Sands, Lynsay - HG 128 - Doppelspiel aus Liebe
errötete sie vor Verlegenheit, sprang auf und zog sich hastig die Kniehose an.
„Verdammt, Radcliffe, ich sagte doch, Sie sollten noch einen Moment draußen warten!“
„Ja … ich … an … Bessie kam gerade die Treppe hoch“, erklärte er ziemlich lahm.
„Na und?“ fragte Charlie gereizt und steckte sich das Oberhemd in die Hose.
„Und ich wollte nicht, dass sie mich so sähe.“
Charlie schaute ihn verwundert an. „Wieso denn nicht? Sie sehen doch gut aus.“
„Dies ist noch dieselbe Kleidung, die ich auch gestern Abend trug.“ Mit einem Blick über die Schulter sah er, dass der Junge nunmehr angezogen war, und da drehte sich Radcliffe zu ihm um. „Das gehört auch zu dem, was ich unbedingt mit dir besprechen muss.“
Das erstaunte Charlie. „Sie wollten mit mir sprechen, weil Sie noch die Sachen von gestern Abend tragen?“
„Nicht doch.“ Radcliffe wurde langsam ungeduldig. „Über den Grund, weshalb ich noch dieselbe Kleidung wie gestern Abend trage.“
Jetzt begriff Charlie, und sie hätte beinahe gelächelt. So etwas nannte man wohl „die Stunde der Wahrheit“! Radcliffe wollte ihr gestehen, dass er gestern Nacht ihrer Schwester die Unschuld geraubt hatte. Natürlich hatte er nicht Beth ruiniert, sondern ihre, Charlies, Theatervorstellung der Elizabeth.
Nun, eigentlich hatte sie gestern Abend die Beth gar nicht gespielt, denn Beth liebte ja Tomas und hätte deswegen niemals mit Radcliffe geschlafen. In Wirklichkeit war sie also in der vergangenen Nacht Charlie gewesen, allerdings Charlie, das Mädchen, und nicht Charles, der Bruder.
Ach, du lieber Himmel, das Ganze wurde ja immer verwickelter!
Radcliffe räusperte sich und begann vor ihr auf und ab zu gehen. „Charles, ich dachte mir, du würdest möglicherweise gern eine Bildungsreise unternehmen.“
Er blieb stehen und schaute sie hoffnungsvoll an. Sie jedoch wurde zusehends verwirrter.
„Was hat das mit der Tatsache zu tun, dass Sie sich nicht umgezogen haben?“
„Ah … Ja, also … Ich dachte, falls wir heirateten …“
Charlie sah ihn offenen Mundes an. „Wie bitte?“
„Ich sagte, ich werde deine Schwester heiraten!“ stieß er hervor.
Charlie runzelte die Stirn, denn sie war sich absolut sicher, dass ihr gegenüber von einer Heirat nicht die Rede gewesen war. Zumindest hatte er davon nichts zu ihr als Elizabeth gesagt. Jetzt fiel ihr auch auf, dass Radcliffe selbst gar nicht besonders erfreut über diese Idee zu sein schien.
„Weshalb?“ fragte sie.
„Weshalb?“ wiederholte er.
„Ja. Weshalb wollen Sie sie denn heiraten?“
„Ich … Nun, letzte Nacht … äh …“
„Letzte Nacht … äh?“ wiederholte sie verärgert. Dieses „äh“ beleidigte sie, weil es das, was für sie ein wunderbares Erlebnis war, zu einer Geschmacklosigkeit herabzuwürdigen schien.
„Was heißt ‚äh’?“
„Mir ist bewusst, dass ich nicht mehr besonders glaubwürdig bin.“
„Nicht besonders glaubwürdig?“ Charlie fasste es nicht.
„Ich hatte euch beiden meinen Schutz angeboten und benahm mich dann schlecht“, fuhr Radcliffe fort, als hätte Charlie ihn gar nicht unterbrochen. „Mein Fehltritt tut mir auch furchtbar Leid, nur …“
So hatte er sich die Angelegenheit nicht vorgestellt. Weshalb musste er auch die Ereignisse der letzten Nacht erwähnen? Weil sie ihm schwer aufs Gewissen drückten, natürlich. Und weil er sie wiederholen durfte, falls er Elizabeth ehelichte.
Nein, berichtigte er sich sofort. Er würde Elizabeth nicht heiraten, um mit ihr schlafen zu können, und er hatte sich zu einer Ehe bereits entschieden, bevor er mit ihr ins Bett gegangen war. Was vergangene Nacht geschehen war, hieß lediglich, dass sie umgehend heiraten mussten, damit ein etwaiges Kind nicht allzu bald nach der Hochzeit geboren wurde.
„Was sagten Sie soeben?“
Radcliffe räusperte sich. „Wieso? Was sagte ich denn?“
„Dass Ihnen der Fehltritt Leid tue, und weiter?“
„Ach so, ja.“ Er runzelte die Stirn. „Nun, das ist nicht so wichtig.“
„Was Sie mit meiner Schwester getan haben, ist nicht so wichtig?“
Radcliffe blickte den Burschen argwöhnisch an. Dessen Verhalten hatte jetzt etwas entschieden Bedrohliches an sich. „Selbstverständlich ist es wichtig“, versuchte er sich herauszureden. „Doch es hat tatsächlich nichts damit zu tun, dass ich bereit bin, deine Schwester zu heiraten.“
„Sie wollen meine Schwester also heiraten, weil …?“ Der Junge wartete ab.
„Damit niemand
Weitere Kostenlose Bücher