Samurai 7: Der Ring des Windes (German Edition)
Ruder. Das Segel blähte sich im Wind und das schuinsen legte ab. Vom Kai hörte Jack das wütende Geschrei der Samurai und weitere Musketenschüsse. Hoffentlich sah niemand am Mast hinauf. Einem Scharfschützen bot er ein leichtes Ziel.
Er war am Masttopp angekommen. Obwohl das chinesische Dschunkensegel umgekehrt funktionierte wie die Segel der rahgetakelten Alexandria – es wurde hinaufgezogen statt von der Rah heruntergelassen –, fand er sofort die Ursache des Problems. Der Fallblock war beschädigt. Die Laufrolle hatte einen Riss, und als die Winddämonen hastig versucht hatten, das Großsegel zu hissen, war das Tau von der kaputten Rolle gesprungen und hatte sich verklemmt.
»Nicht am Tau ziehen«, rief Jack nach unten und belegte das Tau, an dem das Segel hing, auf einer Klampe. Anschließend zog er es mit einiger Mühe aus dem Fallblock und legte es wieder über die Laufrolle. Dann machte er es von der Klampe los und befahl den Piraten, das Segel ganz langsam hochzuziehen. Zoll für Zoll kroch die Spiere am Mast nach oben. Doch auch die Meeres-Samurai hissten inzwischen auf ihren Schiffen die Segel und ließen die Ruder zu Wasser. Sie waren entschlossen, die Verfolgung aufzunehmen.
Jack konnte von seinem Aussichtspunkt den ganzen Hafen überblicken. Das erste seki-bune hatte bereits vom Kai abgelegt, um ihre Flucht zu verhindern. Doch konnte das Schiff aufgrund des beschädigten Ruders nicht steuern und krachte geradewegs in die Hafenmauer. Als sie an einem der beiden gewaltigen atake-bune vorbeifuhren, machte dieses keine Anstalten, ihnen zu folgen. Die Löcher, die Captain Hebis Leute in seinen Rumpf gebohrt hatten, taten ihre Wirkung und das Schiff sank rasch. Doch statt es zu verlassen, hatte sein Kapitän geistesgegenwärtig angeordnet, das entführte Schiff unter Beschuss zu nehmen. Kanonen- und Musketenkugeln flogen über das Deck des shuinsen. Hastig gingen die Winddämonen in Deckung. Reling und Schanzkleid aus rotem Bambus explodierten in einem Regen von Splittern und eisernen Kugeln. Jack musste hinter dem Mast in Deckung gehen, als eine Salve von Pfeilen und Kugeln an seinem Kopf vorbeisauste. Die Schreie verwundeter Ninja-Piraten gellten durch die Nacht. Schädelgesicht ließ das Feuer nicht erwidern, gegen eine ganze Garnison und eine Streitmacht von Meeres-Samurai hatten sie sowieso keine Chance. Ihre einzige Hoffnung bestand darin, aus dem von Mauern umschlossenen Hafen zu fliehen. Sie hatten einen Vorsprung vor den Schiffen, die sie verfolgten, aber sie mussten noch an der mit einer einschüchternden Batterie von Kanonen bestückten Festung vorbei.
»Alle auf ihre Plätze!«, befahl Schädelgesicht. »Sie werden es nicht wagen, ein Rotsiegel-Schiff zu versenken.«
Doch er irrte sich.
In der Festung brannten Laternen und durch die Schießscharten sah Jack schattenhafte Gestalten, die damit beschäftigt waren, in aller Eile die Kanonen zu laden. Das Schicksal des shuinsen stand auf Messers Schneide.
Sie hatten gerade den Hafeneingang erreicht, da ertönte aus der Richtung der Festung ein dumpfer Donnerschlag, gefolgt von weiteren Explosionen anderer Kanonen. Instinktiv zog Jack den Kopf ein, als könnte er sich dadurch vor den Kanonenkugeln schützen.
Doch die Kugeln trafen das Schiff nicht. Als Jack zu der Festung aufblickte, sah er, dass die Hälfte davon in Trümmern lag. Die Kanonen waren nach hinten losgegangen.
»Wanizame!«, brüllte Schädelgesicht und schwenkte triumphierend sein Schwert. Auch die anderen Piraten grüßten mit johlendem Geschrei ihre Kameraden, die ihren Auftrag mit überwältigendem Erfolg ausgeführt hatten.
Sie seglten auf das offene Meer, ohne aufgehalten zu werden. Das Großsegel war inzwischen vollständig gehisst und in die richtige Stellung gebracht und das Schiff legte sofort Geschwindigkeit zu und entfernte sich vom Hafen.
Hinter sich hörte Jack die dumpfen Trommelschläge, zu deren Takt die Ruderer der Samuraischiffe die Riemen ins Wasser tauchten. Angetrieben von Ruder und Segel, holten sie rasch auf. Ein seki-bune ihrer Verfolger war bereits in Führung gegangen, doch dann bremste es abrupt ab, denn sein Bug brach zur Seite aus. Holz knirschte und der halbe Kai wurde ins Meer gerissen – Ninja-Piraten hatten den Anker des seki-bune an den Pfosten festgebunden.
Doch blieben als Verfolger immer noch zwei seki-bune und ein gewaltiges atake-bune übrig, offenbar waren sie der Sabotage der Winddämonen entgangen. Während sie das shuinsen
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