dunst gehüllt. Jack wusste, dass ein Albatros auf der Suche nach Nahrung weite Strecken zurücklegte und viele Meilen auf das Meer hinausfliegen konnte. Allerdings war der Nachmittag bereits fortgeschritten, der Anblick des Vogels bot also Anlass zur Hoffnung. Angesichts ihrer verzweifelten Lage war Hoffnung das Einzige, das sie noch aufrecht hielt.
»Wahrscheinlich liegt es unmittelbar hinter dem Horizont«, meinte Jack. Er nahm die behelfsmäßigen Paddel auf und gab eins davon Cheng. »Sehen wir nach.«
Sie knieten sich auf das Floß und begannen in Richtung Westen zu paddeln. Miyuki und Yori hielten unterdessen weiter Ausschau.
Der Albatros flog ihnen voraus, bis er nur noch ein Punkt am Himmel war.
Sie paddelten ihm hinterher und tauschten mit den anderen, wenn sie müde wurden oder ihre Hände wund waren. Ohne Orientierungspunkte an Land wussten sie nicht, ob sie vorankamen oder nur gegen die Strömung ankämpften. Doch das Paddeln gab ihnen wenigstens das Gefühl, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.
Die Sonne sank und färbte das Wasser mit ihren Strahlen golden, bis es wie Seide schimmerte. Doch sie sahen immer noch kein Land. Wenn sie bis Sonnenuntergang keines entdeckten, würden sie versuchen müssen, irgendwie die Nacht zu überleben. Sie mussten dann nicht nur die empfindliche Kälte und ihren wachsenden Durst aushalten, sondern fuhren im Dunkeln womöglich an ihrer einzigen Rettung vorbei.
Grimmig tauchte Jack sein Paddel ein und konzentrierte sich auf den Rhythmus. Die Schultern schmerzten ihm und seine Hände waren mit Blasen übersät. Auf der anderen Seite kniete Saburo und kämpfte leise stöhnend gegen die sengenden Schmerzen in seinen Muskeln. Sie hatten ihm das Rudern ausreden wollen, aber er wollte unbedingt auch etwas tun. Yori hockte im Schatten des Sonnensegels. Er hatte zu lange in der Sonne gesessen und ihm war übel und schwindlig. Jack hatte schreckliche Kopfschmerzen, verdrängte sie aber, so gut er konnte. Sie mussten unbedingt weiterpaddeln. Sonst konnten sie nichts tun.
Cheng legte
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