Sand & Blut
solange wir hier sind.« Till zog Meike ins Wasser und sie ließ ihn gewähren. Till hatte recht. Es war totaler Blödsinn, sich zu streiten. Konnys Arroganz und sein Egoismus gingen ihr halt meistens auf den Keks. Seit sie im Urlaub waren, sogar noch öfter. Sie verstand nicht, wie Doreen es mit ihm aushielt. Aber sie stand ihm in Sachen Selbstsucht kaum in etwas nach.
Er verdient Doreen und umgekehrt, dachte sie, während Till vor ihr einen Handstand machte. Seine Beine ragten aus dem Wasser und er schaffte es, einige Sekunden die Balance zu halten, bevor er umfiel. Doreen lag immer noch im flachen Wasser am Ufer. Schwimmen war eben nicht ihr Ding. Auch Meike tauchte ein paar Mal, aber im Salzwasser brannten die Augen recht schnell. Ihre Schwimmbrille lag noch an Bord. Sie warf einen Blick zu dem Boot hinüber. Vincent saß mit einer Zeitung in einem Liegestuhl. Als ob er ihren Blick spürte, sah er kurz auf. Vielleicht sollten sie hinüberschwimmen und ihm anbieten, ihn abzulösen. Es kam ihr ungerecht vor, dass er auf Deck bleiben musste, alleine, während sie sich hier austobten. Schließlich war es seine Yacht und er hatte sie kostenlos mitgenommen. Meike schwamm zu Till hinüber und teilte ihm ihre Gedanken mit.
»Der kann sich doch selber melden, wenn er was will«, antwortete ihr Freund. »Bist du seine Nanny oder was.«
»Nein, aber es wäre einfach fair, es ihm wenigstens anzubieten.«
»Dann schwimm doch rüber und mach’s. Ich bleibe hier.« Er tauchte wieder und sie sah seinen Körper im glitzernden Wasser davongleiten.
Egoist, dachte sie und warf einen Blick zu Doreen und Konny, die gerade ausgiebig mit Küssen und Fummeln beschäftigt waren. Vielleicht sollte sie wirklich zum Boot zurückschwimmen und Vince Gesellschaft leisten. Wenn er dann noch ins Wasser wollte, konnte er das tun. Oder sie plauderten ein bisschen. Ihr fiel auf, dass sie fast nichts über Vincent wussten. Wenn sie zusammen in der Bar saßen, redete entweder Doreen oder Konrad. Till trank dann einen nach dem anderen und sie selbst hörte nur zu, denn sie hatte keine tollen Geschichten auf Lager. Oder, korrekter ausgedrückt, ihre Geschichten wollte keiner hören. Sie fanden sich alle in erster Linie selbst interessant. Auch Vince hatte zugehört und höfliche Fragen gestellt, aber nichts Persönliches von sich selbst erzählt. Merkwürdig, dass er ihnen trotzdem den Trip angeboten hatte. Ohne Till Bescheid zu geben, nahm Meike Kurs auf die Yacht. Sie kraulte gleichmäßig und schlug dreimal an die Bootswand, als sie das Schiff erreichte. Kurz darauf sah sie Vincents Kopf über der Reling.
»Was ist?«, fragte er und Meike wunderte sich ein bisschen über seinen Tonfall. War er sauer, weil sie ihn auf dem Boot allein gelassen hatten?
»Ich wollte fragen, ob du auch mal ins Wasser willst. Ich könnte dich ablösen.«
»Nein.« Vincent drehte sich um und verschwand aus ihrem Blickfeld.
Der ist angepisst, dachte sie. Auf eine schwer zu beschreibende Art fühlte sich das unangenehm an.
»Hey, Vince, ich kann dich wirklich ablösen!«, rief sie zu ihm hinauf. »Ich hab eh keinen Bock mehr zu schwimmen.« Das stimmte zwar nicht, aber sie wollte ihn keinesfalls frustriert hier zurücklassen und wieder zu den anderen schwimmen, die sich um ihren Gastgeber anscheinend nicht scherten. Eine Antwort von Vince blieb aus. Entweder hörte er sie nicht, oder er wollte nicht antworten. Das fand Meike auch wieder übertrieben.
»Kannst du mir noch ein Wasser runter werfen?« Sie wartete, ob er wieder am Bootsrand auftauchen und ihr eine Flasche geben würde. Doch nichts dergleichen geschah. Gerade wollte sie noch einmal rufen, da hörte sie Vincents Stimme.
»Ich sagte doch, es gibt nichts mehr. Ihr müsst es euch einteilen.«
Wieder so ein Moment. Unwirklich. Unecht. Hatte sie das gerade gehört oder sich eingebildet?
»Dann ... gib mir doch ein Bier! Bier wird doch noch da sein!«, rief sie und versuchte, sich ihre Unsicherheit nicht anmerken zu lassen.
»Teilt es euch ein«, sagte Vince und sie konnte ihn noch immer nicht sehen. »Mehr kriegt ihr nicht.«
Mein Gott, dachte Meike. Der hat einen Sonnenstich.
»Ist dir schlecht, Vince? Kann ich dir helfen?«
Meike dümpelte im Wasser neben der weißen Yacht und die sanften Wellen hoben sie zart auf und ab. Vince schwieg. Auf der Sandbank hörte sie Doreen laut lachen und dann etwas schriller quieken. Wahrscheinlich grapschte Konrad ungebetenerweise an ihr herum. Ein paar Sekunden
Weitere Kostenlose Bücher