Sands, Lynsay - HG 128 - Doppelspiel aus Liebe
so wütend an, dass er sich sofort abwandte.“
„Nun, wenn sie sich von einem etwas finsteren Blick einschüchtern lassen, dann sind es überhaupt keine richtigen Männer.“
„Mylord, neben Carland wirkt selbst Mr. Haltham wie ein Prinz.“
Radcliffe errötete leicht und schüttelte den Kopf. „Na schön, vorgestern Abend war ein Fehlschlag, und daran war ich natürlich schuld.“
„Gestern Abend brachten Sie mich auf den Ball der Whitmans.“
„Alice Whitman ist keinen Tag älter als neunzehn!“
„Doch Lord Whitman ist mindestens neunzig. Außerdem ist er stocktaub und blind wie ein Maulwurf, was er als Entschuldigung dafür benutzt, dass er jeder Frau buchstäblich ins Mieder kriecht, während er vorgibt, ihr zuzuhören. Gestern Abend erfuhr ich, dass das der Grund sei, weshalb niemand mit einem Namen an seinen Bällen teilnimmt, und deshalb war auch kein einziger freier Mann anwesend -auch keine freie Frau, was das betrifft. Außer mir natürlich“, fügte sie hinzu.
„Soll ich da etwa glauben, dass es heute Abend kein neuer Versuch war, meine Bemühungen, mich vor Unheil zu bewahren, zu vereiteln?“ fuhr sie fort. „Na schön. Ihnen ist also der Ball bei den Sommervilles entfallen. Offenbar bin ich Ihnen ebenfalls entfallen!“
Radcliffe stand beschämt vor ihr. So hatte er es bis jetzt noch gar nicht betrachtet, doch sie war völlig im Recht. Er hatte tatsächlich ihre Bemühungen, einen Ehemann zu finden, vereitelt. Und er hätte dafür auch nicht einmal eine Erklärung gewusst. Er wusste nur, dass die letzten drei Tage die reine Hölle gewesen waren.
Während er sich um Abstand und ordentliches Benehmen bemüht hatte, war das ganze Londoner Jungvolk um sie herumscharwenzelt. Oh, es war ihm keineswegs entgangen, wie man sie anschaute, und das hatte er verdammt ärgerlich gefunden. Immer wenn er einen strahlenden Blick auf sie gerichtet sah, war er fuchsteufelswild geworden.
Sie war einfach zu gut für diese Kerle. Zu gut für sie alle. Wenn er sich nur vorstellte, dass einer von denen das Recht hätte, sie in sein Bett zu nehmen, ihren Körper zu berühren, ihre süßen Küsse zu kosten, die er selbst so gut kannte … allein diese Vorstellung versetzte ihn schon in Wut. Das kam überhaupt nicht infrage. Nie! Nur über seine Leiche! Eher würde er sie selbst heiraten.
Radcliffe erschrak über seine Gedanken. Sie heiraten? Sein Blick glitt über die Gestalt in dem königsblauen Gewand. Im Geist liebkoste er ihre Brüste und erinnerte sich genau daran, wie sie sich in seinen Händen angefühlt hatten. Sofort spürte er ein Sehnen in seinen Lenden, und er schluckte schwer.
Falls er sie heiratete, würde er das Recht haben, ihre Brüste wieder zu fühlen … und noch viel mehr. Er dürfte sie jede Nacht in sein Bett nehmen und sie dort besitzen. Jeden Morgen würde er ihr am Tisch gegenübersitzen … Sie wäre gerettet, und noch wichtiger: Sie wäre sein.
Dann dachte er an Charles und daran, wie merkwürdig er manchmal auf den Jungen reagiert hatte. Er runzelte die Stirn. Falls er die Schwester ehelichte, würde das bedeuten, dass er sich häufig in der Nähe des Bruders aufhalten musste – eine Vorstellung, die ihm außerordentlich unangenehm war.
„Ich benötige Ihre Hilfe und nicht Ihre Einmischung, Radcliffe.“
Erschrocken stellte er fest, dass sie herangekommen war und jetzt unmittelbar vor ihm stand, so dicht, dass er ihren Duft wahrnehmen konnte, und so dicht, dass er sie hätte berühren können. In ihrer Nähe begann sein Herz schneller zu schlagen, und sein Körper reagierte sofort heftigst. Möglicherweise wäre Charles ja an einer Bildungsreise interessiert …
„Ich muss mit deinem Bruder sprechen.“
Radcliffes Äußerung erschreckte und entsetzte Charlie. Sie fasste ihn am Arm, als er den Raum verlassen wollte. „Oh nein. Bitte, Sie dürfen Charles jetzt nicht stören. Sie wissen doch, dass es ihm im Augenblick nicht gut geht.“
„Ja, und ich verspreche dir auch, dass ich ihn nur so lange wie unbedingt nötig stören werde. Doch ich muss mit Charles reden.“
„Aber er …“ Als sie seine entschlossene Miene sah, schob sie sich zwischen ihn und die Tür, fasste ihn bei den Ohren und zog seinen Kopf zu sich herunter. Steif wie ein Brett ließ Radcliffe den Angriff über sich ergehen. Als sie merkte, dass ihr Spiel nicht wirkte, gab sie seine Ohren frei, schob ihre Finger in sein Haar und ließ ihre Lippen leicht über seine gleiten. Sie spürte sein Zögern
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