Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)
die Hand und fragte Lizerant auf gut Glück, ob es sich bei seinem Beobachter möglicherweise um jenen Ritter handelte, der erst kürzlich hier eingetroffen sei.
Der Komtur hob die Brauen. Sichtlich widerstrebend nickte er. „Bruder Gilon, ein Bretone.“
Sancha zog die Stirn kraus. Gilon? Hatte sie diesen Namen nicht schon einmal gehört? „Ah, ein Bretone“, betonte sie spitz. „Merkwürdig, dabei dachte ich, diesen Mann von irgendwoher zu kennen. Versah er vor Jahren vielleicht Dienst in der Komturei Monzón?“
Sie spürte, wie Roç und Hagelstein sie von der Seite her ansahen, ließ aber ihrerseits Lizerant nicht aus den Augen.
„Dann bringt den Bretonen hierher, Komtur“, setzte Ro ç nach. „Ich bestehe auf einer Gegenüberstellung.“
Doch Lizerant lehnte das Ansinnen ab. Sein Orden sei einzig gegenüber dem Heiligen Stuhl verantwortlich, schnarrte er wieder.
„Nun, wenn das so ist, Komtur“, gab Roç mit fester Stimme zurück, „kann ich Euch nicht weiterhelfen. Entweder Ihr bringt mir den Zeugen oder der Knappe bleibt in meiner Obhut.“
Lizerant grüßte, durchmaß den Saal mit langen, federnden Schritten, wobei er ein weiteres Mal den Arras zum Klingeln brachte, und verließ mit seinem Begleiter die Halle.
Sancha atmete auf, doch nicht für lange. Hagelstein, ernst, sehr ernst, bat Roç und sie um eine Unterredung. Zu dritt zogen sie sich in die benachbarte Rüstkammer zurück, einen düsteren Raum, in dem Pferdeharnische hingen, Spieße, Lanzen, Schlachtschwerter, aber auch Helme und Schilder in großer Zahl.
Dort berichtete der Narr dem Grafen von seiner nächtlichen Beobachtung in Montpellier, als er Olivier gefolgt war. Und obwohl er Sancha heraushielt und sogar den Versuch machte, Oliviers Verhalten zu erklären, lief Roç wutentbrannt in die Halle zurück, packte den Knappen beim Arm und schlug ihn mitten ins Gesicht.
„Wie kannst du unserem Haus nur eine solche Schmach bereiten!", brüllte er ihn an. "Weißt du nicht, was derzeit für deine Herrschaft auf dem Spiel steht?“
Olivier floss das Blut aus der Nase, als Roç ihn auf die Knie zwang und mit dem konfrontierte, was er gerade erfahren hatte. „Hast du am Ende Freude am heimtückischen Töten?“
„Nein, Sénher!“ Der Knappe wischte sich mit dem Unterarm übers blutverschmierte Gesicht und warf Hagelstein einen hasserfüllten Blick zu.
Damian fiel neben ihm auf die Knie. „Verzeiht, aber Ihr tut ihm Unrecht, Sénher!“, stammelte er. „Olivier war sowohl in Montpellier als auch hier in unserer Kammer und hat geschlafen. Ich hätte es hören müssen, wenn ...“
Sancha schloss die Augen. Sie wusste es besser, fand aber, auch Falk von Hagelstein hätte schweigen sollen. Wie stand sie denn vor Ro ç und seinem Vater da, wenn herauskam, was sich in Gellone und Montpellier ereignet hatte, und dass auch sie von Oliviers nächtlichem Streifzug wusste.
Der Trotz des Beschuldigten brachte Roç schier an den Rand des Wahns, weshalb auf sein Toben hin das ganze Schloss zusammenlief. "Mein eigener Knappe bringt Schande über Toulouse!", schrie er beim Eintritt seines Vaters.
Sancha schickte das Gesinde vor die Tür und erklärte Raymond, was vorgefallen war.
Besänftigend legte der Graf von Toulouse die Hand auf die Schulter seines aufgebrachten Sohnes, dann wandte er sich direkt an Olivier. „Sprich! Was hat dich zu dieser Tat bewogen?“
„Sénher, ich habe keine einzige der Taten begangen, deren ich hier bezichtigt werde“, antwortete ihm Olivier leise, während ihm abermals ein Rinnsal aus der Nase floss. „Ich glaube jedoch, dass der Mord an jenem mir unbekannten Templer mit den anderen Untaten zusammenhängt und nicht zuletzt mit meiner misslungenen Entführung.“
Raymond runzelte die Stirn. „Welche Untaten meinst du?“
Olivier erinnerte den Grafen an die getöteten Wachsoldaten im Château Narbonnais. „Sie hat man ebenfalls mit durchschnittener Kehle aufgefunden.“
„Genau! Und einer der Mörder kam mir bekannt vor“, rief Damian. „Es muss ...“
"Du schweigst besser!" Roç funkelte ihn mit finsterer Sturheit an.
Olivier richtete er sich ein Stück auf. „Senhors, ich schwöre bei meinem Leben, ich bin weder über die Mauer zur benachbarten Komturei gestiegen, noch habe ich diesen Ritter getötet oder Feuer gelegt. Und was die Sache in Montpellier betrifft, die Herr von Hagelstein angeblich beobachtet hat, so ist der wahre Mörder vor mir geflohen, hinunter zum Fluss Lez.“
"Junge, sei
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