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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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nächsten Tages gelangten sie an die Stelle, wo sich die fünf Flüsse trafen. Sobald Krona die Mulde und die umgebenden Hügel sah, lächelte er. Er spornte die Ruderer an, und bald erreichten sie den Zugang zum nördlichen Tal und den Hügel, der es bewachte. Die natürliche Verteidigungsposition war klar zu erkennen.
    »Wir lassen uns hier nieder«, entschied Krona. Es blieb jedoch die Frage, was mit den Jägern zu tun sei, denen sie begegnen würden. Krona war nicht nur ein tapferer Krieger, sondern auch ein listiger und kluger Anführer, und seine Anordnungen waren wohlüberlegt. »Greift keinen Jäger an«, befahl er den Männern. »Sie kennen das Gebiet und können uns vernichten. Wenn wir hier in Frieden leben wollen, müssen wir sie auf unsere Seite bringen.«
    Diese Strategie mußte sich sogleich als richtig erweisen, denn als die sechs Boote am Ufer anlegten, sahen die Fremden, daß vom Waldrand her ein Dutzend Männer, Pfeil und Bogen im Anschlag, schweigend auf sie zukamen. Sie hatten am Abend vorher von der Ankunft der Boote erfahren. Nun blieben sie stehen und beobachteten die Ankömmlinge argwöhnisch.
    Als einziger stieg Krona langsam ans Ufer. Er legte seine Keule als Zeichen des Friedens feierlich auf den Boden und ging auf die Jäger zu. Die Unterhaltung, die in Zeichensprache geführt werden mußte, verlief etwa so:
    Krona: »Ich komme in Frieden.«
    Jäger: »Woher?«
    Krona: »Von jenseits des Meeres. Ich bringe euch
    Geschenke.«
    Auf Kronas Zeichen hin brachte Liam, seine junge Frau, eine wunderschöne irdene Schale und ein Überkleid aus gewebtem Tuch, das sie dicht mit Glasperlen und Edelsteinen bestickt hatte. Die Jäger prüften beides, zuerst argwöhnisch, dann mit großem Staunen. Die Ausführung der Schale war bemerkenswert. Sie war groß und rund. Die Oberfläche enthielt winzige Feuersteinkörner, und das Brennen hatte einen vollen dunkelbraunen Farbton ergeben. Die Jäger hatten etwas Ähnliches nie zuvor gesehen. Rasch ging die Schale von Hand zu Hand. Auch so etwas wie das Überkleid hatten sie nie besessen.
    Jäger: »Was wollt ihr hier?«
    Krona: »In diesem Tal leben.«
    Jäger: »Das sind unsere Jagdgründe. Ihr könnt hier nicht
    jagen, sonst haben wir nicht genug Wild.«

    Krona: »Wir wollen nicht jagen.«
    Die Jäger sahen einander an. Wie lebten die Fremden, wenn sie nicht jagten?
    Krona erklärte mit Zeichen: »Wir wollen nur das Tal, alle anderen Jagdgründe gehören euch. Wenn ihr uns das Tal gebt, geben wir euch viele Geschenke. Aber ihr müßt das Tal verlassen und dürft hier nicht mehr jagen. Das muß unser Abkommen sein. Wenn ihr das tut, werden wir in Frieden leben.«
    Zur Bekräftigung seiner Worte brachten die Frauen jetzt aus den Booten sechs weitere Schalen und drei Überkleider. Für die Jäger waren das wirkliche Reichtümer.
    Krona wartete schweigend, während sie untereinander berieten. Taku, der die Boote beobachtet hatte, war dafür, die Fremden zu töten. »Sie lügen«, sagte er, »sie werden überall in unserem Land jagen. Töten wir sie jetzt, und nehmen wir ihre Geschenke!« Einige Jäger waren damit einverstanden.
    »Was Taku sagt, mag wahr sein«, erwiderte ein untersetzter älterer Mann namens Magri. »Aber sie sind stark und gut bewaffnet. Laßt sie ins Tal kommen. Wenn sie ihr Wort halten, ist es gut. Falls sie gelogen haben, warten wir ab und greifen sie aus dem Hinterhalt an, wenn sie nicht darauf gefaßt sind.«
    Nach weiteren Debatten wurde diesem klugen Plan einstweilen zugestimmt.
    So erwarb Krona an jenem Tag innerhalb von Minuten das Tal und den kleinen Hügel von Sarum. Die Jäger zogen befriedigt mit den neuen Reichtümern in ihre Lager an den Flüssen.
    Am nächsten Morgen durchschritt Krona das kleine Tal und markierte mit seiner Keule die Abgrenzungen zwischen den einzelnen Wohnbereichen. Er teilte jedem Mann und seiner Familie eine Parzelle auf den gut bewässerten Abhängen am Fluß zu. Dort konnten die Familien und künftige Generationen roden, das Land bebauen und Viehzucht treiben. Als er den Fluß in Augenschein nahm, war er erfreut über den reichlichen Fischbestand. Er hatte beschlossen, seinen eigenen Hof am gegenüberliegenden Hügel zu errichten.
    Nun ereignete sich etwas sehr Bedeutsames. Mit einer Behendigkeit, die für einen Mann seines Umfangs erstaunlich war, führte der Medizinmann die ganze Siedlerschar auf den Hügel und wies sie an, eine Stelle auf dem Gipfel, etwa zehn Meter im Durchmesser, zu roden. Männer,

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