Sarum
sein Lager. »Keine Heiltränke«, sagte er müde.
Nun rückte Ina näher. Seine langjährige Gefährtin hatte jede neue Frau genau beobachtet und sie angeleitet, auf welche Weise das Wohlgefallen des Herrn zu erringen war. Jetzt beugte sie sich liebevoll über seinen Schoß, und die grauen Haare fielen ihr ins Gesicht. Sie schob sein Gewand beiseite, nahm sein Glied in den Mund und liebkoste es mit den Lippen.
Dluc sah zu und bewunderte zum wiederholten Mal die Liebe dieser Frau zu dem großen Herrscher.
Ihr Kopf glitt hin und her, sie blickte hoffnungsvoll lächelnd zu ihm hoch und nahm dann ihr sanft überredendes Tun wieder auf, bis sie schließlich liebevoll über sein Bein strich und sich zu seinen Füßen setzte. Sie blickte Dluc traurig an und schüttelte den Kopf.
»Keine Heiltränke«, wiederholte der Herrscher. »Gib das Mädchen den Göttern, oder das Haus Kronas wird keinen Erben haben.« Dluc seufzte. Dies war das Problem, das Sarum mit dem Untergang bedrohte.
Dlucs Gedanken gingen in die Vergangenheit. Die Nachricht von der Ankunft des Handelsschiffes aus einem fernen Land führte eine Gruppe von Menschen den Fluß abwärts zum Hafen. Dluc freute sich auf diese Fahrt, denn ihm gefiel der Hafen im Schutz des niedrigen Hügels mit seinen Reihern und Pelikanen; außerdem fragte er gern die Seeleute über die Wunder aus, die ihnen unterwegs begegnet waren.
Die Reise begann gut. Sie fuhren in zehn großen, mit bunt bemalten Häuten bespannten Kanus. Krona, imponierend in seinem Purpurgewand, saß mit seinen beiden Söhnen im ersten Boot. Der Fluß war in der Hochsommerhitze auf seinem niedrigsten Stand. Die Luft war schwer vom Geruch nach Gras, Flußtang und Schlamm. Am Nachmittag fuhren sie in das ruhige Hafengewässer ein, und da lag schon das Handelsschiff auf der Südseite des Hafens, wo stets die Geschäfte erledigt wurden.
Es war ein ungewöhnliches Schiff. Die Händler, die die Küste entlang oder vom Festland her übers Meer kamen, benutzten die sogenannten Curraghs – Boote aus Tierhäuten, die über hölzerne Rahmen gespannt waren. Sie ähnelten den Flußkanus, waren jedoch breiter und hatten mehr Tiefgang.
Dieses Schiff aber war zweimal so groß wie alle Curraghs, die Dluc je gesehen hatte, und der gesamte Rumpf bestand aus Holz, wobei die Planken sauber aneinandergefügt und mit Pech abgedichtet waren. Der schwere Mast war auf den Bodenplanken festgemacht, und auf dem Großbaum war ein großes quadratisches Ledersegel aufgerollt. Im Heck des erstaunlichen Wasserfahrzeugs befand sich ein überdimensionales Ruder, das das Boot sowohl steuerte als auch so gründlich stabilisierte, daß, obwohl die Mannschaft mit Rudern ausgerüstet war, der erste Steuermann das Schiff allein mit Segel und diesem Steuerruder auf geradem Kurs halten konnte, auch wenn der Wind nicht unmittelbar von hinten kam.
Die Seeleute waren kleine, gedrungene, rundköpfige Männer mit breiten Backenknochen, olivfarbener Haut und dunklen Krausbärten, die im Sonnenlicht ölig glänzten. Sie sprachen eine fremde Sprache, aber sie hatten einen Händler vom Festland dabei, der übersetzen konnte. Ihre Fracht war beeindruckend: riesige Fässer mit Wein, den die Inselbewohner noch nicht gekostet hatten; Leinentuch, bestickt mit hübschen Glasperlen und Steinen; Bernstein, den die Einheimischen bearbeiten konnten; übergroße Perlen und herrlicher Schmuck. »Und was wollt ihr dafür?« fragte Krona.
»Wir wollen Pelze«, sagten sie, »und Jagdhunde. Wir sahen auf dem Festland Hunde von eurer Insel – es sind die besten der Welt.« Der Herrscher und seine Söhne waren von dem Angebot der Händler begeistert. Krona wählte für jeden Sohn einen kleinen goldverzierten Bronzedolch aus.
Die Händler verlangten für jeden Dolch sechs Jagdhundpaare. Als Dluc gegen den hohen Preis Einwände hatte, warf Krona den Kopf zurück und lachte nur.
Dluc erinnerte sich noch lebhaft an jenen sonnigen Tag: der stattliche Krona, wie er hocherhobenen Hauptes, mit leuchtenden Augen, zwischen den Händlern dahinschritt, und seine beiden Söhne – der ältere sechzehn, der jüngere vierzehn –, Söhne auch der treuen Ina, die neben ihm ging.
Beide Kinder waren groß und wohlgestaltet wie ihre Eltern, mit edlen Gesichtszügen und blitzenden schwarzen Augen. Bei dem jüngeren begann eben der Bart zu sprießen. Kronas Söhne waren ausgezeichnete Jäger. Dluc sah sie ganz deutlich vor sich in ihren kurzen grünen Umhängen, wie sie die prächtigen
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