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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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hinweggebraust. Lebensmittel, Kleidung, Decken, Silber – alles hatten sie mitgenommen; Godfrey und seine Frau wurden solange mit sanfter Gewalt in Schach gehalten. Samuel folgte Margaret, als Godfrey sie bedrückt von Raum zu Raum führte. Als Margaret das Ausmaß des Schadens überblickte, bebte sie vor Zorn.
    Schließlich stand sie in der Halle und schlug mit der Hand auf den Eichentisch. »Nie wieder!« rief sie. Mit strengem Blick auf Godfrey befahl sie: »Bringe morgen ganz früh die Knechte zur Eingangstür. Sie sollen alle verfügbaren Waffen mitbringen. Wir werden den Krieg bekämpfen; ich führe sie an.«
    Um des Familienfriedens willen war sie bis heute neutral gewesen, hatte sich nicht einmal überlegt, welche Sache die gerechtere war. Jetzt war ihr das gleichgültig. Sie hatten das Kind fast umgebracht. Sie hatten den Hof überfallen.
    »Jetzt kämpfe ich«, verkündigte sie, »gegen alle Soldaten.« Am Ende des nächsten Tages hatte sie zu ihrer kleinen Schar weitere Männer von zwei benachbarten Höfen geholt. Nun waren sie zehn. Drei kamen vom Forest-Gutshof. Forest selbst war im Westen, aber niemand wußte, ob auf der royalistischen oder der parlamentarischen Seite. Doch seine verlassenen Knechte waren froh, daß jemand ihnen Anweisungen gab. Am folgenden Morgen erschienen fünfzehn Mann.
    Ihre Waffen waren nicht sonderlich abschreckend, doch bald hatte Margaret jeden entweder mit einer Muskete, einem Schwert oder einer Hacke ausgerüstet. Sie selbst machte mit dem Brustpanzer ihres Vaters, mit seinem langen Schwert, ihr Haar unter einem großen stählernen Helm verborgen, den gefährlichsten Eindruck von allen. Sie drillte ihren kleinen Trupp, ließ die Leute antreten, angreifen und die Hacken gegeneinanderschlagen. Dann sagte sie: »Es ist mir gleichgültig, welcher Armee sie angehören, aber nie mehr soll ein Soldat unsere Höfe betreten.«
    Samuel durfte dabeisein. Wie wundervoll seine große Schwester aussah! Und wie tüchtig die Gruppe war, stellte sich zwei Tage später heraus, als ein Dutzend Soldaten reichlich angetrunken ans Tor kam und den Weg verstellt fand. Als die Männer mit Gewalt eindringen wollten, zogen die Knechte plötzlich ihre Waffen und griffen an. Die überraschten Soldaten befanden sich plötzlich im Nahkampf – auf der Verliererseite. Der Anführer der Knechte war ein gutaussehender junger Bursche mit einem altmodischen Helm. Mit seinen Schwerthieben schlug er zwei Soldaten in die Flucht.
    Erst als durch einen Zufall Margarets Helm getroffen wurde und ihr goldenes Haar herabwogte, stellte ein Soldat verblüfft fest: »Verdammt, das ist ja eine Frau!«
    »Auf welcher Seite stehst du, Amazone?« rief ein anderer lachend. »Wir haben etwas gegen plündernde Soldaten«, antwortete sie. Da die überrumpelten Soldaten keine Lust hatten, gegen eine Frau zu kämpfen, zogen sie wieder ab.
    Die Nachricht von Margaret Shockleys Gefecht hatte rasch das ganze Tal erreicht. Am folgenden Tag war es das Gespräch in der Region der fünf Flüsse, und bald hörte Margaret, daß andere ihrem Beispiel folgten. »Die Leute von Sarum lassen sich nicht gern stören«, äußerte sie sich Godfrey gegenüber. »Die Abwehrtruppen werden jetzt wie die Pilze aus dem Boden schießen.«
    So geschah es auch. Einige Monate später formierte sich unter Führung eines Herrn aus Wessex, Sir Anthony Ashley Cooper, ein mehrere hundert Mann starkes Bündnis nur in Sarum. Die Clubmen of Wiltshire, wie sie sich nannten, waren etwa ein Jahr lang in Aktion.
    1645: Juni
Der Kampf war allem Anschein nach gut geplant. Es wurde auf die herkömmliche Art eingeleitet: das Fußvolk in der Mitte, die Kavallerie an den Flügeln. In der Mitte standen die Regimenter von Waller, Pickering, Pride und anderen bekannten Kommandeuren, ein Stück weiter Iretons Flügel und dahinter ein Trupp Dragoner; gegenüber die mächtigste Streitkraft, die massierten Regimenter der eisernen Kavallerie, sieben Einheiten unter Generalleutnant Cromwell. Und schließlich in der vorderen Mitte die tapfere Vorhut, scherzhaft als die »Verlorene Hoffnung« bezeichnet. Dies war die neue Modellarmee unter der Führung von Fairfax.
    Dazwischen lag der von Hecken und Gräbern umgebene Broadmoor-Hof. Hinter der Truppe der Roundheads befanden sich zwei weitere Höfe, und ein Stück nach Südwesten lag das Städtchen Naseby. Es war ein warmer Sommermorgen. Monatelang hatte der König die Roundheads an der Nase herumgeführt, war vom royalistischen Oxford

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