Sanfter Mond - Hawthorne, R: Sanfter Mond - Dark Guardian - 02 Full Moon
sich sowieso nicht erfüllen, es sei denn, du wüsstest, was ich mir wünsche.«
Wieder bedauerte ich, das Fest verlassen und mich in diese Lage gebracht zu haben. Ich liebte zwar das Abenteuer, aber jetzt war ich dabei, meine Komfortzone zu verlassen. Wir steuerten unerforschtes Territorium an, was sowohl aufregend als auch beängstigend war.
»Du solltest nichts sagen, was du hinterher vielleicht bedauerst«, warnte ich ihn.
»Ich denke ständig daran, dich zu küssen.«
Das war nicht gerade das, was ich hören wollte. Ach, ich will niemandem etwas vormachen. Jedes Mädchen stellt sich gern vor, dass ein toller Typ davon träumt, sie zu küssen. Aber jetzt war mir klar geworden, dass ich mich damit auseinandersetzen musste.
»Das solltest du nicht«, mahnte ich ihn streng und versuchte, die Kontrolle über die Situation zu behalten, was zunehmend schwieriger wurde.
»Ich sollte mir dich auch nicht als Gefährtin wünschen und tue es trotzdem.«
Der Schock, den sein wehmütiges Geständnis mir versetzte, fuhr mir in die Glieder und machte mich schwindelig.
Ja, wir starrten einander von Zeit zu Zeit an, aber er hatte nie zu erkennen gegeben, dass er mehr in mir sah als einen Teil unseres Rudels. Es war, als geriete der Boden unter mir ins Wanken.
»Was ist mit dem Mädchen, deren Namen du dir auf die Schulter hast tätowieren lassen?« Die keltischen Symbole sind immer kompliziert und nicht zu entziffern, nur lesbar für den jungen Mann, bis er ihn seiner Gefährtin erläutert.
»Mein Gott, Lindsey, ich dachte du wüsstest es mittlerweile …«
Es verschlug mir den Atem. »Es ist mein Name? Warum hättest du das tun sollen? Du wusstest doch, dass Connor und ich … dass wir … warum hast du mich ausgewählt?«
»Weil du es bist, die ich will.«
Seine Stimme klang so sicher - keinerlei Zweifel schwang darin mit. Wie konnte er derart überzeugt sein?
»Das ist doch nicht … das kannst du doch nicht ernst meinen. Komm schon, Rafe, du weißt doch, dass ich mit Connor zusammen bin.«
»Und warum? Weil ihr schon immer zusammen wart? Was ist, wenn er nicht der Richtige ist? Was ist, wenn er nicht dein wahrer Gefährte ist?«
Es ärgerte mich, dass er die Zweifel aussprach, die mich seit einer Weile quälten. »Das ist nicht fair, Rafe. Warum sagst du mir das jetzt? Warum nicht letztes Jahr, bevor Connor mich zu seiner Gefährtin erklärt hat.«
»Weil ich letztes Jahr nicht wusste, dass meine Gefühle sich so entwickeln würden. Als ich dich nach meiner Rückkehr aus dem College zum ersten Mal wiedergesehen habe, war mir, als würde ein Baum auf mich niedersausen. Ich
habe versucht, dagegen anzukämpfen … gegen diese Anziehungskraft. Das musst du mir glauben. Aber stattdessen wird sie immer stärker.«
Ich war verunsichert und konnte nicht denken. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
Schließlich unterbrach er die Stille und fragte: »Denkst du manchmal daran, mich zu küssen?«
Der Traum rauschte in meinem Kopf. Offensichtlich hatte sich mein Unterbewusstsein damit befasst, ihn zu küssen, aber das wollte ich nicht zugeben.
»Ich bin mit Connor zusammen«, sagte ich ernst. Seit meinem sechzehnten Geburtstag waren wir offiziell zusammen. Er war wie ein alter Bademantel, den man immer weiter trägt, auch wenn er schon ganz zerschlissen ist, weil er im Laufe der Jahre immer gemütlicher wird und sich wie eine zweite Haut anfühlt.
»Das ist keine Antwort«, beharrte Rafe.
»Es wäre Connor gegenüber nicht fair.« Deutlicher wollte ich nicht zugeben, dass ich in diesem Moment keinen größeren Wunsch hatte, als ihn zu küssen.
Er tat einen tiefen Seufzer. »Warum kann Connor kein Blödmann sein? Das würde alles vereinfachen. Ich könnte ihn einfach herausfordern …«
»Wag es bloß nicht!«, rief ich und war kurz davor, in Panik zu geraten. Wir waren menschlich, hatten jedoch auch einen tierischen Anteil, und in unserer Welt war eine Herausforderung keine leichtfertige Sache. Eine Herausforderung bedeutete einen Kampf auf Leben und Tod.
»Dann magst du ihn also wirklich«, sagte er, als würde diese Offenbarung ihn überraschen.
»Natürlich mag ich ihn.«
»Aber liebst du ihn auch?«
Ich wusste, ich sollte mit einem lauten Ja antworten, aber meine Zweifel traten erneut zu Tage. Ich liebte Connor tatsächlich, aber war meine Liebe zu ihm stark genug?
Ich schaute verstohlen in Rafes Richtung, der gen Himmel starrte, als wäre meine Antwort dort zu finden. Das silbrige Licht der Sterne und
Weitere Kostenlose Bücher