Sarah Boils Bluterbe (German Edition)
nun eine riesengroße Baustelle. Ein neues Freizeitbad mit Eislaufbahn sollte gebaut werden. Leise schlichen wir, uns immer wieder umsehend, durch die vom Laternenlicht nur schwach beleuchteten Straßen. Hinter uns in gebührenden Abstand folgten Tomassos Männer. Lionel hatte ihnen den Auftrag erteilt, sie sollen uns Rückendeckung geben, jedoch erst eingreifen, wenn es nötig wäre. Meine Instinkte waren geschärft und auch Lionel suchte immer wieder die Gegend ab. Er griff in die umliegende Dunkelheit, er war aufs Extremeste angespannt. Es erwies sich für mich als äußerst schwierig Untote zu lokalisieren, denn dadurch, dass uns bereits Vampire begleiteten, wusste ich nicht, ob noch andere Artgenossen in der Nähe waren. Als wir den kleinen Pfad erreichten, der über die Wiese direkt in den Rosengarten führte, zog Lionel mich zu sich und flüsterte: „Wenn das vorbei ist, dann trennen sich unsere Wege. Es ist für dich das Beste. Ich bin was ich bin, wir werden es nie ändern können.“
„Scheiße, das sagst du jetzt wo ich gleich kämpfen muss? Das letzte Mal sagtest du das in der Kirche und bist dann mit dem Lederbeutel abgehauen. Was kommt als nächstes?“
„Nein, hab keine Sorge, ich bin Lionel. Und ich werde auf deiner Seite stehen. Aber ich habe eingesehen, dass ich dich ständig in Gefahr bringen würde.“
Ich schluckte. Er hatte Recht.
„Und wenn...wenn es eine Möglichkeit gäbe...also mein Vater...“
Er legte mir sanft seinen Finger auf die Lippen: „Sag jetzt nichts mehr, du weißt, es geht nicht. Dann wäre es längst geschehen. Eines Tages werde ich vielleicht wieder so, wie am ersten Tag, als wir uns begegneten. Und dann musst du mich vernichten. Doch das würde ich nicht zulassen. Du würdest mit dem Herzen entscheiden, ich jedoch würde dich dann bedenkenlos töten.“
In diesem Augenblick durchzog ein stechender Schmerz meine Brust. Er hatte Recht - wir wussten es beide. Dennoch zog sich meine Brust zusammen, dieser stechende Schmerz in meinem Körper und die Angst vor dem Verlust, ließ mich taumeln und ich japste nach Luft. Lionel blieb abrupt stehen. Mary und Iris hatten unsere kleine Aussprache nicht mitbekommen und blieben ebenfalls ein paar Schritte von uns entfernt stehen und beobachteten uns mit besorgten Gesichtern. Es war wie in einem schlechten Krimi oder einem der Märchen der Gebrüder Grimm, aus denen man etwas lernen sollte. Mir fiel sogleich Jean Cocteau ein, La Belle et la Bête, aber hier gab es kein Happy End. Der bittersüße Schmerz, der sich wie ein dunkler Mantel um mich gelegt hatte, ließ nicht nach. Ich ballte die Fäuste und versuchte zu atmen. Lionel legte vorsichtig den Arm um mich.
„Ich weiß nicht, wie du fühlst, aber ich glaube dir, dass es sich nicht angenehm anfühlt.“
„Du verdammtes Arschloch“, krächzte ich. „ Wie kann man nur so kalt sein? Ich habe dich gesehen, immer wieder, da ist etwas in dir, du musst es nur zulassen.“
„Nein Sarah, da ist nichts. Mach dir nichts vor. Ich empfinde nicht wie du, ich ertaste die Welt mit meinem Geist. Ich spüre nicht mehr das Herzklopfen, dass ihr Menschen in euch tragt, wenn ihr liebt. Es ist zu deiner eigenen Sicherheit. Ich kann nicht mit Menschen verkehren. Der Geruch deines Blutes wird immer eine Verlockung für mich sein. Mein Herz schlägt zwar, aber es ist nur noch ein Motor der mein Blut durch den Organismus pumt. Es ist eine reine Ansaugpumpe. Versteh doch. Schalte deine Gefühle ab. Lieb mich bitte nicht.“
„Du spinnst doch, wer liebt denn hier? Ich ganz bestimmt nicht.“
„Sicher, darum atmest du auch so schwer.“
Diesen Sieg trägst du nicht davon, niemals!
„Ich kriege nur keine Luft mehr, ich habe mich verschluckt.“
„Du musst einfach nur weiter atmen und endlich lernen deine Gefühle zu unterdrücken. Dann verschluckst du dich auch nicht.“
Die Provokation in seiner Stimme war nicht zu überhören.
„Ich habe keine Gefühle für dich, ein für alle Male, da ist Null Gefühl in mir.“
„Dann bin ich ja beruhigt.“
Mit diesen Worten ließ er mich los und ging weiter. Seine kühle Reaktion wischte jegliche Gefühlsregung in mir beiseite und ließ meiner Wut wieder freien Lauf. Ich war bereits ganz gut darin geworden, sie einfach herbei zu rufen. Der Krampf in meiner Brust löste sich und ich keifte: „ Halt einfach deine dämliche Klappe und lass uns weiter gehen.“
Er nickte: „Geht doch.“
Das war einer der Momente, in denen mein menschliches
Weitere Kostenlose Bücher