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Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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gewesen war.
    Sancha kniete sich zum Beten nieder.

4.

    „Eine wahre Pracht sind die Rosen in diesem Sommer“ , sagte Sancha, als sie sich zu ihrer Schwester und den Damen gesellte, die draußen schnell noch einmal nach dem Rechten sahen. „Nun blühen sie schon zum dritten Mal!“ Und sie lobte Gala, die die an der Burgmauer hochrankenden Rosen als Hintergrund für die abendliche Festtafel ausgesucht hatte.
    Der lange Tisch war grün bekränzt und ebenfalls mit Rosen geschmückt. Ab und an fuhr ein leichter Windstoß in die Tücher, die die Mägde aufgelegt hatten, aber das störte die Vorfreude auf das Fest nicht. Das Wetter würde halten, der Himmel war noch immer tiefblau und man hörte das Meer nur leise rauschen. Umso lauter kreischten Raymonds Sittiche, die die Knechte am Nachmittag mitsamt ihren Käfigen in den Schatten der Arkaden gestellt hatten.
    Die Templer hatten ihr Kommen zugesagt. Das Tor stünde sogar bereits offen, hatte Gala erzählt.
    Und schon hallten die Absätze ihrer Stiefel auf dem Rundkopfpflaster, als sie die steile, überdachte Rampe heraufkamen, zwölf an der Zahl. Wie die Jünger Jesu, dachte Sancha belustigt. Die Templer waren nicht gerüstet, trugen ihre leichten weißen Sommerumhänge. Irgendein Federvieh krähte von drüben, als sie an der Tafel Platz nahmen. Dreimal hintereinander weg, was Sancha erneut erheiterte.

    Doch mit der Lustigkeit war es nach Leonoras freundlicher Begrüßung, Pater Solas Gebet und dem Auftragen der ersten Platten vorbei. In einem Rückfall in alte Gewohnheiten fuhr sich Sancha sogar mehrmals angespannt über den Nasenrücken. Lag es vielleicht doch an ihrem spanischen Äußeren, dass der Komtur sie so merkwürdig anstarrte? Etwas Fragendes und Feindliches zugleich stand in Lizerants Augen. War er auf Rache aus? Oder wollte er ihr etwas sagen? Sie über die Knappen ausfragen? Die kamen so schnell nicht wieder. Schließlich hatte die Rückeroberung gerade erst begonnen.
    Bei jedem Versuch, mit ihr über den langen Tisch hinweg Kontakt aufzunehmen, verströmte dieser Mann, so empfand es Sancha, eine derart arrogante, ungezügelte Kraft, dass es ihr bald kalt den Rücken hinunterlief.
    Nun, sie war Lizerant keine Auskunft schuldig, eher verhielt es sich umgekehrt. Nicht nur das Gesinde wollte wissen, ob sie diesen Pons inzwischen gehängt hatten. Sancha bezweifelte es. Aber man konnte es auch nicht ausschließen. Keiner wusste genau, was drüben vor sich ging. Selbst wenn man sich weit über die Zinnen des Ausgucks lehnte, sah man bloß auf Ziegeln, Schindeln und Strohdächer hinunter. Einzig ihr Gemach gewährte einen winzigen Einblick in den Hof der Ritter.
    Da! Schon wieder hatte er sie im Visier! Mit gespielter Gleichgültigkeit rückte Sancha ihr silbernes Schapel zurecht und widmete ihre ganze Aufmerksamkeit dem Fisch, der gerade aufgetragen wurde. „Sieh nur, Petronilla“, rief sie halblaut ihrer Dame zu, „wie lustig der Koch die Gallert eingefärbt hat. Schwarz und weiß im Wechsel.“
    „Aber ja, Doña Sancha. Euch zu Ehren! Meister Dor weiß eben, wie gerne Ihr Schach spielt.“
    Weil alle lachten, fühlte sich Petronilla beflügelt. So wies sie auf den Teller mit den kräftig rot eingefärbten Petersfischen hin und behauptete zu wissen, dass der Koch für diesen wertvollen Farbton zweimal im Jahr auf Drachenjagd ginge. Doch leider seien die Drachen in den Wäldern rar geworden.
    „Nun, Drachen und Schlangen beten bekanntlich zum biblischen Bal“, entgegnete ihr Lizerant schlagfertig. „Ich werde Euren Koch auffordern müssen, weiterhin mit allen gebotenen Mitteln die gefährliche Ketzerbrut auszurotten.“
    Sancha und Leonora gefror das Lächeln auf den Lippen. Die Ritter jedoch grinsten und klopften mit den Knöcheln ihrer Hände auf den Tisch.
    Petronilla sah erschrocken auf die Gräfinnen, dann auf Sola. Erst als der alte Pater zu kichern begann - vermutlich hatte er die Zweideutigkeit gar nicht begriffen - fuhr sie mit aufgesetzter Lustigkeit fort: „O weh, Chevalier , die Drachen auszurotten wäre unklug. Da bliebe dem Koch nur noch der Safran. Kennt Ihr die horrenden Preise für diesen Farbstoff?“
    „Drachenblut? Safran? ... Heilige Jungfrau!", griff Leonora ein, sichtlich um Humor bemüht, „ich glaube, ich muss mit Meister Dor ein ernstes Wort reden. Er ist im Begriff, mich und meinen Hof zu ruinieren!“
    Nun lachten alle bei Tisch und über dem Auftragen weiterer Silberplatten mit Köstlichkeiten entspannte sich die Lage.

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