Sarg niemals nie
schuldig.«
»Wirklich?«
»Eigentlich bin eher ich ihm etwas schuldig, aber wenn wir es richtig anpacken, bemerkt er den Unterschied vielleicht gar nicht. Mein allerwertester Mister Washpole!«
Der korpulente Mann wandte sich um, und das gerötete Gesicht erstrahlte im schwachen Licht, als er breit lächelte.
»Johnny, mein Junge! Willkommen daheim!« Dann verflog das Lächeln, er runzelte die Stirn und zielte mit einer Gabel, auf der noch ein Stück Wurst stak, wütend auf John. »Sie schulden mir Geld.«
»Vielen Dank für die freundliche Begrüßung, allerwertester Mister Washpole. Darf ich Ihnen meinen guten Freund Frederick vorstellen?«
Washpole betrachtete mich von oben bis unten, so gut es in der dunklen Schankstube möglich war, und legte den Kopf misstrauisch zur Seite.
»Der ist aber ziemlich stark behaart, was?«, flüsterte er gar nicht so leise.
Nun runzelte ich meinerseits die Stirn, doch nach einem raschen Blick erkannte ich, dass die dicke Decke, die ich mir umgelegt hatte, tatsächlich den Eindruck eines pelzartigen Bewuchses erweckte.
»Und hungrig ist er obendrein, allerwertester Mister«, sagte John fröhlich. »Wie schmecken heute Morgen die Würstchen?«
»Wechseln Sie nicht das Thema, wenn ich Schulden eintreiben will«, erwiderte Washpole und zielte abermalsmit der wurstbestückten Gabel auf sein Gegenüber. »Wenn ich mich recht entsinne«, fuhr er mit Nachdruck fort, als wäre dies eine überaus ernste Erkenntnis, »schulden Sie mir sogar eine sehr große Summe Geldes. Mehrere Pfund.«
»Genau das wollte ich mit Ihnen besprechen«, erklärte John. »Wie Sie schon sagten, schulde ich Ihnen Geld, aber verglichen mit Ihrem riesigen Bankguthaben ist dieser Betrag im Grunde so gut wie nichts. Wenn ich so weit bin, den Rückstand zu begleichen, werden Sie den Unterschied kaum bemerken.«
»Das mag zwar sein, Johnny, aber Sie müssen trotzdem zahlen, so oder so.«
»Das will ich gern tun, allerwertester Mister. Aber wäre es Ihnen nicht lieb, wenn ich sogar noch mehr bezahlen würde?«
»Mehr?«
»Mehr. Ich bezahle Ihnen mit Freuden mehr als verlangt, wenn Sie mir einen kleinen Gefallen erweisen.«
»Mehr zu bekommen als notwendig, das wäre mir sehr recht. Um welchen Gefallen handelt es sich?«
»Bestellen Sie für meinen Freund und mich ein Frühstück.«
»Sie geben mir mehr Geld, als Sie mir schulden? Und ich muss Ihnen beiden nur ein Frühstück bestellen?« Er dachte eine Weile über den Vorschlag nach und forschte einstweilen mit der Zunge zwischen den Zähnen nach Essensresten. Nicht lange, und das strahlende Lächeln kehrte in sein Antlitz zurück. Entschlossen legte er die Gabel auf den Tisch, wobei der Bissen Wurst heruntersprang und quer durch den Schankraum flog. »Ist das alles? Dann setzt euch hin und esst! Foxbury!«, rief er nach dem Wirt. »Geben Sie den jungen Männern etwaszu essen, und beeilen Sie sich! Tischen Sie ihnen auf, was Ihr Haus an Köstlichkeiten zu bieten hat!«
Das Mahl war bereits angerichtet. Foxbury trat zu einem freien Tisch im Hintergrund, stellte zwei dampfende Teller mit Würstchen und Stampfkartoffeln ab und brachte gleich darauf noch zwei große Krüge, einen mit Bier und einen mit Milch. Wir setzten uns, und ich fiel sogleich über das Mahl her, während Washpole Foxbury zu sich rief und ihm einen ausführlichen Vortrag über die neue Einnahmequelle hielt, die sich ihm soeben erschlossen habe, denn fortan wolle er den Leuten zu essen geben und dafür Geld verlangen.
»Ein reizender Kerl, findest du nicht auch?« John schenkte sich einen großen Becher Milch ein.
»Hm-hm«, machte ich, denn mein Mund war voll mit fettiger Wurst und Stampfkartoffeln.
»Ich will gar nicht erst versuchen, mir darauf einen Reim zu machen«, erklärte John und nahm die Gabel in die Hand. »Mahlzeit!« Damit stach er in den Essensberg auf seinem Teller, hob eine ordentliche Fuhre hoch und betrachtete sie eine Weile begeistert.
»Willst du denn nicht essen?«, fragte ich ihn, sobald ich hinuntergeschluckt hatte.
»Aber natürlich nicht! Sei nicht albern, Frederick. Wenn ich es esse, ist doch alles weg.«
»Kommt es denn nicht gerade darauf an?«
»Käme es darauf an, das Essen verschwinden zu lassen, könnten wir es auch zum Fenster hinauswerfen. Nein, ich ziehe es vor, die Mahlzeit zu genießen.«
»Das ist eine bedenkenswerte Betrachtungsweise, aber wenn man es macht wie ich, verhungert man wenigstens nicht.«
»Die Gefahr des Verhungerns vertieft
Weitere Kostenlose Bücher