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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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daß er endlich eine Braut gefunden hatte, die sie freundlich stimmen würde.
    Dlucs Blick kehrte in die Gegenwart zurück.
    Nun sah er jenes Mädchen da auf dem Boden kauern, während der Herrscher ihn wild anstarrte und Ina traurig den Kopf schüttelte. »Gut«, sagte er schließlich, »es soll nach deinem Wunsch geschehen.« Er glaubte zwar nicht, daß es irgend etwas nützen würde, das Mädchen zu opfern, aber man mußte jedes Mittel versuchen. Also schritt er bei Morgengrauen des nächsten Tages schweren Herzens zur Tat, und noch am selben Abend teilte Krona ihm mit, daß er sich wieder wohl fühle.
    »Schicke mir mehr Mädchen«, drängte er.
    Das tat Dluc diesmal nicht. »Ich glaube nicht, daß unsere Opfer genügen«, sagte er. »Wir müssen mehr tun.«
    »Aber was?«
    Dluc schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Wir werden die Wahrsager befragen.«
    Einige Tage lang streiften die Priester durch die Wälder, fingen Vögel mit Netzen, sperrten sie in Käfige und fütterten sie mit einer Mischung aus Körnern und allerlei anderem: Kräutern und Gräsern, Goldstaub, winzigen Kügelchen aus Stein und gefärbter Erde. All dies würde für die Beschau einen winzigen Rest in ihrem Gedärm hinterlassen. Eines frühen Morgens, als über hundert Vögel gefangen, gefüttert und in Käfigen in den Henge gebracht worden waren, begann Dluc, unter Mithilfe mehrerer Priester, mit der schwierigen Aufgabe der Zeichendeutung.
    Behutsam schlitzte er mit einem kleinen Bronzemesser die Brust eines Vogels auf und zog mit spitzen Stäbchen die Eingeweide zur Beschau heraus, wobei er hier und dort Einschnitte machte, um nach Zeichen zu suchen, die den Willen der Götter anzeigten.
    Jedesmal, bevor er einen Vogel öffnete, stellte Dluc eine einfache Frage: »Sage uns, großer Sonnengott: Ist Krona ein Erbe verheißen?«
    Bei zehn Vögeln wurden Geschlecht und Beschaffenheit der Innereien festgestellt; bald darauf erhielt Dluc eine positive Antwort und seufzte erleichtert auf.
    Auf die folgenden Fragen jedoch waren die Antworten nicht so eindeutig: Was mußte getan werden, um die Götter zu versöhnen? Nicht weniger als drei verschiedene Arten von Eingeweiden wurden gefunden, und das legte drei verschiedene Bedingungen nahe, von denen jede sprachloses Erstaunen hervorrief, als man ihren Sinn erfaßte. Dreiunddreißig Vögel wurden beschaut, ehe Dluc fragte: »Sind wir uns nun alle einig?« Worauf seine Priester nickten. Die letzte Frage allerdings – »Wie können wir die für Krona auserwählte Braut erkennen?« – ergab die merkwürdigste und rätselhafteste aller Antworten: In jedem Vogel – und man öffnete zwanzig – wurden kleine Goldstaubflecken oben auf den Eingeweiden gefunden; ein höchst seltenes Phänomen, was sich jedesmal wiederholte.
    Als die Priester sich schließlich über die Botschaft einig waren, die die Gedärme übermittelten, waren sie kaum weniger verwirrt als zu Beginn der Befragung. Dluc überbrachte Krona die Neuigkeiten am selben Abend. »Du wirst einen Erben haben«, versicherte ihm der Priester. »Aber zuvor verlangen die Götter einen neuen Henge aus Steinen.« Dies war die Bedeutung der Steinkügelchen, die in vielen Vögeln gefunden worden waren. »Er muß größer sein als alle Tempel, die je zuvor errichtet wurden.« Krona nickte. »Wenn dies der Wille der Götter ist, soll das Werk entstehen.«
    »Die Götter verlangen, daß du dein erstgeborenes Kind als Opfer darbringen sollst. Danach wirst du einen Sohn haben, der dein Nachfolger sein wird.«
    Dies war eine schreckliche Botschaft. Krona protestierte schwach: »Ich werde alt. Wird die Zeit reichen?«
    »Die Götter werden dir Zeit geben«, versicherte ihm Dluc. »Dein Sohn wird ein großer Herrscher sein.« Krona seufzte. »Und wer wird die Braut sein?« Dluc runzelte die Stirn. Dieser Teil der Botschaft war für den Priester das größte Rätsel: »Ihr Kopf wird mit Gold gekrönt sein«, antwortete er. Krona starrte ihn an. »Was soll das heißen?«
    »Ich weiß es nicht«, gestand der Hohepriester. »Vielleicht, daß sie die Tochter eines großen Herrschers ist.«
    »Findet sie rasch«, schnaubte Krona.
    Noch eine weitere Bedingung hatten die Götter durch die Zeichendeuter gestellt. Diese rief bei den Priestern große Bestürzung hervor: Der Henge mußte genau zu dem Zeitpunkt, an dem die Sonne in der Verlängerung der geheiligten Straße ins volle Gesicht des Mondes blickt, vollendet sein.
    Für die Priester-Sterndeuter, die die

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