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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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zurückgelassen, die eindeutig bewiesen, daß er selbst damals geheime Verhandlungen wegen einer katholischen Armee vom Festland zur Unterwerfung der Insel geführt hatte. Das kam dem Parlament sehr gelegen. Die Briefe wurden unverzüglich veröffentlicht. Dadurch verlor Karl Stuart die ebenso wichtige Schlacht im Gewissen seiner Untertanen. Wenn noch jemand geschwankt hatte – nun konnte es in der Gesinnung eines protestantischen Engländers keinen Zweifel mehr geben: Der verräterische, papistische Karl Stuart und seine Herrschaft mußten vernichtet werden.
    In den nun folgenden Monaten hatten Truppen des Parlaments in einer großen Säuberungsaktion sämtliche royalistischen Bollwerke von Belagerungsparks und Geschützen geräumt. Im April dieses Jahres hielt Lord Pembroke die Tochter des Königs, Prinzessin Henrietta, in Wilton gefangen, während Fairfax die Eroberung des letzten königlichen Bollwerks in Oxford vorbereitete. Oxford wurde genommen, und der König floh.
    Überall gewann die siegreiche Partei an Einfluß. In Salisbury wurde ein guter Parlamentarier, Dove, anstelle von Robert Hyde als Mitglied berufen. Ludlow, der Kommandeur, vertrat jetzt als Mitglied die Grafschaft. Selbst Sir Henry Forest bekannte sich eindeutig zum Parlament. In Sarum war es ruhig geblieben. Cromwells Truppen hatten sich diszipliniert verhalten, und es hatte keine Plünderungen gegeben. Merkwürdigerweise war Edmund trotz des Siegs seiner Sache niedergedrückter Stimmung. Es war wohl so, daß der Krieg ihm nur Kummer gebracht hatte, und wenn er auch immer freundlich zu Margaret und dem Kind war, entdeckte sie, wenn sie ihn allein überraschte, einen gequälten Ausdruck in seinen Augen, als leide er große Qualen. Mitunter hatte er Alpträume. Einmal hörte sie ihn nachts im Schlaf aufschreien: »Nathaniel!«
    Aber sie konnte das Ausmaß dieser Seelenqual nicht ermessen; sie ahnte ja nichts von dem furchtbaren Geheimnis von Naseby. Ab und zu kam Obadiah aus London. Er wirkte viel unbeschwerter als früher. Die Presbyterianer wurden mit jedem Tag stärker; ihre streng puritanische Kirche mit ihren Ratgebern und Ältesten war nun landesweit eine große Macht. Obadiah hatte sich inzwischen einen Namen gemacht und Respekt verschafft. Welche Fehler er auch haben mochte – Edmund wies seine Schwester immer wieder darauf hin, daß Obadiah ein guter Gelehrter war.
    Es gab vieles zu besprechen. Was würde nun, da der König praktisch geschlagen war, folgen? Würde das Parlament ohne ihn regieren, oder würde der König unter strengen Bedingungen zurückgerufen? Welche Art von Regierung würde England, im einen oder anderen Fall, bekommen?
    Für Obadiah gab es keinen Zweifel. »Das Parlament wird regieren, mit oder ohne König. Und England wird presbyterianisch.« Obadiah hatte fast den ganzen Krieg in London als Prediger und Privatlehrer von Kindern prominenter Parlamentarier verbracht. Edmund wußte genau, daß seine unnachgiebige Einstellung die Ansichten vieler jetzt einflußreicher Parlamentsmitglieder widerspiegelte. »Aber nicht alle, die gegen die Tyrannei des Königs sind, sind Presbyterianer«, gab er zu bedenken. Es gab ja auch Anglikaner, Baptisten, viele Sektierer. »Sie müssen, genau wie die Katholiken, ausgemerzt werden«, entgegnete Obadiah. »Es soll künftig nur noch eine Religion in England und Schottland geben.«
    »Und die Armee?« Edmund dachte an die Männer, mit denen er gekämpft hatte – keine Presbyterianer, sondern Verfechter religiöser Freiheit. »Wofür haben wir also gekämpft?« Diese Frage hatte er sich selbst in letzter Zeit schon häufig gestellt.
    »Für die Herrschaft eines presbyterianischen Parlaments, für die Abschaffung aller Bischöfe, die Zerstörung der anglikanischen Kirche, die Ausrottung der Papisten.«
    »Das nennst du Freiheit?«
    »Ja.«
    »Und wer soll dieses presbyterianische Parlament wählen?« »Diejenigen, die es jetzt wählen.«
    »Diejenigen, die gekämpft haben, wollen mehr als das«, wandte Edmund ein. »Sie sagen, daß jeder Mann, der einem Haus vorsteht, wählen sollte. Manche meinen sogar, daß alle Männer wählen sollten.« Obadiahs Stirn umwölkte sich. Er wußte alles über diese Radikalen – sie nannten sich Levellers, Gleichmacher. Niemand schenkte ihnen Beachtung. Wenn die Armee solche Ideen ausbrütete, sollte sie lieber früher als später ausgemerzt werden.
    »Und du, Edmund, du nimmst diese Levellers in Schutz?« Edmund überlegte. »Es ist sicher nicht

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