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Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Hund.“
    „Aber was genau ist denn vorgefallen?“ Sie freute sich, dass ihr der Junge inzwischen vertraute. Und auch wenn er nicht jeden Tag in ihr Bett kam – er kam!
    Roç warf sich vollbekleidet auf ihr Lager, stöhnte. „Was für ein Tag! Die ganze Beizjagd ist mir verleitet worden aufgrund des Gerüchts. Obendrein haben die Falken bis aufs Blut aufeinander eingehackt, kaum dass wir sie trennen konnten. Sie sind verletzt."
    „Mein Gott! Und wie war die Ausbeute?“
    „Dementsprechend mäßig. Vierzehn Rebhühner, fünf Fasane, sieben Raben, fünf Hasen. All das wäre noch zu verschmerzen gewesen, aber als während der ersten Jagdpause die Rede auf diese sonderbare Sache kam – Mare de Deu! - da hat sich Vater wieder vor Schmerzen gekrümmt!“
    „Aber was ist denn los?“
    Er richtete sich wieder auf. „Kreuze erscheinen. Auf den frisch gekalkten Wänden der Kirche. Wie von Zauberhand. Silberkreuze - angeblich heller und leuchtender als das Weiß der Mauern. “
    Sancha verzog belustigt den Mund. „Kreuze? Angeblich? Aber Roç! Sie sind dem Bischof zu Kopfe gestiegen, nachdem er im Heerlager tagein, tagaus nichts anderes zu Gesicht bekommt!“ Sie lachte laut und herzhaft.
    „Keine roten Stoffkreuze, ma Dame! Es handelt sich um Erscheinungen!“ Und er erläuterte ihr, dass diese wie Blitze aufträten und von vielen Menschen gesehen würden. "Aber was dem Ganzen die Krone aufsetzt“, stieß er hervor, „ist die Behauptung, dass niemand in der Lage sei, sie jemandem zu zeigen, denn in genau diesem Augenblick würden sie verschwinden. Der Vater ist darob ganz außer sich. Ein Gespinst aus Lügen mache sich in seiner Stadt breit, sagt er.“
    „Hm, da hat er wohl recht“, Sancha setzte sich Ro ç gegenüber auf ihren Stuhl. „Ruh dich aus und lass mich einen Augenblick nachdenken ...“
    Diese Geschichte war mehr als unglaubhaft, ja, sie war albern, und es lohnte sich nicht, ihr nachzugehen. Dennoch gefiel es ihr, dass der Junge so außer sich war, dass er spuckte und fauchte! Sie starrte auf seinen schönen, oft zum Eigensinn oder Spott verzogenen Mund. Das Küssen vermied er leider noch immer. Das tat ihr weh. Dabei hatte sie sich nichts vorzuwerfen: Ihre Zähne waren weiß und wohlgestellt, nachdem ihr Hagelstein frühzeitig geraten hatte, sie nicht länger mit Urin oder Alaun zu reinigen, wie es ihr Zibelda vorschrieb, sondern mit dünnen Holzstäbchen und geriebener Malvenwurzel. „Haltet sie stets sauber, Jungfer“, hatte er ihr eingeschärft, „nichts mag so hässlich sein, als wenn Ihr lacht und man sieht dabei rabenschwarze Zähne!“ Und sie hielt sich an diesen Rat, bis heute.
    Von draußen war scharfes Bellen zu hören. Rufe.
    Roç sprang auf und trat ans Fenster. „Die Nachhut kommt zurück, die Reitknechte, Treiber und Falkeniere.“ Er rief seine Befehle in den Hof hinunter, scherzte mit den Leuten.
    Wie unbeschwert, ja kühn er wirkt, dachte Sancha bei sich, mit seinem schulterlangen Haar, den nachlässig hochgewickelten Ärmeln seines groben Leinenhemdes und den enganliegenden, rehledernen Beinkleidern.
    „Und wenn es stimmt?“, forderte sie ihn heraus.
    „Wenn was stimmt?“ Er drehte sich zu ihr um und sah sie fragend an. Offenbar war sein Ärger bereits verflogen.
    „Nun, wenn es sich tatsächlich um ein Menetekel, eine Warnung Gottes handelt, wie jene geisterhafte Schrift aus der Bibel, die beim Gastmahl des babylonischen Königs Belsazar erschien: ´Mene mene tekel u-pharsin - Gott hat dein Königtum gezählt und beendet?“
    Roç rümpfte die Nase. „Denkst du an eine Beendigung der Herrschaft meines Vaters, weil er die Katharer schützt?“
    „Aber nein, nicht doch! Ich versuche mich bloß in diesen Fulco hineinzuversetzen, seine verworrenen Gedankengänge zu ergründen. Nur mit dem Verstand können wir ihn besiegen. Und g ingen hundert Narren vor “, zitierte sie, „ und fielen alle in ein Moor – ein kluger Mann umgeht den Flecken und lässt sie in dem Dreckloch stecken. “
    "Ist das wieder eine der Weisheiten deines Narren?“
    „So mach nicht so ein finsteres Gesicht, Roç, lass uns lieber nachsehen, was an der Geschichte dran ist. Am besten gleich heute Abend, noch vor dem Jagdessen. Vielleicht können wir den Schwindel aufdecken. Ich sehe deinen Vater förmlich vor mir, wie er wieder aufblüht.“
    „Damit man uns morgen nachsagt, wir seien Ketzer, weil wir als Einzige diese Kreuze nicht sehen konnten?“
    Sancha sprang auf. „Niemand darf mich

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