Sarg niemals nie
Name sei Anne.«
»Ob es ein und dieselbe Person war?«, fragte ich.
»Das war aber recht kühn von ihr«, meinte John. »Will sie wirklich ihren eigenen Tod inszenieren?«
»Anscheinend hat sie genau das vor«, bekräftigte Mary. »Sie sagte doch, sie rechne mit einem baldigen Ausbruch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie etwas anderes meinte.«
»Oder sie hat es schon getan«, überlegte ich. »Sie gibt vor zu sterben, steckt dem Bestatter ein paar Pfund zu – das wären dann wir – und lässt uns einen leeren Sarg begraben. Dann segelt sie nach Rom und lebt in Saus und Braus. Frieden, Entspannung … in ewiger Verdammnis als eine von der Hölle geborene Vampirgöttin. Ein richtig schönes Leben.«
»Das hätte mein Leben sein sollen.« Empört verschränkte Gwen die Arme vor der Brust.
In diesem Moment traf Percy ein, völlig außer Atem.
»Ich habe Rufe gehört«, sagte er, »und da ich wusste, dass Sie im Gebäude sind, nahm ich an, Sie hätten etwas Schreckliches … Oh, bei allen Sternen!« Er torkelte vorwärts, als er seinen toten Onkel entdeckte, und wandte sich an mich. »Was haben Sie getan?«
»Nichts.« Ich zeigte ihm den Brief. »Dies ist die Person, die in den letzten Tagen alle möglichen Leute getötet hat.«
»Wenigstens bleibt Ihnen das Beerdigungsinstitut«, tröstete mich Mary. »Die Rückkehr nach Bath ist Ihnen versagt, und irgendeine Beschäftigung brauchen Sie.«
»Glänzende Aussichten«, gab ich zurück. »Dann darf ich mich für den Rest meines Lebens mit Toten befassen.«
»Das ist nicht so schlimm, wie es klingt«, beschwichtigte mich Mary.
»Außerdem darf man die Plagegeister nicht vergessen«, fuhr ich fort. »Ich glaube nicht, dass ich jemals die Vampire aus dem Keller vertreiben kann.«
»Sieh’s doch einfach von der Sonnenseite«, wandte John ein. »Jedes Mal, wenn sie jemanden töten, bekommst du einen Auftrag.«
»Der grundlegende Unterschied zwischen dir und mir«, erwiderte ich, »ist der Umstand, dass ich dies nicht als Sonnenseite betrachte.«
»Der Erhabene ist eine Frau?«, fragte Percy, nachdem er den Brief gelesen hatte.
»Warum fällt es Ihnen allen bloß so schwer, das zu glauben?«, fragte Mary.
»Gehen Sie mit ihr weg?«, fragte Percy. »Bitte sagen Sie Ja.«
»Du meine Güte, nein. Ich bin knapp mit dem Leben davongekommen, als ich vor Harry weggelaufen bin, dabei war er der unfähigste Mörder, den ich je erlebt habe. Für den Rest meines Lebens habe ich genug von Erhabenen.«
John lächelte. »Ich dagegen sehe für mich in Rom eine strahlende Zukunft. Ein angenehm langwieriges undquälendes Siechtum dank der Schwindsucht und danach nichts als Partys und Poesie mit der Herrin der Nacht.«
»Darf ich Sie im Bestattungsinstitut besuchen?«, fragte Mary. »Ein ständiger Nachschub an legalen Toten wäre viel angenehmer, als sie selbst auszugraben.«
»Warum nicht?«, antwortete ich. »Was wäre ein Bestattungsunternehmen ohne einen Ghul?« Lächelnd wandte ich mich an Gwen. »Forderst du immer noch die Hälfte?«
»Kaum«, schniefte sie. »Wachtmeister Barrow hat mich für übermorgen zum Abendessen eingeladen. Er ist ein schwerreicher Mann.«
»Möge Gott ihm gnädig sein«, seufzte ich. »Gib mir Bescheid, falls irgendwo wieder ein anderer reicher Mann stirbt.« Wehmütig faltete ich den Brief zusammen, während ich den toten Mister Gaddie betrachtete. »Tot und reich«, überlegte ich. »Eine Frage, Gwen – hat dein Onkel eigentlich irgendwelche Erben?«
Der Schlüssel dreht – das Tor ist aufgeschlossen
Und öffnet sich in ächzenden Scharnierkolossen.
Und sie sind fort. Vor langen Jahren flohn
Die Liebenden hinaus ins Ungewitter.
Zu diesem Buch
Der verrückteste Horror, den man für Geld kaufen kann: England, im Jahr 1817. Oliver Beard sitzt wegen seiner Gaunereien zu Recht im Gefängnis. Als er die Gelegenheit sieht, eine unrechtmäßige Erbschaft anzutreten, fädelt er seine Flucht ein und lässt sich nach draußen schaffen – im Sarg. Auf dem nahe gelegenen Friedhof steigt er wieder aus dem Grab. Doch er hat nicht damit gerechnet, dass er von nun an eine Schar Vampire am, nun ja, Hals hat, die ihn für ihren auferstandenen Anführer halten – und zu allem Überfluss ist der wahre Vampirgraf auch schon unterwegs, um seine Ansprüche geltend zu machen …
Dan Wells , Anfang dreißig, studierte Englisch an der Brigham Young University in Provo, Utah. Der überzeugte Mormone war Redakteur beim Science-Fiction-Magazin »The
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