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Sankya

Sankya

Titel: Sankya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zakhar Prilepin
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beobachtet, wie ihr dort … herumschreit«, sagte Besletow sanftmütig und mit professoralem Lächeln.
    Sascha empfand wegen seiner sozusagen politischen Einstellungen schon lange keine Hemmungen mehr. (In Wirklichkeit ging es ihm niemals nur um Politik, sondern um das, was vielleicht den einzigen Sinn seines Lebens ausmachte.) Dieses Mal verspürte er jedoch ein leises Gefühl von Peinlichkeit. Vielleicht wegen seiner rauen Kehle, die gerade erst gebrüllt hatte: »Präsident, hau ab!« Vielleicht auch wegen seiner tiefsitzenden Verbitterung, die ihm immer noch ins Gesicht geschrieben stand. Er war nur zu vertraut mit der groben Miliz, die sie unverständlicherweise dieses Mal nicht hochgenommen hatte: Normalerweise schleppten sie die »Sojusniki« am Ende einer Demonstration auf die Wache, wo diese zum hundertsten Mal fotografiert und ihnen »die Finger abgenommen« wurden.
    Kurz gesagt, Sascha gelang es nicht, sich umzustellen, und er sah Besletow mit einem mühsam erzwungenen sonderbaren Lächeln an.
    Dieser brach plötzlich in ein gutes, weil jugendliches und ehrliches Lachen aus und sagte: »Ihr werdet’s schwer haben.«
    Besletow hatte Sascha eingeladen, zur Uni zu kommen, um miteinander zu sprechen (»Kannst auch Freunde mitbringen …«), und er hatte das so getan, dass Sascha tatsächlich kommen wollte.
    Es gab neben der gütigen Aufrichtigkeit von Besletow noch andere Gründe für einen Besuch.
    Saschas Vater war ein gebildeter Mensch – fast ein Professor, aber Sascha fühlte sich immer wie ein Straßenköter. Vielleicht, weil er nicht studiert hatte und die richtigen Bücher erst nach der Armee zu lesen begonnen hatte, vor der ihn auch die Mutter, eine im Grunde einfache Frau, nicht hatte bewahren konnte.
    Vielleicht fehlte es Sascha an Sicherheit, weil der Vater sich nie mit ihm beschäftigt hatte, er sprach sogar selten mit seinem Sohn. Es war so: Der Vater brauchte den Umgang nicht, und Sascha drängte sich nicht auf, vielleicht war’s auch umgekehrt: Der Vater drängte sich nicht auf, und Sascha brauchte den Kontakt damals nicht.
    Aber seit Kurzem zog es Sascha zu Menschen, die die Welt scheinbar besser verstanden – zumindest mithilfe jener gedruckten Quellen, bis zu denen Sascha es nicht geschafft hatte.
    Besletow hob die Augen oder genauer – er zog die Brauen hoch.
    Mit seinen Allüren erinnerte er immer mehr an einen pathetischen Theaterschauspieler.
    »Sascha?«
    »Wir sind einfach so gekommen.«
    »Ach ja, ich hatte dich eingeladen, ich erinnere mich …«
    Sie standen im Gang. Besletow schüttelte allen die Hand, schaute die Ankömmlinge dabei aufmerksam an und lächelte nicht. Er war nicht groß, hatte glatte dunkle Haare und runde Schultern. Früher, konnte sich Sascha erinnern, mühte sich Besletow die ganze Zeit mit seinem Gesicht ab, als wäre er ständig auf der Suche nach der richtigen Emotion und dem genauen Wort. Jetzt war er ruhig, und seine Wangen hingen ein wenig herunter, wodurch der Gesichtsausdruck leicht angewidert war.
    »Wisst ihr, ich schließe das Institut gerade«, sagte er. »Hier gegenüber gibt’s ein billiges und ruhiges Café. Vielleicht setzen wir uns dorthin? Auf eine Tasse Tee?«
    »Gehen wir«, stimmte Sascha zu, obwohl er nicht mehr sehr viel Geld hatte.
    »Ich schaue noch im Dekanat vorbei und … komme gleich …«, versprach Besletow. Die Jungs gingen wieder an dem strengen Wärter vorbei und waren zwei Minuten später im Café. Es war halbleer, und die Musik spielte tatsächlich leise. In der Ecke flimmerte ein Fernsehgerät. Auf dem Bildschirm waren Männer in Helmen und auf Motorrädern zu sehen. Sie fuhren im Kreis, fielen oft hin und wirbelten in den Kurven Dreck auf.
    Die Karte wurde gebracht. Sascha hob das erste Blatt des in Leder gebundenen Heftes mit dem Zeigefinger an und wusste schon, dass er nichts bestellen würde.
    »Ich habe noch Geld«, sagte Rogow. Niemand hatte ihn danach gefragt, aber die Frage hing in der Luft. Natürlich hob sich bei allen die Stimmung.
    »Ein Bier?«, fragte Rogow.
    »Ich nicht«, sagte Negativ.
    »Tee?«
    »Ich will nichts.« Negativ verstand es, so abzulehnen, dass niemand mehr etwas vorschlug.
    Alle begannen zu rauchen und sahen sich um.
    Besletow kam bald, streng, in einer kurzen Jacke, mit einer Aktentasche.
    Als er die Jacke auszog, bemerkte Sascha Besletows beginnenden Bauchansatz.
    Er setzte sich schweigend, stellte die Aktentasche neben den Stuhl, nahm seine Zigaretten raus.
    »Er hat keine

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