Sarah Boils Bluterbe (German Edition)
noch lebte. Ihn interessierte wie immer nur seine Arbeit, sein Leben und sein eigenes Wohlbefinden. Mein Handy riss mich aus meiner Lethargie. Das Display blinkte immer wieder brummend auf. Ich wollte nicht dran gehen, musste aber endlich Rede und Antwort stehen. Meine Mutter machte sich wahnsinnige Sorgen und quetschte mich nach allen Regeln der Kunst aus. Sie hatte so viele Fragen, ob es mir gut ginge und warum ich mich nicht mehr gemeldet hätte. Es wurde ein langes und intensives Telefonat. Marys Anwesenheit gab mir Kraft und sie drückte mir immer wieder zur Stärkung die Hand. Ich berichtete meiner Mutter, was sich zugetragen hatte. Ihre Stimme wirkte gefasster, als ich vermutet hätte. Doch ich spürte auch die Angst und Sorge, die sich dahinter verbarg. Leise fragte sie: „Christopher ist nicht tot?“
Ich wusste nicht recht, wie ich antworten sollte. Eigentlich war er es und dann doch wieder nicht.
„Mom, er ist in einer Art Zwischenwelt, in einem zeitlosen Nichts.“
„Was bedeutet das alles?“
Sie versuche den weinerlichen Ton in ihrer Stimme zu verbergen, doch er entging mir nicht. Ich zögerte anfangs, von den Erlebnissen der letzten Tage zu berichten, doch es war meine Mutter, die am anderen Ende der Leitung war und sie hatte die Wahrheit verdient. Ich konnte es ihr einfach nicht verschweigen. Die kurz gefasste Version über meinen Vater weckte längst verlorene Hoffnungen in ihr. Wie ein Flugzeug, das hinter den Wolken verschwand, um dann, wie aus dem Nichts, wieder am hellblauen Firmament zu erscheinen und weiße Streifen am Himmel zu hinterlassen. Eine Spur, ein Überbleibsel aus vergangenen Tagen. Sie hat ihn geliebt, und sie musste ihren Geliebten und Mann für das Leben ihrer Tochter opfern. Welche Schmerzen musste der Verlust in ihr ausgelöst haben? Ich wollte sie auffangen, trösten und suchte nach den richtigen Worten, um auf ihr aufgeregtes Nachfragen zu antworten: „Mom, er ist fort. Und ich weiß nicht, in welcher Dimension er jetzt gefangen ist, aber er hat mich gefunden. Und ich habe ihn gefühlt, ich habe durch seine Augen gesehen. Er hat dich nicht vergessen. Seine Liebe zu dir ist noch genauso stark wie vorher. Die Erinnerung an dich gibt ihm Kraft. Ich hab es gesehen. Ich habe durch seine Augen gesehen.“
Ich hörte meine Mutter am anderen Ende leise weinen. Sie tat es still, kaum hörbar, schluchzte sie in sich hinein, doch ich spürte jede einzelne Träne, die sie in diesem Moment verlor. Ich schluckte, meine Brust zog sich zusammen. Ihre Stimme klang so schrecklich schwach und zerbrechlich: „Sarah, sag ihm, wenn du ihm jemals wieder begegnest, in deinen Gedanken oder Träumen, dass ich nie aufgehört habe, ihn zu lieben. Und dass du ein wunderbares Mädchen geworden bist.“
Jetzt schluckte ich auch. Der Schmerz brach die eisige Kälte in mir, die ich zum Schutz um mich gelegt hatte.
„Mom, er weiß es. Er sieht mich, spürt mich, ist immer bei mir. Aber ich werde es ihm sagen, wenn er noch einmal mit mir in Kontakt treten sollte.“
Meine Mutter wollte umgehend Berlin verlassen und nach Köln kommen, sie wollte in meiner Nähe sein.
„Nein, Mom, das geht nicht. du bist hier in Gefahr. Mach dir aber bitte keine Sorgen.“
Mir fehlten die richtigen Worte und so beendete ich das Gespräch, mit dem Versprechen, mich regelmäßig bei ihr zu melden.
Mary hatte derweil den PC hochgefahren und durchsuchte das Internet nach Informationen und Mythen über die Vampire. Doch nirgendwo fanden wir einen Eintrag, der uns in irgendeiner Weise weiter half. Von Unsinn bis lebensgefährlichem Blödsinn war online alles zu finden. Doch nicht einen wahren, echten Hinweis. Nicht mal das kleinste Zeichen. Es war zum aus der Haut fahren, es musste doch irgendeine Quelle geben, die uns weiter helfen konnte.
„Mary, ich mach mich auf den Weg ein paar Waffen zu besorgen, du suchst bitte weiter. Vielleicht gibt es noch einen alten Hexenzirkel irgendwo auf diesem Planeten, der uns eventuell helfen kann.“
Sie nickte und ich verließ mit den Worten: „Verriegle bitte die Türe“. Mein erster Gedanke, ein Schreiner musste her. Ich könnte dort sagen, dass ich für den Garten einige Holzpflöcke bräuchte, um mein Blumenbeet abzustecken. Die nächste Frage, die ich mir stellte: Konnten Silberkugeln wirklich Vampire töten? Oder war auch das eine Erfindung Hollywoods? Der einzige, der mir diese Frage beantworten konnte, war Lionel. Doch bei ihm konnte ich nicht sicher sein, ob er mich
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