Sarum
jetzt nicht in der Stimmung, sich abweisen zu lassen. Langsam streckte er seine Hand wieder aus. Statt ruhig zu bleiben, geriet Akun nun in Panik.
Angeekelt stieß sie ihn weg und spuckte ihm ins Gesicht. Im selben Augenblick wußte sie, daß sie einen schrecklichen Fehler begangen hatte. Sie sah, wie gekränkt und wütend er war. In seinen Augen stand nackte Begierde. Bevor sie wußte, wie ihr geschah, hatte er sich unter ihren Arm geduckt, sie um die Taille gefaßt und zu Boden geworfen. Dann zerrte er ihr mit einer einzigen Bewegung das Lederhemd von der Schulter und riß es über der Brust entzwei, die immer noch wunderbar prall und schwer war. Von seinen Lippen kam ein lustvolles Brummen.
Sie schlug wild um sich und dachte nur noch an Flucht. Mit aller Kraft traf sie ihn mit der Faust an der Schläfe, was ihn, aber nur für einen Augenblick, benommen machte. Bevor sie aufspringen konnte, hatte er sein langes beinernes Jagdmesser gezogen und warf sich mit einem wütenden Schrei über sie. Diesmal spürte sie die sehnige Stärke seiner Arme, die sie in festen Griff nahmen. Er preßte sein hartes kleines Gesicht gegen ihres und hielt ihr das Messer an die Kehle. Akun war hilflos. Wenn es überhaupt eine Hoffnung für sie gab, mußte sich erst seine Spannung lösen. So gab sie scheinbar nach und ließ ihre Hände an seinem krummen Körper entlanggleiten, wie sie es bei Hwll getan hätte. Sie fühlte, wie sich sein Griff allmählich löste. Als er sein Gesicht hob, zwang sie sich zu einem Lächeln. Er ließ sich täuschen. Mit einem befriedigten Grinsen schob er ihre Beine auseinander und drängte sich in sie hinein. Da ließ er das Messer los.
Schnell packte sie es und zog es mit aller Kraft quer über sein Gesicht. Mit einem Schmerzensschrei fiel er zurück und fuhr sich mit der Hand ins Gesicht: Sie hatte ihm das rechte Auge aufgeschlitzt. Während er sich in furchtbaren Qualen auf dem Boden wälzte, lief sie davon, das Messer in der einen Hand, mit der anderen ihr Hemd zusammenraffend. Erst im Lager blieb sie stehen. Dort hielt sie bis zu Hwlls Rückkehr Wache mit Bogen und Pfeilen, falls Tep auf die Idee käme, ihr zu folgen.
Hwll kam am Spätnachmittag zurück. Zornbebend berichtete sie ihm den Vorfall.
»Du mußt ihn töten«, sagte sie, »sonst versucht er bestimmt, uns beide zu töten.«
Hwlls Gesicht verdunkelte sich vor Wut, und sein erster Impuls war, Akuns Vorschlag zu befolgen. Doch dann dachte er nach. Es war eine einfache, wenn auch nicht ausgesprochene Regel unter den Jägern dieser verlassenen Gegenden, daß Hader zwischen den Familien unter allen Umständen vermieden werden mußte: Es gab wenige Menschen, jedes Leben war kostbar. Jede Generation mußte sich neue Gefährten suchen. Wenn er Tep tötete, würden Teps Söhne, wenn sie erwachsen waren, Rache nehmen. In ein paar Jahren dann würden beide Familien ausgelöscht sein. Hwll schüttelte den Kopf – das war nicht der richtige Weg.
Es war der reine Selbsterhaltungstrieb, der in diesen einsamen Regionen den Frieden in vielen Jägergemeinschaften aufrechterhalten hatte. »Ich werde überlegen, was zu tun ist«, sagte er. Und die ganze Nacht saß er allein vor dem Zelt und dachte über das schwierige Problem nach. Frühmorgens nahm er Speer und Bogen und ging leise durch die Wälder zu Teps Lager. Er umkreiste es erst, bevor er sich näherte. Wie erwartet, lagen die Hütten verlassen da. Sorgfältig wählte er eine Stelle, wo er nicht von hinten überrascht werden konnte, setzte sich, seinen Speer neben sich, den Bogen auf seinen Beinen, und wartete.
Er hatte das Gefühl, daß Tep in der Nähe war und ihn wahrscheinlich beobachtete, aber es war nichts von ihm zu sehen. So verging der Morgen. Nachmittags erschien Tep. Er kam langsam hinter einer gegenüberliegenden Baumgruppe hervor, bewegte sich zögernd. Aus der Nähe sah Hwll dann den Grund für seinen unsicheren Gang: Sein rechtes Auge war nur noch eine weiche Masse und das Blut außen herum verkrustet. Er würde damit nie wieder sehen können.
Schweigend maßen die beiden Männer einander, abwägend, ob einer von beiden angreifen würde. Da sprach Hwll.
»Du mußt hier weg«, sagte er nur. »Geh zurück in dein früheres Lager.«
Es war die einzige Lösung, und beide wußten das. Tep überlegte. »Aber, mein Junge, dein Mädchen…« wandte er ein. »Nein.« Hwll schüttelte den Kopf. Er fühlte sich nicht mehr an das Versprechen gebunden, seine kleine Vata Teps Sohn zu geben, und
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