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Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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ungestraft eine Ketzerin schelten, hörst du“, zischte sie, „das lasse ich nicht zu. Bei Gott, Roç, warum machst du dir das Leben so schwer? Wir gehen auf Fulcos Spiel ein. Entdecken die Gläubigen unsichtbare Kreuze - so sehen wir sie eben auch. Was ist dabei! Miraval sollte uns begleiten, gewissermaßen als neutraler Zeuge. Er hat ein scharfes Auge und dein Vater vertraut ihm.“
    „Ein scharfes Auge? Etwa auf dich, meine Liebe?“ Roç hob den Handschuh auf, grinste breit. „Ist er am Ende deinem unwiderstehlichen Zauber verfallen? Oder willst mich nur wieder eifersüchtig machen?“
    „Gefiel dir das etwa nicht?“, antwortete sie spröde. Sie stellte sich vor ihn hin, strich aufreizend über ihr grün-braun gestreiftes Surcot, das ihre schlanke Figur hervorhob, lachte dennoch verlegen.
    Roç hatte es also nicht vergessen ...
    Leichtsinnig war sie gewesen vor acht Tagen, unbedacht. Die Worte waren ihr wieder einmal nur so aus dem Mund gelaufen und sie hätte sich danach selbst ohrfeigen können: Mitten in der Nacht war Roç in ihr Bett gekommen, jedoch ohne den Versuch einer Annäherung zu machen. Enttäuscht hatte sich Sancha auf die andere Seite gedreht und boshaft gezischt: „Nun gut, Sénher, wenn Ihr jetzt wieder zur Magd lauft, hole ich mir zukünftig den Troubadour ins Bett!“
    Doch Roç hatte nur aufgelacht: „ Hélas , Doňa Sancha“, hatte er spöttisch gesagt, „Miraval ist ein alter Mann. Kein Rivale für mich.“

    Erstes Nachtgewölk erkämpfte sich den rosenrot gefärbten Himmel, als sie sich - Roç hatte nach kurzem Disput Sanchas Vorschlag zugestimmt - mit kleinem Gefolge und hoch zu Ross auf den Weg zur Kirche machten. Knechte hatten dafür gesorgt, dass die Gassen, durch die sie kamen, weitgehend von Unrat und Bettelvolk befreit worden waren. Einzig ein Bauernmädchen, das sich in der Rue de Filatiers aufhielt, schrie bei ihrem Anblick entsetzt: "Santa Katerina!" und schlug im Laufen mit der Gerte auf ihre bockige Ziege ein.
    Vor der Kirche brandete Jubel auf. Ihr Besuch war angekündigt worden. "Tolosa! Tolosa!", riefen die Leute begeistert, als Roç vom Pferd sprang und Sancha den Arm reichte.
    Ein leichter Wind lupfte ihren dünnen hellgelben Schleier, der, am schmalen Stirnreif befestigt, auf maurische Art nicht nur das Haar, sondern auch das halbe Gesicht verbarg. Es war ihr noch immer Ernst mit dem Schwur, erst an jenem Tag auf den Schleier zu verzichten, an dem Toulouse erkennen würde, dass sie statt Liebreiz und Schönheit, Mut und Verstand zu bieten hatte.
    Als sie an der Seite ihres Gemahls und gefolgt von Petronilla, Miraval, den Pagen und Knappen, durch das Portal in das Dunkel der Kirche schritt, dachte sie im Stillen, dass sie sich eigentlich immer am wohlsten in der Umgebung von klugen Männern fühlte. Das war schon in Zaragoza so gewesen. Kemenatengeplänkel, das Lesen frommer Breviere oder gar feine Nadelarbeiten, wie Leonora sie schätzte, lagen ihr nicht. Wie hatten sie alle drei gelacht, Roç, Miraval und sie, bevor sie zum Kirchgang aufgebrochen waren: Magische Kreuze an den Wänden! Mene, mene Tekel!
    Auch Miraval war der Meinung gewesen, dass Bischof Fulco eine neue Schurkerei angezettelt hatte, um das Volk auf seine Seite zu ziehen. Aber wer hatte das „Wunder“ für ihn eingefädelt und wie? Diese neue Bruderschaft der Weißen Büßer?

    Die Ehrenbänke, die der Familie des Grafen vorbehalten waren, befanden sich seitlich des Altars, auf einer kleinen Estrade. Sittsam nahm Sancha neben ihrem Gemahl Platz, nicht ohne einen ersten heimlichen Blick auf die Wände der Kirche zu werfen. Sah man von den vierzehn grellfarbigen Stationen des Kreuzweges ab, herrschte rings um die Gemälde weiße Leere. Dass alles frisch ausgemalt war, konnte man jedoch noch riechen. Sie hörte wie neben Roç jemand hüstelte. Miraval?
    Unauffällig tastete sie nach dem gefalteten Pergament in der Tasche ihres Mantels, das ihr der Troubadour auf der Treppe zugesteckt hatte. Roç hatte nichts gemerkt, er stand bereits unten bei den Pferden, vertieft in ein Gespräch mit dem Falkenier. Die Vögel waren schwerer verletzt, als angenommen.
    Was das Brieflein wohl enthielt? Sehnte sich Miraval nach ihr? Hatte er ihre Abmachung vergessen, sich nur zu sehen, wenn sich Raymond und sein Sohn außerhalb von Toulouse aufhielten? Alles andere war zu gefährlich.
    Nun, so sehr sie Roç schätzte, erregender war es für sie allemal, wenn sie in Miravals Armen lag. Nicht nur, weil er sie auch

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