Sarah Boils Bluterbe (German Edition)
irgendwie übernommen. Abe das spielt jetzt keine Rolle mehr.“
Iris machte einen Schritt auf ihn zu und riss den Glimmstängel im Vorbeigehen aus seinem Mund.
„Hier wird nicht geraucht.“
„Du qualmst mit deinen Kräutern die ganze Bude zu, dass man bald erstickt. Was macht das schon für einen Unterschied?“ motzte Lionel und Iris erwiderte bissig: „Eben, es ist genug Qualm hier drin, du musst nicht noch mehr machen.“
Ich hörte den beiden nicht mehr zu. Meine Gedanken kreisten immer nur um das eine Thema. Entweder fuhren wir in den Rosengarten und stürmten den unterirdischen Bunker dieser Monster samt ihren verrückten Anhängern und liefen somit Richard direkt in die Arme, wobei wir vermutlich massakriert werden würden, oder wir überließen das Schicksal der Menschheit einfach den Vampiren. Bei einem Angriff bestand immerhin eine Überlebenschance von Null Prozent. Wir konnten Tomasso und seine Leuten mitnehmen. Das war zumindest ein wenig Unterstützung und Rückdeckung. Dann kämen wir locker auf zwei Prozent.
Ach du Schreck!
Ich presste die Lippen feste zusammen. Vor einigen Wochen hatte ich mit Martin ein Hotel bauen wollen, und nun musste ich meine Stadt beziehungsweise gleich die ganze Welt retten? Das war grotesk.
„Ich gebe es auf, ich weiß nicht, was ich tun soll.“
Tiefes, erdrückendes Schweigen lag im Raum das eine Weile anhielt. Lionel starrte aus dem Fenster und beobachtete die Straße, als er sich schließlich wieder zu uns wandte.
„Ihr seht aus wie sieben Tage Regenwetter. Glaubt mir, ich habe in den vielen Jahren schon Schlimmes erlebt. Wenn ich etwas gelernt habe, dann niemals aufzugeben. Und das rate ich euch auch. Ihr habt bis hierher zusammen gehalten. Mary, Du hast selbst vor mir kein Halt gemacht, du hast es in Kauf genommen, dass ich mich an dir vergreifen könnte. Iris, du hast deine magischen Fähigkeiten preisgegeben, ohne darüber nachzudenken, was für Konsequenzen es haben könnte. Und Sarah, dir muss ich nicht mehr viel sagen. Die Last, die du auf deinen Schultern trägst und mit der du trotzdem immer weiter kämpfst…….“
Einen kurzen Moment brach er den Satz ab, zog die Augenbrauen nachdenklich hoch und fuhr dann fort.
„Was meine Person betrifft, weiß ich nicht was ich sagen soll. Im Moment weiß ich nicht mal mehr wer und was ich bin. Die letzten Jahrhunderte habe ich damit verbracht, vor mich hin zu vegetieren und mit meinen Artgenossen den Tag herbei zu wünschen, an dem wir wieder frei jagen können. An dem wir uns in den Städten satt trinken können. Und dann tauchst du auf, Sarah. Das Amulett. Das Blut meines Erschaffers fließt durch deine Adern. Ich war an seiner Seite ein Tier, gedrillt zu töten, mich an den Menschen zu vergehen.“
Er schwieg eine tödliche Sekunde. Dann fuhr er mit bedrückter Stimme fort: „Die Grausamkeit auszukosten, das Böse in sich zu spüren und es zu leben, das war wie eine Droge, eine Sucht. Du Sarah, hast mich wie ein Magnet in deine Welt gezogen, jeden Tag ein Stückchen tiefer. Ich erinnere mich wieder, wie es war, Mensch zu sein. Als wären tief in mir noch etwas altes Unsterbliches aus jener Zeit. Eine Stille ist dort entstanden, eine Ruhe ist gewachsen, die das Tier in mir zu lähmen scheint. Ich weiß nicht, wie lange es so bleiben wird. Aber eines weiß ich jetzt und hier, ihr dürft jetzt nicht aufgeben.“
Ich schluckte, er hatte Recht. Ich hatte noch immer diesen Schleier vor den Augen, dass er sich vielleicht eines Tages wie mein Vater verändern würde, die Hoffnung stirbt schließlich zuletzt. Doch er hatte mehrmals bewiesen, dass er dessen nicht würdig war und nicht die Kraft dazu hatte. Was immer ihn zeitweilig veränderte, was immer ihn auf meine Seite zog, was immer ihn menschlich machte, es war nur für den Moment. Das musste ich mir immer vor Augen halten.
„Was schlägst du also vor?“
„Nach unserer Flucht am Rhein werden sie denken, dass wir uns verstecken. Angriff ist die beste Verteidigung.“
Lionels Gesicht war entschlossen, seine Augen glasklar und ich versuchte noch einmal in ihn hinein zu sehen. Er ließ mich wieder gewähren. Doch je tiefer ich sein Innerstes erkunden wollte, desto stärker wurde ich zurück gedrängt. Was war sein Geheimnis? Was verbarg er unter den Trümmern seines Daseins? Ob ich es je herausfinden würde?
Kapitel 21
Eine Stunde später parkten wir in der Nähe des ehemaligen Schwimmstadions. Dort, wo die alte Eishalle immer gestanden hatte, war
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