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Sarg niemals nie

Sarg niemals nie

Titel: Sarg niemals nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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Hand – sie war lang und knochig wie die eines Skeletts, im Mondlicht weiß wie Schnee, und lief in spitzen schwarzen Fingernägeln aus. »Ich bin Schwarz, und wir sind hier, um dir zu helfen, aus deinem …«
    Er hielt inne, legte den Kopf schief und starrte in mein Grab.
    »Du bist schon aus dem Sarg herausgestiegen!«, stieß er überrascht hervor.
    »Kennen wir uns?«, fragte ich.
    »Er ist bereits aus dem Sarg herausgestiegen«, verkündete er seinen Kameraden. Er sprach gemessen, als wäre seine Aussage von äußerster Wichtigkeit. »Niemand steigt aus dem Sarg, ehe wir gekommen sind.«
    »Jedenfalls hat das zuvor noch nie jemand getan«, bestätigte der Zweite.
    »Genau das meine ich doch«, fauchte der Erste, der Schwarz hieß. »Aber erkennst du nicht, was das bedeutet?«
    »Danke«, sagte ich, um sie wieder auf mich aufmerksam zu machen. »Es ist wirklich nett, dass ihr mir in dieser misslichen Lage beisteht, und ich schwöre, es gibt einen guten Grund für mein Hiersein. Hauptsächlich ist es die Schuld des Totengräbers, denn eigentlich sollte er mir aus dem Grab heraushelfen. Dabei konnte ich ihn schon kaum dazu bringen, mich beim Öffnen des Deckels zu unterstützen …«
    Mein Retter riss vor Erstaunen den Mund auf, und die anderen murmelten etwas Unverständliches. Ängstlich wichen sie einen Schritt vor mir zurück und redeten leise und aufgeregt miteinander. Anscheinend hattensie mich schon wieder vergessen. Nach einer kleinen Weile sprach ich sie an.
    »Entschuldigt, liebe Leute, aber ich fürchte, ich …« Ich ließ den Satz unvollendet, weil sie auf einmal wieder die ganze Aufmerksamkeit auf mich richteten. Irgendetwas an ihrer Haltung hatte sich verändert, nur konnte ich den Grund dafür leider nicht erraten.
    »Du«, begann Schwarz unsicher, »du hast die Gedanken des Totengräbers beeinflusst. Es heißt, manche Brüder seien dazu fähig, aber … aber bisher hat es noch keiner von uns geschafft.«
    »Ich hätte die Gedanken des Totengräbers beeinflusst?«, entgegnete ich. »Ich habe ihn doch nur um etwas gebeten.«
    »Seht nur, wie mühelos er es bewerkstelligt hat!«, raunte einer der beiden, die bisher noch gar nichts gesagt hatten.
    »Fabelhaft«, sagte der letzte, ähnlich schweigsame Geselle.
    »Wir …«, hob Schwarz an, doch dann verstummte er und versammelte seine Gefährten, um abermals flüsternd mit ihnen zu debattieren. Ich schnappte Bemerkungen auf wie »Nein, das kann doch nicht sein« oder »Hier in England?«. Doch letztendlich hatte ich keine Ahnung, worüber sie redeten. Da sie mir nun doch nicht helfen wollten, kämpfte ich mich selbst aus dem Grab hinaus, bis ich auf festem Boden stand und mir die Kleidung sauber klopfen konnte. Währenddessen beobachtete ich sie verwundert. Endlich näherten sie sich mir erneut und knieten zu meinem größten Erstaunen vor mir nieder.
    »Wir bitten um Verzeihung, Erhabener, weil wir dich nicht früher erkannt haben.« Sie sprachen leise und unterwürfig.
    »Hm?«, machte ich, weil mir so schnell nichts Besseres einfiel. Ich wich einen Schritt zurück, wobei ich aufpasste, nicht ins offene Grab zu stürzen, und alle fünf dunklen Wesen rutschten unbeholfen auf den Knien hinter mir her.
    »Wir waren über deine baldige Ankunft im Bilde«, erklärte Schwarz, »aber wir erwarteten dich auf dem Kontinent. Das … entspricht eher der Tradition. Womit wir deine Entscheidung, nach England zu kommen, keineswegs missbilligen.«
    Ich öffnete den Mund und wollte antworten, doch mir fiel beim besten Willen nichts ein, was die allgemeine Verwirrung geklärt hätte, also hielt ich den Mund. Doch ich wich einen weiteren Schritt zurück, worauf mir die geheimnisvollen Fremden abermals auf Knien hinterherrutschten.
    »Betrachte uns nicht als unwürdig, Erhabener, denn wir sind nur deine demütigen Diener, die gekommen sind, einen neuen Bruder im Nichtleben zu empfangen …«
    »Augenblick!«, unterbrach ich ihn, denn auf einmal bekam ich große Angst.
    »Wir bieten dir unsere Kaninchen an.« Schwarz rutschte näher. »Aber du wirst sie natürlich kaum benötigen …«
    »Sagtest du Nichtleben?«, fragte ich, dann hielt ich inne und stellte gleich die nächste Frage. »Wie war das mit den Kaninchen?«
    Die fünf Gestalten wechselten verdutzte Blicke und musterten mich dann wieder verunsichert.
    »Ja«, erklärte Schwarz langsam. »Das Nichtleben. Es ist üblich, dass die Neugeborenen zunächst verwirrt sind, aber du musst verstehen, dass du nun ein

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