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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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langen Boote vorbeigeglitten waren, sprang er leichtfüßig zurück in den Wald.
    Der Führer der Neuankömmlinge war eine außergewöhnliche Erscheinung und an der Küste, von der er kam, schon zu Lebzeiten eine Legende. Man nannte ihn Krona, den Krieger.
    Er hatte als einfacher Bauer begonnen und sich nicht von den übrigen bescheidenen Kleinbauern der Region unterschieden. Er wäre das sicher auch geblieben – ein ausgeglichener Bursche mit einer gesunden jungen Familie –, hätte sich da nicht eine jener Tragödien abgespielt, die das Leben eines Mannes oder einer Gemeinde in einen völlig anderen Kurs zwingen können.
    In Kronas Fall war es die Invasion eines räuberischen Stammes, der in einem Frühsommer plötzlich und ohne Warnung in der Küstengegend aufgetaucht war. Es war eine verhältnismäßig unbedeutende Schar, ein namenloser, doch brutaler Stamm von großen dunkelhäutigen Männern, die in ungewöhnlich großen Zelten aus Häuten hausten und deren einziges Interesse Jagen, Stehlen und Zerstören war.
    Ihr Basislager befand sich etwa hundert Meilen nordöstlich, und in jedem Frühjahr streiften sie an der Küste entlang, brannten einsame Farmen und Siedlungen nieder, die gegen Überraschungsangriffe nicht gerüstet waren. Eines Tages, als Krona in einem entfernten Ort einen Besuch machte, waren sie über sein Gebiet hergefallen, und bei der Rückkehr fand er seinen Hof niedergebrannt, seine Frau und seine vier Kinder tot. Das Vieh war gestohlen. Da schwor er Rache.
    Als die Eindringlinge im nächsten Jahr wieder mit Kriegsgeschrei über die Felder stürmten, sahen sie sich einem organisierten Verbund von dreißig Mann von allen Höfen der Region gegenüber. Die Bauern hatten sich gut bewaffnet auf die Lauer gelegt. Nach hartem Kampf wurden die Eindringlinge vertrieben. Zu ihrer Verblüffung verfolgten Krona und seine Männer sie tagelang unbarmherzig, um sie auszutilgen. Für Krona gab es nur eines – Rache.
    Ebenso gingen sie im Jahr darauf vor, als die Eindringlinge in noch größerer Zahl kamen. In den folgenden Jahren war es das gleiche. Bald konnte Krona fünfzig bis sechzig Mann zusammenrufen, und da sie für Haus und Hof kämpften, zählten sie gegenüber den Angreifern doppelt. Diese bekamen es allmählich mit der Angst, und am meisten fürchteten sie den Kampf Mann gegen Mann, denn Kronas Leute führten kurze Äxte aus poliertem Stein mit sich und gingen gnadenlos vor. Krona selbst gebrauchte nur eine Waffe: Es war die gewaltige, vom Alter geschwärzte Eichenkeule. Das schwere Ende bildete ein dicker Knoten im Holz. In das dünnere Ende hatte er eine tückische Feuersteinspitze eingepaßt.
    Es war eine furchtbare Waffe, und Krona konnte mit einem Schlag einen Mann töten oder ihm mit einem Aufwärtsschwung den Leib aufschlitzen. Nach zwölfjähriger Kriegführung mieden die Eindringlinge klugerweise die Gegend und richteten ihre Aufmerksamkeit mehr nach Süden. Fürs erste kehrte wieder Frieden ein. Trotzdem fanden die Menschen nicht wirklich Ruhe.
    Die Angreifer konnten zurückkommen. Und auch mit dem Land gab es Schwierigkeiten, denn der Boden war arm und rasch ausgebeutet, und andere Bauern waren zugezogen und hatten sich unter Kronas Schutz begeben. Dadurch war dieses Stück Land zu dicht besiedelt. Schließlich wurden die jungen Bauern, die mit Krona gekämpft und an den Gefechten Geschmack gefunden hatten, unruhig. Etwas von Abenteuer lag in der Luft, und in den jungen Bauern erwachte der Wunsch, neues Land zu finden – doch wo?
    »Die Insel auf der anderen Seite des Meeres soll reich sein«, behauptete einer. »Niemand lebt dort außer ein paar Jägern. Wir könnten uns alles Land nehmen, das wir brauchen.«
    »Wenn dich die Jäger nicht zuerst töten«, lachte ein anderer. »Krona kann uns führen«, schlug ein dritter vor. Und so kam es. Krona war kampfesmüde geworden; er wurde alt, war fast vierzig. Er war bereit, das Land zu verlassen, wo seine erste Familie ermordet und von ihm gerächt worden war. Trotz seines Alters hatte er eine neue Frau genommen, ein quicklebendiges Mädchen, das ihm zwei Söhne geboren hatte. So willigte er bald ein, die Schar auf der Suche nach neuem Siedlungsland zur Insel zu führen.
    Nun war er, beim ersten Blick auf die Insel, zufrieden mit dem, was er sah. Der Hafen lag geschützt, und sie fuhren durch fruchtbares Land flußaufwärts. Trotzdem war dieses tiefliegende, offene Terrain nicht das, was der umsichtige Führer suchte.
    Am Nachmittag des

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