Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)
sich Montfort und schob mit einer entschlossenen Geste die Pergamentrollen beiseite. Doch plötzlich – Elize traute weder Aug noch Ohr - erdreistete sich die Rocaberti vor ihm das Wort zu ergreifen und nach dem Verbleib ihres Sohnes zu fragen. Sie sorge sich unendlich ...
Elize war zufrieden. Die Rocaberti war keine Rabenmutter. Ihr Herz schlug für ihr Kind, wie es sich geziemte.
„Wir verstehen die Angst einer Mutter um ihren Sohn, Madame“, hörte sie Simon mit ungewohnt spröder Stimme antworten. „Wir sind keine Unmenschen. Ich würde Euch Eure Sorge auch sofort abnehmen, wenn Ihr uns seinerzeit in Béziers nicht so dreist belogen hättet. Euer Junge war damals gar nicht krank. Ihr habt ihn benutzt, um unser Mitleid zu erregen.“
„Belogen?“, platzte es aus der Rocaberti heraus und ihre schönen Augen funkelten zornig. „An Honig und Galle ist Eure Großherzigkeit fürwahr überreich, Graf von Montfort! Ihr nehmt mich am helllichten Tag gefangen, brennt mein Hab und Gut nieder, stehlt mir meinen Sohn ...“
„Und Ihr seid ´uuunerträglich` verstockt, Madame “, ergriff Amaury das Wort und fegte sich ein Stäubchen von der grün- und goldschimmernden Pluviale, „verstockt wie jene Häretiker, unter denen Ihr Euch seinerzeit aufhieltet. Wisset Ihr denn noch immer nicht, wie die Heilige Mutter Kirche mit solchen Leuten verfährt, bevor das endgültige Strafgericht Gottes sie ereilt?“
„Ihr unterstellt mir Häresie, Ehrwürdiger Vater Abt? Ausgerechnet mir, einer Tochter Wilhelms von Montpellier?“ Stolz richtete sich Alix auf. „Es gereicht Eurer Vernunft und Eurem Herzen nicht zur Ehre, mich wie eine Ketzerin auf den Scheiterhaufen stellen zu wollen, nur weil ich es in einer Notlage wagte, Euch um Hilfe zu bitten.“
„Aber Ihr wart in keiner Notlage, Madame“, beharrte Montfort kühl. „Ihr gedachtet vielmehr etwas aus der Stadt zu bringen, das nicht Euch, sondern Eurem Buhlen gehörte, dem Erzbischof von Cahors - und damit der Heiligen Mutter Kirche.“
Amaury und Fulco nickten sich wissend zu.
Die Rocaberti zog die Stirn kraus, atmete hörbar tief ein und aus - vielleicht um Zeit zu gewinnen, wie Elize vermutete, oder um sich die nächste Antwort gründlicher zu überlegen.
„Dieses ´Etwas`“, fuhr sie fort, „war eine Reliquie, die ich auf Wunsch Bartomeus, meines ... Buhlen, wie Ihr ihn nennt, dem Abt von Saint-Polycarpe überreicht habe. Über den Verbleib des Heiligtums ist mir nichts bekannt. Ich hatte seinerzeit, und das gebe ich gerne zu, nur noch eines im Sinn, nämlich mein Kind in Sicherheit zu bringen, nachdem Euer Heer in Béziers so gewütet hat, dass sich gewiss noch heute die Engel im Himmel mit Abscheu abwenden.“ Sie sah auf Amaury: „Wie hieß es seinerzeit aus Eurem Munde, Ehrwürdiger Vater Abt? Tötet sie alle, Gott wird die Seinen schon erkennen?“
Amaurys rechte Hand schlüpfte aus dem Brokatärmel. Er sprang auf, deutete auf sie und schrie: „Ich lasse Euch brennen, wenn Ihr Euch nicht augenblicklich auf Eure christlichen Tugenden besinnt!“
Die Gefangene, nur leicht errötet, verbeugte sich knapp vor dem Abt und meinte - kaum dass ihre Stimme zitterte: „Ich anerkenne, dass Ihr stärker seid als ich, Ehrwürdiger Vater. Doch sollte ich in der Weise gesündigt haben, wie Ihr mir vorwerft, so wird mich der Herr im Himmel gewiss ein zweites Mal brennen lassen, wobei meine Qualen dort um vieles größer und länger sein werden. Ich fürchte mich daher nur wenig vor Euch. Ich weiß, der Herr ist gerecht und gut. Das werdet sogar Ihr nicht leugnen können.“
„Schwätzt nicht so töricht herum“, donnerte nun Bischof Fulco, „Ihr seid eine Diebin. Ihr habt Rom und somit Gott bestohlen!“
„Aber was soll ich Rom denn gestohlen haben?", entgegnete sie ärgerlich. "Eine weitere Phiole? Vielleicht mit dem letzten Atemzug der heiligen Paula?“
Nun stockte Elize aber doch der Atem. Blasphemie! Die Frau ging zu weit ...
Der Tumult war groß - bis Simon die Hand hob.
Doch da entschuldigte sich die Rocaberti bereits. Ihre Worte seien unbedacht gewesen, meinte sie mit leiser Stimme, und einzig auf ihre übergroße Sorge um Ihren Sohn zurückzuführen. „Bei der Heiligen Jungfrau“, bat sie ein weiteres Mal, „sagt mir doch offen, Graf von Montfort, wie es dem Jungen geht und was genau Ihr mir vorwerft!“
„Wir nehmen Eure Entschuldigung an, doch mit Eurer Verstocktheit begeht Ihr den größten Fehler Eures Lebens, Madame “, antwortete ihr
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