Samurai 7: Der Ring des Windes (German Edition)
Samurai-Flotte. »Das sieht aus wie … eine Burg?«
»Das ist die Nihon Maru«, erklärte Tatsumaki finster. »Das Flaggschiff von Daimyo Mori.«
Jack starrte genauso ungläubig wie Li Ling auf die gewaltige schwimmende Festung, neben der selbst das größte atake-bune klein wirkte. Der Koloss sah aus wie eine Kopie von Daimyo Moris Burg im Meer, die über die Kurushima-Straße wachte. Die hölzernen Seitenwände waren mit Zinnen versehen, am Bug und am Heck stand jeweils ein offener Kampfturm. Die Bollwerke schienen von einer ganzen Armee bemannt zu sein und aus sämtlichen Luken ragten Kanonenrohre. In der Mitte des Schiffs stand ein dreistöckiger Hauptturm mit weiß getünchten Wänden und einem elegant geschwungenen grünen Ziegeldach, das von einer großen goldenen Muschel gekrönt wurde. Mit seinen drei hohen Masten beherrschte das Schiff den Horizont wie ein der Tiefe des Meeres entstiegener Leviathan, ein schreckliches, unbesiegbares Ungeheuer.
»Wie sollen wir dagegen ankommen?«, flüsterte Li Ling Jack zu.
Jack wusste es nicht. Er konnte nur hoffen, dass Tatsumaki einen Plan hatte, sonst erwartete sie alle ein nasses Grab.
52
Brander
Die Wasserfläche zwischen den beiden sich gegenüberliegenden Flotten glitzerte in der Morgensonne. Ein einsamer Albatros tauchte in eine Welle ein und schnappte sich einen Fisch. In der Ferne ertönte der tiefe, durchdringende Ton eines Schneckenhorns. Im nächsten Moment stieg eine weiße Gischtfontäne aus dem Wasser auf und die Idylle wurde durch den Donner des Kanonenfeuers der Nihon Maru und der restlichen gegnerischen Flotte zerstört. Als Vergeltung feuerten die Piraten eine Salve von Brandpfeilen ab, die rauchige Spuren über den Himmel zogen.
Eine Kanonenkugel landete vor dem Backbordbug der Koketsu und das Schiff begann heftig zu schlingern. Jack hielt sich an einem Balken fest. Gischt spritzte durch die offenen Luken und durchnässte die Mannschaften an den Kanonen.
»Daneben!«, rief Li Ling triumphierend.
»Beim ersten Schuss wird immer zu kurz gezielt, schon vergessen?«, sagte Jack, und das Grinsen verschwand von Li Lings Gesicht.
Tatsumaki brüllte Befehle und die Ruderer legten sich zu den aufpeitschenden Schlägen des Trommlers ins Zeug. Die Koketsu drehte sich um die eigene Achse, bis sie den gegnerischen Schiffen die Breitseite zuwandte.
» FEUER !«, brüllte Tatsumaki.
Das Deck erzitterte unter zehn in rascher Folge abgefeuerten Kanonenschüssen. Die Lafetten fuhren unter dem Rückstoß zurück und die Kanonen wurden sofort neu geladen. Als der nach Schwefel stinkende Rauch sich verzogen hatte, sah Jack, dass die Piraten die Samuraiflotte mit einem Hagel von eisernen Geschossen und Brandpfeilen bombardierten. Viele Geschosse fielen vor den gegnerischen Schiffen ins Meer, einige trafen aber gleich beim ersten Mal. Die Steuerbordseite eines seki-bune wurde von einem Brandgeschoss auseinandergerissen, der Rumpf eines mit Samuraitruppen beladenen kobaya durchlöchert. Das kobaya sank daraufhin rasch.
Die Winddämonen heulten triumphierend auf und zündeten sofort eine zweite ohrenbetäubende Salve. Die Meeres-Samurai schossen zurück und eine Kanonenkugel prallte mit einem Donnerschlag von dem gepanzerten Dach ab.
»Das hat bestimmt eine Delle gegeben!«, rief Li Ling und hielt sich die Ohren zu.
Jack war froh über das schützende Dach der Koketsu . Die anderen Piratenschiffe hatten diesen Vorteil nicht. Eine Galeere wurde von tieffliegenden Kartätschen getroffen und verlor die Hälfte ihrer Ruderer. Ein anderes Schiff wurde von einer Kanonenkugel leck geschossen und lief rasch mit Wasser voll. Captain Wanizames Weißer Hai hatte einen Treffer gegen den Großmast abbekommen, dessen Segel in Flammen aufgingen. Die Mannschaft war fieberhaft damit beschäftigt, die brennende Leinwand über Bord zu werfen, bevor das Feuer das ganze Schiff verschlang.
Wenn die Winddämonen weiterhin solche Verluste erlitten, ging es mit ihnen schnell zu Ende, befürchtete Jack. Dann hätte Daimyo Mori ihre Flotte bald vernichtet.
Tatsumaki las seine Gedanken. »Die Kanonen der Meeres-Samurai können mit unseren koreanischen Kanonen nicht mithalten«, erklärte sie. »Sieh dir an, was wir mit ihnen machen.«
Sie zeigte auf Captain Kujiras Schwertwal. Ein gegnerisches Schiff fuhr in seine Schussbahn und explodierte nur wenige Momente später. Captain Kujira hatte mit tödlicher Präzision gezielt. Wieder donnerten die Himmel - und Erde -Geschütze und ein
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