Sankya
Sommer erwärmte sich die Platte und Sascha und der Vater lagen lange auf ihr und schmorten. Wenn die Sonne unerträglich wurde, gingen Saschka und der Vater bis zu den Knien ins Wasser und übergossen die Platte mit Wasser – davon wurde sie feucht und kalt, sie war wieder gut geeignet, um sich entspannt darauf zu bräunen und auszuruhen.
Er legte eine große Strecke zurück und da er vor so langer Zeit hier gewesen war, verwechselte er die Treppe – Sascha kam nicht bei Timochas Winkel heraus, sondern weiter flussabwärts. Er musste umkehren.
Der Pfad entlang des Flusses, einst von den Fischern und den Arbeitern ausgetreten, war ganz verwachsen, und Sascha ging mit vorsichtigen Storchenschritten, weil er Angst hatte, auf eine Natter zu treten. Seit der Kindheit hatte er Angst vor Schlangen.
Als er älter war, erfuhr Sascha, dass er bei der Geburt fast gestorben wäre – von der Nabelschnur erwürgt; man sagt, Menschen, die in den ersten Augenblicken ihres Lebens auf dieser Welt einen derartigen Schock erleben, würden sich ihr ganzes Leben vor Schlangen fürchten. Damit begründete Sascha wenigstens seine unglaubliche Angst vor harmlosen Nattern.
Natürlich traf er auf eine Natter, nicht nur auf eine, sondern auf eine ganze Familie, die herausgekrochen war, um sich in der Sonne zu wärmen. Sascha schrie auf, sprang hoch und kam mit gespreizten Beine wieder zu stehen. Die Nattern waren schon weg. Er hätte geschworen, dass die widerlichen Kreaturen weggekrochen waren, während er in der Luft hing.
Fluchend und ein wenig zitternd sprang Sascha durch die Sträucher und lief weiter bis zu jener Platte, auf der er mit dem Vater immer gelegen hatte.
Die Platte war vom Gebüsch ganz zugewachsen, ihr größter Teil ins Wasser gerutscht und mit grünen, schleimigen Unterwasserpflanzen überwuchert. Auf der Platte zu liegen war jetzt ganz offensichtlich nicht mehr möglich.
Sascha spürte bei diesem Anblick ein gramerfülltes Zucken im Herzen – als würde nicht die Platte im Wasser liegen, sondern ein umgestürztes Denkmal.
Sascha blickte sich nach allen Seiten um, überlegte, wo er sich hinsetzen konnte, um sich seiner Trauer zu überlassen. Er setzte sich ins niedrige Gras am Ufer und zündete eine Zigarette an.
Im Dorf, in der frischen Luft, rauchte es sich immer schlechter – in der schwülen Pestilenz der Stadt ist die Zigarette das Allerliebste, auf dem Dorf aber, wo die Lungen eine Schwindel erregende Frische atmen, ist es fast sträflich, sich eine Zigarette anzuzünden.
Sascha wollte sich noch einmal der Schwermut hingeben, die höchst wohlig und mit Zigarettenrauch vermischt war, allerdings drehte sich ihm der Kopf und die Trauer sammelte sich nicht in einem süßen Klumpen unter dem Herzen, sondern kroch als Trägheit durch den ganzen Körper. Er musste die Zigarette mit dem Absatz im Gras zertreten. Zum unverbrannten Tabak, vermischt mit trockener, schmutziger Erde, krabbelten sofort einige Ameisen.
Timochas Winkel, zu dem Sascha nach einigen Minuten kam, war von hässlichen Kletten überwuchert. Es gab keinen Strand mehr, an seiner Stelle hatte sich eine Sandwüste ausgebreitet.
Sascha schlüpfte aus den Schuhen und ging ins Wasser. Das Wasser war kalt und schleimig wie Sauerteig. Den Lehm zu berühren, war unangenehm – mit seiner vernarbten Kälte erinnerte er an das nackte Zahnfleisch eines alten Menschen.
Sascha stieg aus dem Wasser und setzte sich entkräftet auf den schmutzigen Sand. Er blickte sich um, spuckte aus, stand wieder auf. Er begann die Kletten an den Wurzeln herauszureißen, ein widerliches Gewächs mit langen Wurzeln, unbekannte niederwüchsige Gräser, und säuberte den Strand. Das ausgerissene rötliche, trockene, hässliche Zeug warf er ins Wasser. Die Strömung trug es fort.
Nach etwa eineinhalb Stunden war auf dem Strand kein einziges Gewächs mehr geblieben. Nur abgerissene Wurzeln ragten manchmal hervor. Der Strand war nicht hell und sauber geworden, wie er in Saschas Kindheit gewesen war, nein. Es war, als hätte der Strand an einer Infektion gelitten, den Pocken – und er lag mürrisch da, überzogen von Kerben und Scharten.
Sascha kehrte nach Hause zurück, er aß kein Abendbrot. Er stand neben dem schlafenden Großvater, ging hinaus zur Großmutter und sagte, dass er abfahre. Jetzt sofort, er müsse.
Die Großmutter schwieg.
»Du warst doch beim Vater am Grab?«, fragte sie.
»War ich«, log Sascha.
»Wie geht es ihm, ist er aufgestanden?«
Sascha
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