Sarah Boils Bluterbe (German Edition)
noch jemand sein. Lionel wies mit dem Finger die Böschung ein Stück weiter rechts vor uns hinunter und flüsterte. „Wir sind den Weg doch hochgekommen, links waren diese alten Holztüren im Gemäuer, hast du sie gesehen?“
Ich nickte und lauschte erneut in die Richtung.
„ Dort treffen sich die Anhänger der Phintias.“
Fragend schaute ich ihn an. „Bitte wer?“
„ Es ist ein lateinischer Begriff und bedeutet, Freund des Dämon. Eine Gruppe menschlicher Spinner, die glauben, sie können eines Tages zu Unseresgleichen werden. Leider darf man ihre Vorstellung nicht unterschätzen. Aber dazu erkläre ich dir später noch etwas. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt. Einige der Typen da unten drinnen, praktizieren ziemlich alte und gefährliche Rituale. Man weiß nie, wo sie hinführen. Und sie selbst sind alles Laien, sind sich der Gefahr und der Auswirkung nicht bewusst. Aber sie wissen genauestens Bescheid, über das Tor in die andere Dimension. Sie nennen dich selbst die „Erlöser“, sie glauben, sie seien die einzig wahren Diener und treu Ergebenen des Bösen.“
Ja wunderbar, das wird ja immer mysteriöser.
Lionel war mir so nah gekommen, dass seine Worte wie das Flüstern des Windes in mein Ohr hauchten. Dieser kalte Atem war faszinierend. Ein Wesen, dass existierte, nicht lebendig und dennoch einen eisigen und fröstelnden Atem ausstieß. So ein Wesen dürfte es in der Natur bisher noch nicht gegeben haben. Seine Lippen berührten kaum spürbar meinen Hals.
Langsam nervt mich seine Affinität zu meinem Hals.
Ich wollte ihn von mir stoßen, doch irgendetwas hielt mich zurück. Die Hand die nur flüchtig auf meiner Hüfte lag, bemerkte ich erst, als Lionel wieder im Bruchteil einer Sekunde drei Meter vor mir ging.
Wie machte er das bloß?
Sein Gang war elegant und aufrecht. Und der Rhythmus seines Körpers war animalischer, als alles, was mir je begegnet war. Er deutete mir weiter zu gehen und ich folgte ihm, so leise ich konnte. An einer großen Hecke machte er Halt und bog die Äste ohne jegliche Anstrengung beiseite. Auf dem Boden befand sich zwischen weiteren Zweigen ein großes Loch, dass wie ein tiefer Krater eines Vulkans wirkte. Ich beugte mich leicht vor und blickte in das Innere hinein. Es gingen kleine Trassen in die Tiefe und ich suchte fragend Blickkontakt zu Lionel. Er antwortete und diskutiere nicht lange, sondern griff blitzschnell nach meiner Hand. Ein strafender Blick dabei ließ mich wissen, dass ich ihm zu folgen hatte.
Oh nein, da hinein werde ich Dir nicht folgen, da kannst du schön allein hinunter klettern. Ich bin doch kein Maulwurf.
Er zog die Augenbrauen hoch und ehe ich mich versah, legte er seinen rechten Arm um meine Hüften und riss mich über die Stufen in die Tiefe. Meine Füße hoben für Sekunden vom Boden ab und ich glitt schwebend neben ihm her, bis ich wieder festen Halt unter mir spürte. Es war dunkel, man konnte die Hand nicht vor Augen sehen. Ich verließ mich also auf seine Führung und tapste mit ihm die Treppen hinunter. Es roch feucht und modrig. Um mich herum lag undefinierbare Schwärze. Die Luft war stickig. Je tiefer er schritt, desto schwerer fiel es mir zu atmen.
Klettern wir jetzt in eine Hölle hinunter? Oder ist das schon der Höllenschlund?
Lionel flüsterte: „Keine Sorge, die Hölle sieht anders aus, das hier ist dagegen noch ein Ort des Himmels.“
Ich schluckte. Na prima. Soviel zu meiner Theorie, der Himmel wäre hell und klar.
Hatte ich nicht gesagt, er solle das lassen, meine Gedanken zu lesen? Ich war versucht, ihm noch einmal zu drohen, er möge sich meinen Gedanken fernhalten, aber was hätte es genutzt? Er war mir allemal überlegen. Also beschloss ich, ihn auf eine freundliche Weise zu bitten, mich wieder nach oben zu geleiten.
„Können wir das ein andermal machen? Ich kriege kaum Luft hier unten. Es ist außerdem verdammt dunkel hier unten und ehrlich gesagt, fühle ich mich überhaupt nicht…hmmmmpf.“
Lionel presste mit einer nicht mehr wahrnehmenden Geschwindigkeit seine Hand auf meinen Mund. Vor mir tat sich eine kleine, schwache Lichterquelle auf. Wir hatten das Ende des Abstieges erreicht und mussten uns in einer Art Gewölbekeller befinden. Der schwache Strahl, der durch den Mauerschlitz ein wenig Licht spendete, fiel auf Lionels markante Gesichtszüge. Er legte seinen Finger auf die Lippen um mir zu zeigen, ganz still zu sein. Mit der anderen Hand deutete er auf die Mauer. Ich hatte verstanden,
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