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Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Unrecht.“
    „Und wir sind gewiss keine Häretiker!“, warf Sancha ein. „Das hätte ich gerne dem Magister Thédisius ins Gesicht gesagt. Aber nun erzählt weiter, Pater ...“
    Der Kaplan verbeugte sich. Er habe zuerst an falsche Lichtgeister gedacht, sagte er, vom Teufel geschickt, so dass er keinen Schlaf mehr fand. Vor zwei Tagen jedoch hätte er sich des Nachts, als alle bereits ruhten, hierher in die Kirche begeben, um zur Heiligen Jungfrau zu beten. Inständig hätte er die Gnade erfleht, endlich auch die Kreuze sehen zu dürfen, von denen alle Welt sprach. "Und dann ... und dann ...“
    „Was ist geschehen, sprecht!“
    „Dann erschienen sie tatsächlich! Unzählige Kreuze! Und nicht nur auf dem gekalkten Mauerwerk, sondern sogar in der Luft. Sie hüpften vor meinen Augen auf und ab ... und haben mich, ich gestehe es Euch offen ein, Doña Sancha“, der Kaplan bekreuzigte sich, „sie haben mich schier zu Tode erschreckt. Denn steht nicht geschrieben: Und alsdann wird erscheinen das Zeichen des Menschensohnes am Himmel ?“
    Miraval warf Roç einen fragenden Blick zu, worauf ihm dieser das Wort erteilte. „Kaplan, Ihr sagt, das Wunder der tanzenden Kreuze habe sich mitten in der Nacht ereignet. Kann es nicht sein, dass Ihr vielleicht übermüdet gewesen seid, erschöpft vom Beten und verzweifelt, weil Euch das Wunder nicht zuteil wurde? Vielleicht hat Euch der Schlaf übermannt und ihr habt ..."
    "Geträumt?"
    Miraval nickte. "Die Madonna hat Euer Flehen erhört, aber auf ihre Weise."
    „Bedenkt, Pater", fuhr Sancha fort, "es steht doch auch geschrieben, dass falsche Propheten auftreten werden, die große Zeichen und Wunder tun, um auch die Auserwählten irrezuführen.“
    Der Kaplan, die Stirn in Falten, sah von einem zum anderen. Dann seufzte er. „Ich verstehe, was Ihr meint, Doña Sancha. Doch das war nicht alles. Die Geschichte geht weiter. Plötzlich - ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus - plötzlich erschien ein wahrhaft riesiges Kreuz, bedeutend größer als die anderen. Es war, als ob es die kleineren abholen wollte, denn diese tanzten regelrecht um das große Kreuz herum, so dass mir ganz schwindlig wurde im Kopf. Das große Kreuz nahm den Weg zum Ausgang der Kirche. Die Tür stand offen ... was ich bis heute nicht verstehen kann, denn ich hatte sie nach der Messe abgeschlossen, mein Weg hierher hat mich über die Sakristei geführt. Nun, die kleinen Kreuze folgten dem großen, ich hinterher ... Schneller, immer schneller bewegte sich die Schar von mir weg. Ihre Reise ging mitten durch die dunkle Stadt, bis hin zum Saint-Etienne-Tor, welches verschlossen und verriegelt war. Ich war wie von Sinnen. Ich rannte, keuchte ... Ihr müsst es mir glauben: Niemals zuvor habe ich solch ein Wunder gesehen!“
    „Und dann? Was geschah dann, Kaplan?“ Sanchas Stimme klang unsicher, sie konnte es selbst hören. Sie wusste nicht mehr, was sie denken sollte. Jakobus log nicht und wenn doch, war er der beste Lügner, der ihr bislang über den Weg gelaufen war.
    Der Kaplan berichtete, dass unter dem breiten Torbogen ein Fremder gestanden hätte. Ein großer Mann von ehrwürdigem und edlem Äußeren, der eine ihm völlig unbekannte silberne Rüstung trug, eine Art Schuppenpanzer oder Brünne, die selbst die Knie geschützt hätte.
    Roç merkte erschrocken auf: „Hat der Ritter Farbe bekannt?“
    Der Kaplan schüttelte den Kopf. „Kein Zeichen, Sénher, kein Wappenrock, kein Schild, nichts. Und der Helm bedeckte sein ganzes Gesicht. Ich verlangsamte meinen Schritt, von Furcht ergriffen, denn plötzlich hatte der Mann ein goldenes Schwert in der Hand. Er hielt auf mich zu ... und ich ... und ich ...“, der Priester keuchte, schluckte, Schweiß stand ihm auf der Stirn, „ich - es tut mir leid, aber ich erstarrte vor Angst zu einer Salzsäule, wie dereinst Frau Lot!“
    „Und dann? Weiter!“
    „Ich stand noch immer wie angewachsen da, als ich einen der Torwärter auf den Fremden zulaufen sah. Da streckte der Riese die Hand aus, schnappte sich eines der silbernen Kreuze, die noch immer um das große Kreuz herumtanzten, und" - nun fasste sich Jakobus ans Herz - „schlug damit auf den Wärter ein, so dass dieser tot zu Boden sank, und dann, und dann ...“
    „ ... dann seid Ihr geflüchtet“, ergänzte Miraval den Satz des Kaplans.
    „ Òc! Ja, ohne Zögern, fürwahr!“ Der Pater bekreuzigte sich. „Im Morgengrauen, der Schlaf wollte und wollte sich nicht einstellen, ob dieses schrecklichen

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