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Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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begann hemmungslos zu weinen.
    Olivier nahm ihn in die Arme. „Verdammt, verdammt“, zischte er, „mögen ihre französischen Knochen auf ewig verfaulen. Rache für Dérouca!“
    „Sie sind alle tot! Ich weiß es“, rief Damian. Außer sich vor Schmerz riss er sich los und stolperte tränenblind nach unten.
    Olivier biss sich auf die Lippen. Bestätigte sich Damians Verdacht, war es an ihm, die Verantwortung für den Jüngeren zu übernehmen. Das erforderte schon die frérèche ... „Warte!“ Er stürzte ihm hinterher. Doch als er unten ankam, war der Freund wie vom Erdboden verschluckt.
    „Damian! Wo, zum Henker, steckst du? Treib den Stachel des Unglücks nicht noch tiefer in dein Herz! Es ist bestimmt nicht so schlimm wie du denkst!“
    Doch statt einer Antwort ... Was zum Teufel war das? Knackende Zweige? Schlurfende Schritte? Da! Ein erstickter Schrei! „ Dieus aida! “
    Kalter Angstschweiß stand auf seiner Stirn, als Olivier mit zwei, drei Sprüngen in die Richtung lief, aus der der Schrei gekommen war. Doch was er dort im schwachen Licht der Sterne vor Augen hatte, verwandelte seine Angst in wilde Wut: Eine mit einer dunklen Kapuze bekleidete Gestalt rang mit Damian!
    Mit einem Aufschrei sprang Olivier den Kerl von hinten an und trat ihm zugleich mit voller Wucht in die Kniekehlen. Der Mann jaulte auf und sackte zusammen. Olivier bekam Damians Arm zu fassen. Doch als er den Freund hochreißen und mit sich ziehen wollte, verspürte er unvermittelt einen brennenden Schmerz an seiner rechten Schläfe - und es wurde um ihn herum dunkel in der Finsternis.

    Eingewickelt in stinkenden Rupfen und an Händen und Füßen stramm gefesselt, kam Olivier wieder zu sich. Zuerst wähnte er sich in einem Leichensack, doch rochen diese für gewöhnlich nicht nach verfaulten Zwiebeln. Stand der Überfall mit dem brennenden Gehöft in Zusammenhang? Doch warum ausgerechnet Dérouca? Montforts Leute waren doch hinter ihm hergewesen, hinter Olivier von Termes, dem Faidit und Rächer seines Vaters!
    Obwohl sein Kopf zum Zerspringen schmerzte, versuchte er überlegt vorzugehen. Als erstes galt es herauszufinden, wo man sie hingebrachte hatte und ob Damian in seiner Nähe war. Olivier besaß einen schlechten Geruchssinn, aber ein ausgezeichnetes Gehör. Er hielt den Atem an und lauschte: Um ihn herum raschelten Mäuse. Und es befand sich mindestens ein menschliches Wesen in seiner Nähe, denn jemand atmete tief und gleichmäßig. Nicht Damian. Eher eine ältere Person. Vermutlich ein Mann. Einer der beiden Kerle, die sie überfallen hatten! Olivier konzentrierte sich auf weitere Geräusche. Hundegebell ließ darauf schließen, dass sie sich in der Nähe eines Weilers befanden.
    Mit einem Mal ging das gleichmäßige Atmen in lautes Schnarchen über.
    „Möge dir dein Schandmaul zuwachsen“, zischte Olivier und gab die Lauschversuche auf. Er versuchte, sich zu setzen. Doch bei jeder ruckartigen Bewegung trieb gnadenlos der Specht in seinem Kopf sein Unwesen. Er musste einen schweren Schlag abbekommen haben, auch brannte ihm das rechte Ohr, wie damals, als er einmal der Esse des Burgschmieds zu nahe gekommen war. Olivier biss die Zähne zusammen und schob sich trotz seiner Schmerzen langsam zum Sitzen hoch, wobei sich der Rupfen des Zwiebelsackes eng über sein Gesicht spannte. Ein Versuch, durchs lockere Gewebe zu spähen, schlug fehl: Es herrschte Tartaros` Dunkel “, wie Philippus immer gesagt hatte. Ungeachtet der üblen Lage, in der er sich befand, hätte er um ein Haar schrill gekichert: Ob Philippus, Philippus inzwischen zum Mundkoch des Teufels befördert worden war?
    Olivier hielt es nicht länger aus. Er musste ein Lebenszeichen absetzen, um herauszufinden, ob Damian in seiner Nähe war.
    „Beim bärtigen Ganymed!“, rief er laut - mit dem einzigen Erfolg, dass der Schnarcher ihm, nach einem grässlichen Gurgelton, androhte, das Maul zu stopfen.
    Olivier schluckte hinunter, was ihm auf der Zunge lag. Schließlich brachte es nichts, sich mit jemandem anzulegen, wenn man diesem unterlegen war. Doch es fiel ihm schwer, sich in Geduld zu üben. Erst als der Schnarcher erneut sein Chrr, chrr, chrr ... absetzte, griff er zu einer List: Er nutzte die kurzen Schnarchpausen, um zu pfeifen. Nach dem zweiten Pfiff reagierte der Schnarcher zwar erneut mit einem Schnappen und Gurgeln, dem – ein Fall für den Heiligen Martin! – ein langer Furz folgte, doch danach meldete sich leise pfeifend Damian.
    Olivier pfiff noch

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