Sarah Boils Bluterbe (German Edition)
denn? Also ich meine, ist er anders als ein Mensch?“ fragte Mary neugierig und ich schenkte ihr nur ein dunkles verzweifeltes Brummen.
„Abgesehen davon sollten wir mal überlegen, ob es nicht ratsamer ist, wenn du eine Weile bei mir bleibst, da dir jetzt jeder auf den Fersen ist.“
Sie hatte mein Brummen sofort verstanden und das Thema gewechselt. Erleichtert atmete ich ein Stück auf.
Mary war wirklich eine gute Seele, zwischen Tränen und einem Lächeln jammerte ich:„Ich bin so dumm, wie konnte ich nur. Oh Mary, Martin wird mich auf ewig hassen.“
„Musst es ihm ja nicht gleich auf die Nase binden. Na ja, so schlimm ist es auch wieder nicht. Lionel ist ja nun mal die pure Sünde. Wer hätte da schon nein gesagt. Also ich kann dich schon gut verstehen.“
Ich wollte aber nicht verstanden werden. Und plötzlich war Mary wieder in ihrem Element: „Verstehen kann ich das ja schon, aber nachvollziehen? Schließlich ist er eine blutsaugende Bestie, ein Untoter, der jeglichen Sinn für Leben und Gerechtigkeit verloren hat. Der Menschenleben auf dem Gewissen hat, der sich an den Körpern unschuldiger Wesen labte.....ups....das wollte ich jetzt eigentlich nicht sagen.“
Danke Mary, genau dass wollte ich hören.
Dann wechselte sie das Thema.
„Ich hab da allerdings noch ein paar schlechte Neuigkeiten für dich. Und nach deiner letzten Nacht, weiß ich nicht, was eigentlich schlimmer ist.“
Ich wischte mir die Tränen ab, schnaubte noch einmal wie eine alte Dampflok und verfiel in eine Gleichgültigkeit, die auch Mary spürte.
„Das macht jetzt auch nichts mehr. Schieß schon los.“
Mary räusperte sich: „Du verfällst aber auch von einem Extrem ins andere....Sind ja beängstigend neurotische Züge.“
Sie kicherte in die Muschel und fuhr gelassen fort.
„Also, ich habe mal ein wenig recherchiert und ein paar Nachforschungen angestellt. Das Rad der Weisheit verbirgt noch ein weiteres, dunkles Geheimnis. Wer während des Rituals unter seiner Flamme steht, es scheint nämlich Feuer nötig zu sein, der wird nicht nur unsterblich und unverletzbar, dem wird auch noch die Macht des Bösen zuteil in seiner ganzen Größe und Stärke. Laut Legende wird damit eine teuflische Gottheit prophezeit. Allerdings gibt es ja leider noch das Blutopfer, ohne das alles nicht möglich ist. Wenn ich mich nicht täusche, ist es das Blut aus einem Untoten und einem Lebenden. Also so was wie ein Mischmasch. Na klingelt es bei dir? Erst wenn Gut und Böse zusammen finden, kann das Tor geöffnet werden. Die Hexen haben nicht damit gerechnet, dass jemals ein Wesen wie du das Licht der Welt erblicken würde.“
„Na super, vielen dank auch,“ flüsterte ich.
„Also weiter im Text, im Internet habe ich auch gelesen, dass jeder Zauber, jedes Ritual, das abgehalten wird, immer auch Folgen hat. Vermutlich hat auch darüber damals niemand nachgedacht. Das Hauptanliegen war wohl erst einmal, die Verbannung der Vampire zu sichern. Aber wer einmal die Pforte öffnet, kann sie nie mehr schließen. Dessen waren sich die Hexen scheinbar nicht bewusst, oder sie sind dieses Risiko eingegangen. Tja, und nun die Preisfrage an dich, wer trägt Gut und Böse in sich und wessen Blut muss da wohl geopfert werden?“
Wer kann das wohl nur sein…
Ihre Stimme wurde bedrückend leiser: „Wir müssen was tun, um dich zu schützen.“
Da war sie wieder, die Panik, die Angst im Nacken, die sich paarte mit der inneren Stärke und dem neuen Bewusstsein, dass ich die Macht meines Vaters in mir trug. Gedanken rasten wie ein Tornado durch meine angespannten Gehirnzellen. Ich musste Lionel vernichten, Richard vernichten, ich musste die ganze Meute vernichten. Und genau da lag das Problem. Ich mochte vielleicht die Saat des Grauens in mir tragen, aber ich blieb eine Sterbliche und ein Kampf gegen mehrere mir ebenbürtige Altvampire würde mit Sicherheit mein Tod bedeuten. Das fühlte sich nicht gut an. Gar nicht gut.
„Verdammt Mary;“ meine Stimme war in ein schwaches Flüstern übergegangen. „Es muss doch möglich sein, den Zauber der Hexen erneut anzuwenden. Hast du darüber was im Internet gefunden?“
„Nein, bis jetzt noch nicht,“ Mary klapperte derweil wie eine Verrückte auf ihrer Tastatur rum.
Minuten des Schweigens. Nichts..
„Woher hast du die anderen Informationen gehabt?“
Mary räusperte sich und das Trommeln ihrer Finger auf dem alten Holzschreibtisch hörte sich hektisch und unkoordiniert an. Sie stammelte
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