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Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Wintereinbruch ein weiteres Mal die Pyrenäen zu überqueren? Sie hätte ihm doch so gerne das Castillo und die königlichen Gärten gezeigt, ihm Zibelda und den Narren vorgestellt! Auf dem Rückweg vom Refektorium in den Pilgerturm hatte er ihr heimlich zugeblinzelt. Womöglich lag er jetzt ebenfalls schlaflos im Bett und wusste nicht, was er tun sollte. Ob sie für ein, zwei Sätze zu ihm hinaufschlich? Wirklich nur um zu reden! Es war so manches ungesagt geblieben, nicht nur an diesem Abend. Zugegeben, sie hatte unterwegs viel und oft an ihn gedacht. Auch auf unziemliche Weise. Sancha lachte in sich hinein. "Ich muss denken dürfen, was ich will", hatte sie als Kind einmal zu ihrem Vater gesagt und eigensinnig mit dem Fuß aufgestampft. Dafür war sie hart bestraft worden. Nun, man musste ja nicht übertreiben. Im Grunde wollte sie sich heute wirklich nur mit Miraval unterhalten - aber eben auch sonst immer, wenn es ihr gerade passte! Über Gott und die Welt. Es gab so vieles, das im Gespräch näher beleuchtet werden konnte: Der elende Kreuzzug. Die Ketzerei der Katharer. Erscheinungen, die keiner sah, aber jeder zu sehen vorgab. Mönche und Priester, die - Sancha seufzte - eines Goldversteckes wegen abgeschlachtet wurden. Wir furchtbar! Nie hätte sie so etwas für möglich gehalten. Der Heilige Vater sollte davon erfahren. Sancha gähnte ... Aber vordringlich musste sie mit Miraval über diesen Jungen reden ... erst neun Jahre alt ... Maries Neffe ... Hüter eines gewaltigen Geheimnisses. Kaum zu glau ...
    Mit einem Mal schrak Sancha wieder auf. Das Herz eine Trommel ... Da war doch noch etwas gewesen, worüber sie mit Miraval hatte reden wollen? Der sonderbare Blickwechsel, den sie aufgefangen hatte, als sie sich an der Tür nach Cadeil und seinem Kaplan umgedreht hatte. Für einen Moment war sie davon ausgegangen, dass die beiden ein falsches Spiel trieben. Doch weshalb? Aber inzwischen war es zu spät, um die Turmstube aufzusuchen. Sicherlich schlief Miraval längst. Aber morgen, bevor er losritt, musste sie unbedingt mit ihm reden. Sancha übermannte endgültig der Schlaf.

13.

    Nachdem Damian und Olivier einen weiten Bogen um das benachbarte Kloster Saint-Hilaire geschlagen hatten - wobei sie hinter jeder Hecke und jedem Strauch Montforts Leute wähnten -, trafen sie in der dritten Nacht völlig unvermittelt auf zwei Tempelritter zu Pferde. Eine Flucht war unmöglich, ohne dass sie auf sich aufmerksam gemacht hätten, denn sie befanden sich auf einem schmalen, ausgetretenen Saumpfad. Also blieben sie brav am Rande stehen und grüßten.
    Die bärtigen Templer, die noch junge, jedoch wettergegerbte Gesichter hatten, trugen keinen Helm, nur die Goufe. Sie zügelten kurz ihre Rösser, ritten dann aber wortlos an den Novizen vorüber.
    Als sie außer Sichtweite waren, jagten die Jungen so schnell sie konnten, einen mit Brunnenkresse und wildem Kümmel bewachsenen Abhang hinunter und folgten dem Lauf eines mäandernden Flüsschens, der sie, wie sie hofften, nach Norden führte. Nebelschleier lagen über dem Gewässer, und in den Weiden, die den Fluss säumten, flüsterte der Wind. Damian fand es hier fast so unheimlich wie im Biblischen Garten, und er drehte sich immer wieder nach Verfolgern um. Olivier, nahe am Verhungern, wie er sagte, träumte von Hirsegrütze und zog den letzten Rettich aus seinem Gürtel, um ihn mit dem Freund zu teilen.
    Endlich lag die Reihe hoher Zypressen vor ihnen, die die südliche Grenze des Landguts Dérouca kennzeichneten.
    „Jetzt sind wir in Sicherheit!“, stieß Damian erleichtert hervor. „Bestimmt hat Villaine einen Schinken im Salz.“
    „Schinken? Das Wasser läuft mir im Mund ...“ Olivier hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, als sich Damian auf die Zehenspitzen stellte und schnupperte ...
    „Sehnsucht nach der Mutter?“, spottete Olivier.
    „Dummkopf! Riechst du es abermals nicht? Rauch!
    Ein Rascheln, Flattern, Flüstern im niedrigen Kraut, über das ihre bloßen Füße flogen, als sie auf den nächstbesten Hügel zuhielten. Doch kaum waren sie dort angelangt – hinter der Anhöhe säumte dichter Wald die Wiesen - versteckte sich der Mond und es herrschte mit einem Mal pechfinstere Nacht. Die Novizen kamen ins ins Straucheln, kletterten dennoch unbeirrt weiter, bis Damians Angst zur lähmenden Gewissheit wurde: Dérouca brannte! Sämtliche Gebäude im Geviert loderten hell oder waren bereits in sich zusammengebrochen.
    Der Junge sank auf seine Knie und

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