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Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Erlebnisses, suchte ich Seine Gnaden, den Bischof von Uzès auf, der sich derzeit mit Erlaubnis Eures Vaters in der Stadt aufhält, um ihm alles zu berichten. Er war wie ich der Meinung, dass die Wege Gottes mitunter den menschlichen Verstand übersteigen.“

    Ungewohnt schweigsam ritten sie zurück. Als sie im Château ankamen, war das Jagdessen abgesagt. Die Nachricht von der Eroberung Lavaurs und der Steinigung der Dame Giralda war eingetroffen. Erschütterung, Wut und Trauer hielt das Rote Schloss gefangen, zumal es hieß, dass sich das Heer der Kreuzfahrer nun auf Toulouse zubewege.
    Graf Raymond lag mit einem Schmerzanfall darnieder, war aber fest entschlossen im Kampf und nicht im Bett zu sterben. Im Beisein der Familie, des Sprechers der Konsuln sowie einer Handvoll Vertrauter diktierte er Balthus bis spät in die Nacht hinein Botschaften an seine Verbündeten, sprach vom ruchlosen Feind, der sich aufgemacht hätte, ihn aus seiner Stadt zu vertreiben.
    Zuletzt befahl er Leonora und Sancha, sich binnen einer Woche in Sicherheit zu bringen. „Die Gefahr ist groß“, sagte er. „Reitet mit euren Damen zurück nach Zaragoza, wo ihr unter dem Schutz eures Bruders steht. Pater Sola und der Herr von Miraval werden euch begleiten. Beide sind Männer des Wortes, nicht des Kampfes.“
    Weinend fielen sich die Schwestern in die Arme. Das Mysterium der Kreuze besaß keine Bedeutung mehr.

11.

    Damian wusste zuerst gar nicht, wo er war, als er mitten in der Nacht hochschreckte. Er lauschte: Niemand schnarchte. Der Atem der Brüder ging gleichmäßig. Hatte er nur schlecht geträumt?
    Da vernahm er von draußen Hufgetrappel. Reiter? Mitten in der Nacht?
    Mit einem Mal begann sein Herz zu pochen und die klebrige Angst kroch in ihm empor, die damals in Carcassonne jedem angehaftet war, ob groß, ob klein.
    Er erhob sich leise, trat barfuß ans Fenster des Dormitoriums und löste vorsichtig den Bolzen des Ladens. Als er durch den schmalen Spalt lugte, begann sein Herz noch wilder zu klopfen. Ritter! Eher Schemen als lebendige Wesen, aber es waren Ritter! Ihre Helme schimmerten im Mondlicht. Was wollten sie hier im Kloster?
    Mit einem Mal kam der dicke Marcellus in sein Blickfeld, und Damian beobachtete verblüfft, wie er die Ankömmlinge unterwürfig begrüßte. Was war hier nur los?
    Damian beschloss, seinen Freund zu wecken.

    „Das sind Kreuzfahrer“, flüsterte Olivier.
    Damians Augen weiteten sich vor Schreck. „Montfort?“
    „Wer sonst, zum Teufel! Das kann nur bedeuten, dass ...“
    „Aber was tut er hier?“
    „Pst! Ruhe!“, zischte hinter ihnen einer der Novizen.
    Olivier hob die Brauen und legte den Finger auf den Mund.
    Im Hof sprang jetzt ein Fackellicht nach dem andern auf. Knappen führten Pferde zur Tränke. Marcellus, begleitet von einem hochgewachsenen Ritter, hielt auf das Haus des Abtes zu. Er gestikulierte mit ihm Mondlicht wächsernen Händen.
    „Lass uns abhauen!“, flüsterte Olivier. „Sofort!“
    „Abhauen?“ Damian schluckte. Doch Olivier schob bereits sachte den Laden auf. „Jetzt oder nie.“ Er setzte sich rittlings aufs Fensterbrett, schwang die Beine hinaus und kletterte behände am Weinstock hinab.
    Damian dachte an die frérèche, aber vor allem an die Kreuzfahrer, und folgte ihm.
    Unten angekommen umrundeten sie im Schutz mannshoher Ginstersträucher das Dormitorium und drückten sich für eine Weile in eine der Scheinarkaden, die den anschließenden Kapitelsaal zierten. Niemand schien ihre Flucht bemerkt zu haben.
    „Je nun, besser gerannt als verbrannt!“, flüsterte Olivier. „Komm!“
    Wie Diebe in der Nacht schlichen sie in geduckter Haltung zum Klostergarten hinüber, der von einer dichten, schulterhohen Buchsbaumhecke gesäumt war. An einer bestimmten Stelle zwängten sie sich hindurch und ließen sich auf der anderen Seite erleichtert ins Gras fallen.
    Argwöhnisch sah sich Damian um ... Bei Nacht gefiel ihm der Garten nicht. Da war das tiefe Blätterrauschen. Das Knacken der Zweige. Die seltsamen Steinfiguren. „Ehrlich gesagt, wie der Eingang zum Paradies kommt mir dieser Ort nicht vor. Wo um alles in der Welt sollen wir uns hier verstecken?“
    „Erst einmal zur Eselsfeige! Steh auf!“
    Sie ließen „Die rechte Hand Gottes“, einen sonderbaren Felsbrocken, der selbst bei Tag unheimliche Schatten warf, links liegen, wie auch die Heliotrop- und Rosenbüsche. Im Zickzack ging es durch den terrassenförmig angelegten Olivenhain, wo sie über mehrere halbhohe

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