Sanfter Mond - Hawthorne, R: Sanfter Mond - Dark Guardian - 02 Full Moon
einfach eine Weile für mich sein.«
Er sah mich mit seinen tiefblauen Augen an, und einen Moment lang wirkte er traurig. Mein Herzschlag geriet fast ins Stocken. Ich wollte mich entschuldigen, dass ich mich mit Rafe davongestohlen hatte, aber ich hatte Angst, das könnte die Sache noch schlimmer machen. Ich wollte Connor nicht wehtun. Und die Wahrheit würde ihn verletzen. Schließlich nickte er. »Also hör zu, die Sherpas machen sich morgen früh auf den Weg zum Parkeingang, damit wir rechtzeitig zurück sind, um die Pfadfindergruppe zu führen, die uns angeheuert hat. Ich dachte, wir könnten bei Lucas mitfahren. Er ist mit seinem Jeep hier.«
»Ich bin pünktlich.«
»In Ordnung, bis dann.«
Ich wusste, ich hätte noch mehr sagen sollen, aber Schuldgefühle schnürten mir die Kehle zu. Ich eilte die Treppe hinauf und den langen Flur entlang, vorbei an den geschlossenen Türen der Schlafräume. Nach einer Biegung stieß ich auf Kayla und Lucas, die ineinander verschlungen am Fenster standen und sich küssten; ihre Silhouetten wurden in blasses Mondlicht getaucht. Bei der Hitze, die sich zwischen ihnen entwickelte, war ich überrascht, dass die Fensterscheibe nicht beschlagen war. Sie waren so miteinander beschäftigt, dass sie mich nicht hörten.
So lautlos wie möglich zog ich mich zurück und sank in die Hocke. Ich presste den Rücken an die Wand und spürte den überwältigenden Drang zu weinen. Ich weinte fast nie, aber plötzlich fühlte ich mich ganz verloren und unsagbar einsam.
Warum hatten Connor und ich uns nicht auch eine Ecke zum Knutschen gesucht? Wo war unsere Leidenschaft? Würde sie nach meiner ersten Transformation zu Tage treten? Würden wir dann unsere Hände nicht voneinander lassen können?
Ich dachte an Rafe und wie sehr ich mich danach gesehnt hatte, dass er mich berührte und küsste und wie schwer es gewesen war, mich von ihm zu entfernen, als ich mich am liebsten in seine Arme geworfen hätte. Aber das war nichts weiter als Lust gewesen. Nur eine rein körperliche Reaktion. Liebe war mehr als das. Liebe war etwas Innerliches. Liebe wohnte im Herzen und in der Seele. Sie war das Einzige, das zählte. Sie war …
Meine Gedanken wurden jäh unterbrochen, als Lucas um die Ecke kam und fast über mich gestolpert wäre. »Hoppla! Lindsey, Entschuldigung!«
»Sucht euch beim nächsten Mal gefälligst ein Zimmer«, ärgerte ich ihn und stand auf.
Er machte einen beschämten Seufzer, weil ich ihn bei einer leidenschaftlichen Umarmung gesehen hatte. Es schien mir fast, als wäre er rot geworden. Er war der verschwiegenste Junge, den ich kannte. Ich hatte keine Ahnung, dass er sich für Kayla interessierte, bevor sie offiziell ein Paar wurden.
Ich spürte deutlich, dass er mich beobachtete. Er konnte
einen ohne Worte ins Kreuzverhör nehmen. Ich hatte keine Lust darauf. »Gute Nacht«, sagte ich.
Bevor ich mich davonmachen konnte, packte er meinen Arm. »Ist alles in Ordnung mit dir? Du wirkst irgendwie verstört.«
Wie würde er reagieren, wenn ich ihm meine Zweifel bezüglich Connor anvertraute? Da er sowohl mit Rafe als auch mit Connor befreundet war, würde es ihn in eine Zwickmühle bringen. Ich entschied, dass es besser war, wenn so wenige Leute davon erfuhren wie möglich.
»Ich bin gerade in ein nicht ganz jugendfreies Date geplatzt und will den Anblick möglichst schnell vergessen. Und jetzt geh ich schlafen.«
Zu meiner großen Erleichterung ließ er mich gehen. Als unser Rudelführer glaubte er, auf uns alle aufpassen zu müssen, aber ich glaubte nicht, dass er mir bei meinem Problem eine Hilfe sein könnte.
Ich ging in das Zimmer, das ich mir mit Kayla und Brittany teilte. Kayla saß auf dem Bett, während Brittany ihre Matte ausgerollt hatte und Sit-ups machte. Nach den Schweißperlen auf ihrer Stirn zu urteilen, hatte sie ihr abendliches Trainingspensum von einhundert fast geschafft. Ich zog es hingegen vor, mich mit einem guten Buch ins Bett zu legen.
»Wo bist du gewesen?«, fragte Brittany keuchend, ohne ihr Training zu unterbrechen.
»Was denkst du denn? Bei Connor natürlich.«
»Dann warst du wohl unsichtbar, denn er hat nach dir gesucht.«
Ich ließ mich auf mein Bett fallen und streifte die Schuhe ab. »Ich wollte nur ein bisschen allein sein.«
Sie beendete ihre Sit-ups und machte ein paar Dehnübungen. »Und warum sagst du das nicht gleich?«
Schuldgefühle . »Vielleicht mag ich nicht gern ins Kreuzverhör genommen werden.«
»Ich habe dir nur eine
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