Sandra die Detektivin in Jeans
gespalten. Früher hatte eine Schaukel, von Herrn Seibold für die Kinder an einem der Seitenäste befestigt, sie hergelockt. Die Schaukel stand inzwischen auf dem Boden. Dennoch versäumten sie es selten, ihren Baum zu besuchen, wenn sie aus der Stadt hier herauskamen.
Sandra setzte sich auf die Gartenmauer und ließ ihre Beine baumeln. Joschi hangelte nach einem tiefhängenden Ast und versuchte ein paar Klimmzüge.
„Ich finde Natur schön“, bemerkte Sandra versonnen.
„Hm“, machte Joschi verdutzt.
„Lagerfeuer machen, im Wald rumstöbern, zelten. Das finde ich schick. Vielleicht gehe ich zu den Pfadfindern...“
Joschis Hände rutschten vom Ast. Er ließ sich auf den weichen, moosigen Boden fallen, blieb sitzen und starrte Sandra an. Doch Sandra hatte sich abgewendet. Sie beobachtete den Fluß und die Schiffe, die auf ihm fuhren.
Joschi war sich darüber klar, was Sandras plötzlicher Entschluß bedeutete: Mischa war Pfadfinder! Seinetwegen wollte Sandra die Strapazen eines Scout auf sich nehmen.
Im ersten Moment wollte Joschi aufgeben. Dann besann er sich und sagte rauh: „Das hatte ich auch schon lange vor.“ Sandra drehte sich zu ihm um und blitzte ihn empört an: „Ist ja gar nicht wahr! Das sagst du nur, weil ich zu den Pfadfindern will. Mußt du mir alles nachmachen?“
Joschi gab sich erstaunt. „Wieso? Kann doch jeder dran teilnehmen.“
„Ach...!“ Sandra wandte sich wütend ab.
„Es gibt so viele Gruppen da. Zellen nennen sie es, glaube ich. Da brauchen wir uns ja gar nicht zu begegnen“, sagte Joschi bedächtig.
„Wieso?“ fragte Sandra interessiert. „Sind denn nicht alle Pfadfinder bei ihren Treffen zusammen?“
„Glaube ich nicht“, erwiderte Joschi. „Die älteren, die schon länger dabei sind, haben ganz andere Aufgaben als die Neulinge, die sich erst bewähren müssen.“
Das waren ja schöne Aussichten! Dann sah sie womöglich Mischa gar nicht? Wozu brauchte sie dann zu den Pfadfindern zu gehen? „Es ist ja auch noch gar nicht sicher, ob ich es mache“, sagte Sandra überheblich. „Ich hab nur mal so dran gedacht.“
Sie schwang die Beine auf den Boden, trat zum Baum, legte ihren Arm um den Baumstamm und wanderte rund herum. Vor Joschi stoppte sie, blickte hochmütig auf ihn herab und sagte: „Von mir aus kannst du machen, was du willst. Wenn du blöde genug bist, samstags im Wald zu buddeln! Pff...! Ist mir viel zu langweilig.“
Joschi sagte gar nichts. Aber er war tief befriedigt. Er stand auf und klopfte seinen Hosenboden ab.
Sandra ging um die in den Garten eingelassene Treppe, die durch eine Eisengittertür zum Fluß führte, und betrat das Gartenhäuschen an der linken Mauerseite. Das Haus war aus Bruchsteinen gebaut, die von Efeu und wildem Wein bewachsen waren. Es hatte nur einen Raum mit einem Fenster zum Fluß. Ein altes Ledersofa, zwei Korbsessel und ein runder Tisch standen darin. Ein niedriger, offener Regalschrank stand an der Wand. Er war voller Glasscherben und Muscheln. Die bunten Scherben und Muscheln hatten Sandra und Joschi in früheren Ferientagen am Fluß zusammengetragen und heraufgebracht.
Auf dem Steinfußboden, zwischen Ledersofa und dem Fenster, lag ein schwarzes, kunstledernes Tuch.
Sandra hob es auf und betrachtete es. „Joschi!“ rief sie. „Joschi, komm mal! Ich habe was gefunden!“
Joschi eilte herbei. Und Sandra hielt ihm das Tuch entgegen. „Das ist Rainers Nierenschutz fürs Moped. Hier innen steht sein Name. Wie kommt das hierher?“
Joschi zuckte die Schultern. „Hat er vielleicht mal hier vergessen.“
„Quatsch! Er hat doch nur eins! Und das hat er gestern abend umgehabt. Ich hab doch mit ihm gesprochen, als er heimkam.“
„Bist du sicher?“ meinte Joschi, der Sandras Beobachtungsgabe mißtraute. Wer merkte sich schon Einzelheiten an der Kleidung von jemand, den man täglich sah!
„Rainer fährt nie ohne das Ding, seit er sich mal den dollen Hexenschuß geholt hat. Er hätte es also vermißt“, hielt Sandra ihm entgegen. „Ich frag mal Oma.“
Sie schlenderten zum Haus.
„Du, da ist ja meine Mutter!“ sagte Sandra.
„Die sind ja ganz aufgeregt“, stellte Joschi fest. „Ob wir die falschen Wäschebeutel mitgenommen haben? Bist du sicher, daß es nicht eure Wäsche war?“
Sandra zuckte die Schultern. „Dann hätte sie zu Hause sein sollen, als ich von der Schule heimkam. Mist, jetzt müssen wir vielleicht noch mal rausfahren, um alles umzutauschen.“
Doch dann sah sie im Näherkommen,
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